- Pfalz-Express - https://www.pfalz-express.de -

Innenminister Lewentz bei Polizeiinspektion Germersheim: Personalmangel, Bodycams und Taser waren Themen

Innenminister Roger Lewentz (vorn) hat sich vor Ort ein Bild gemacht. Links dahinter Wolfgang Zöller (Leiter der PI Germersheim), daneben Polizeipräsident Thomas Ebling (Leiter Polizeipräsidium Rheinpfalz) und Zöllers Stellvertreter Uwe Becker mit Teilen der PI-Beamten. 
Fotos (Fotostrecke am Textende) und Video: Pfalz-Express/Licht

Germersheim – Beamte der Polizeiinspektion Germersheim hatten am Donnerstag Gelegenheit, mit ihrem obersten Dienstherrn in Rheinland-Pfalz, Innenminister Roger Lewentz (SPD), persönlich zu sprechen und ihre Anliegen an der „richtigen Stelle“ loszuwerden.

Zuvor hatte der Leiter der Polizeiinspektion, Erster Polizeihauptkommissar Wolfgang Zöller, den Minister durch die Dienststelle geführt, auf die Kunstwerke hingewiesen, die von Schülern der Germersheimer Schulen anfertigt worden waren, und die Räumlichkeiten vorgeführt.

Im Versammlungsraum präsentierte Zöller dann kurz auf der Leinwand die Bereiche, Arbeitsgruppen und Aktivitäten der Germersheimer Polizei.

Polizei soll landesweit mit Tasern ausgestattet werden

Überstunden, Doppelschichten, zu viel Papierkram, keine Zeit für die eigentliche Polizeiarbeit, ungenügende Ausstattung – das sind die Probleme, mit denen sich Polizeibeamte herumschlagen müssen.

Lewentz kündigte mehr Verbesserungen an: So sollen in den nächsten zwei Jahren alle Polizeiinspektionen im Land mit Tasern (Elektroschockern) ausgestattet werden. Dafür würden in den kommenden Haushalt, der Anfang 2019 präsentiert werden soll, ausreichend Mittel eingestellt, sagte Lewentz.

Lewentz verwies auf Erfahrungen in Trier. Taser hätten sogar ohne zum Einsatz zu kommen eine abschreckende Wirkung. Bei 30 Situationen, in denen Taser notwendig waren, hätte in 20 Situationen das Zeigen des Geräts bereits ausgereicht. „Zwischen Pfefferspray, Schlagstock und Waffe ziehen ist der Taser eine gute Alternative“, meinte Lewentz.

Zu wenig Personal

Von Zöller, seinem Stellvertreter Erster Polizeihauptkommissar Uwe Becker und den Beamten angesprochene Themen waren in erster Linie der Personalmangel und die damit einhergehenden Probleme. Auch darauf hatte Lewentz eine Antwort: In den kommenden Jahren sollen im Land rund 580 Polizeianwärter ausgebildet und eingestellt werden. Die Polizeihochschulen hätten allerdings nur begrenzte Aufnahmekapazität.

Allerdings gebe es immer wieder Abbrecher, wodurch die Ziel-Zahlen reduziert würden. Das sei aber schon immer so gewesen, sagte Lewentz, der nach wie vor das Bachelor-Studium als die beste Ausbildungsmöglichkeit für Polizisten erachtet.

Bislang keine Bodycams zur Dokumentation

Beamte der Polizeiinspektion Germersheim werden zu einer Auseinandersetzung gerufen. Mitglieder einer albanischen und einer bulgarischen Großfamilie sind sich in die Haare geraten, die Situation ist bedrohlich. Letztendlich waren es sieben Polizisten, die mit einer aufgebrachten Menge – und mit körperlichen Angriffen fertig –  werden mussten. Das schilderte ein Beamter, der dabei war. Er wurde am Arm verletzt, bis heute hat er Beschwerden. „Null Respekt“ hätten diese Personen vor der Polizei gehabt.

Einige konnten in Gewahrsam genommen werden, etliche aber flüchteten. Da wären Bodycams (Körperkameras) zu Dokumentationszwecken nützlich gewesen, darin waren sich alle Beamten im Raum einig. Auch Taser hätte man gerade in dieser Situation gut gebrauchen können. 

Germersheim mit seinen rund 21.000 Einwohnern ist aber zu klein, um die Beamten mit den Kameras auszustatten. Die bekommen bisher nur die rheinland-pfälzischen Ober- und Mittelzentren. Germersheim gehört nicht dazu. Dabei habe man hier „schon eine Qualität“, sagte PI-Leiter Zöller. Mit etwa 50 Prozent Migrationshintergrund in der Bevölkerung Germersheims „rappelt es dann schon mal zwischen den verschiedenen Communities“.

Zur besseren Kommunikation beschäftigt die Polizeiinspektion deshalb auch mehr Beamte mit „Migrationshintergrund“. „Wir sind und wollen hier ein Abbild der Gesellschaft sein“, so Zöller, denn Germersheim habe sich im Grunde zu einer schönen, weltoffenen Stadt entwickelt, in der die unterschiedlichen Ethnien gut zusammen lebten. „Die, die Ärger machen, sind immer dieselben. Und die werfen ein schlechtes Licht auf alle anderen.“

Lewentz hört zu, nickt. Sein Referent macht sich Notizen, um die Informationen und Anregungen mit nach Mainz zu nehmen.

Mehrarbeit wegen Kandel-Demos

In Kandel wird  seit dem gewaltsamen Tod der 15-jährigen Mia [1] regelmäßig demonstriert. Mal sind die Demos und Gegendemos [2] größer, mal kleiner – aber Polizeikräfte werden so oder so gebunden, viele machen Überstunden. Lewentz schätzt, dass sich die Lage diesbezüglich in Kandel und in anderen Städten – beispielsweise in Mainz – nicht so schnell ändern wird.

Eine kurze Diskussion entwickelte sich zum Begriff  „Antifa“. Die mache leider den meisten Ärger, meinte ein Beamter. Es sei zudem nicht hilfreich, wenn sich Politiker hinstellten und die „Antifa“ öffentlich begrüßten.

Das wiederum sei eine „Frage der Begrifflichkeit“, entgegneten Lewentz und auch Polizeipräsident Thomas Ebling (Leiter Polizeipräsidium Rheinpfalz), der später zur Gesprächsrunde gestoßen war. Wenn ein Politiker wie der SPD-Landtagsabgeordnete und Fraktionschef Alexander Schweitzer sage, „Ich bin Antifaschist und Demokrat“ (bei der Kundgebung von „WIR sind Kandel am 6. Oktober, Anm. d. Red.), sei das wohl so zu verstehen, dass er gegen Faschismus sei. „Das ist ja etwas Gutes“, sagte Lewentz.

„Besser man nennt die Betreffenden den „Schwarzen Block“. Dann weiß jeder, wer damit gemeint ist, schlugen Ebling und Zöller vor.

Nach einer Stunde war der Ministerbesuch vorüber, Lewentz fuhr zum nächsten Termin in die Südwestpfalz. Die Germersheimer Polizisten hoffen nun, dass ihre Anmerkungen auf fruchtbaren Boden gefallen sind und nachhaltig in Mainz ankommen. (cli)  

 

 

Print Friendly, PDF & Email [3]