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Hitze-Demos in Kandel verlaufen ruhig – „Eis essen gegen Rechts“ erfrischt bei ernsten Themen

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Fotos und Videos: Pfalz-Express/Licht
Videos und Fotostrecke am Textende

Kandel – An den Kundgebungen am Samstagnachmittag nahmen – bei 36 Grad im Schatten – nach Polizeiangaben insgesamt rund 400 Personen teil.

Abgehalten hat die Hitze die Akteure nicht. Seitens der Kandeler Bündnisse hatten „Wir sind Kandel“ und „Kandel gegen“ Rechts teilgenommen. Beide Bündnisse stellen sich gegen die monatlich stattfindenden Demonstrationen der Migrationsgegner des „Frauenbündnisses Kandel“.

„WIR sind Kandel“ (WsK) hielt seine Versammlung an der St. Georgskirche unter dem Motto „Der Freundschaftsengel auf dem Marktplatz – Symbol für Frieden gestalten in Europa“ ab.

Der Freundschaftengel ist eine Skulptur, die 2016 anlässlich des Doppeljubiläums mit den Kandeler Partnerstädten Rcichshoffen (Frankreich) und Whitworth (Großbritannen) [2] aufgestellt wurde.

Redner waren der Grünen-Bundestagsabgeordnete Dr. Tobias Lindner, Kerstin Jordan vom SPD-Gemeindeverband und zweite Beigeordnete der Verbandsgemeinde Kandel, und das „Kandeler Urgestein“ Klaus Zahneißen (Bündnis WIR sind Kandel). Livemusik gab es von Martina Gemmar. Dabei waren auch der Landtagsabgeordnete und SPD-Fraktionschef im Landtag, Alexander Schweitzer, und Theresia Riedmaier, ehemalige SÜW-Landrätin.

Die Versammlung des „Frauenbündnisses Kandel“ zum Thema „Migration und Sicherheit“ begann auf dem Marktplatz. Nach einer Luftballon-Aktion ging es zu Fuß durch verschiedene Straßen in Kandeler Wohngebieten. Zwischendurch gab es Redebeiträge.

„Kandel gegen Rechts“ startete am Parkplatz des ehemaligen Finanzamts Marktstraße und folgte dann den Teilnehmern des „Frauenbündnisses Kandel“ mit „Alerta-Rufen“ und Megaphon. Das Motto lautete „Die Partei Volksbingo“.

„Nazis“

Zu erzählen gibt es im Grunde nicht viel Neues – die Themen bleiben naturgemäß gleich, beide Parteien stehen sich in ihrer Meinung mehr als konträr gegenüber. Das „Frauenbündnis Kandel“ um Gründer Marco Kurz startete als erstes.

Neben dem Hauptthema „Migranten-Verbrechen“ erweiterte Kurz in seiner Rede dieses Mal das Spektrum um allgemeine Kritik an der Bundesregierung und ließ fast nichts aus: Tierschutz, Energiepolitik, Senioren, Kapital, die Kirche, die SPD und Linken oder Ämterhäufung wurden als Missstände im Land genannt.

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Die Mitglieder von WsK bezeichnete Kurz als „Nazis“, was seine Anhänger auf dem Markplatz dankbar aufnahmen und in Richtung der WsK-Versammlung (100 Meter daneben) skandierten.

Hunderte schwarze Luftballons stiegen danach in den Himmel als „Zeichen der Trauer“.  (Video).

„Menschenverachtende Parolen und Hetze“

Am Friedensengel bei „Wir sind Kandel“ wiederum war gab es harsche Kritik an Kurz und seinen Unterstützern. „Rechte Hetze hat in Kandel keinen Platz“, hieß es. Die Vereinnahmung der Stadt und des Namens, die Verbreitung von Fake-News in den „unsozialen Hetzwerken“ und dumpfen Parolen, Drohungen und menschenverachtende Haltungen – gegen all das stemme man sich bei WsK.

Erinnert wurde auch an die Anfänge des „Dritten Reichs“: „So etwas gab es vor 80 Jahren schon einmal.“ (Video)

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Dass die Möglichkeiten, Protest auszudrücken, bei WsK vielfältig sind, erklärte noch einmal Ursula Schmidt-Wagner. Wer sich scheut, an Demonstrationen teilzunehmen, nicht auf die Straße gehen will, kann im Kreativ-Team seine Ideen einbringen. Tatsächlich zieren in Kandel zahlreiche Bäume Strick-Stücke, die „Maschen gegen Rechts“. Am Samstag gab es wegen der brütenden Hitze sogar (augenzwinkernd) „Eis essen gegen Rechts“.

„Kandel gegen Rechts“ hat währenddessen wiederholt „Volksbingo“ gespielt. Immer wenn ein Redner des „Frauenbündnisses Kandel“ ein Reizwort in den Mund nimmt – beispielsweise „Asyl“, Flüchtling“, „Merkel“ oder „Sozialsystem“ – wird Bingo gerufen. Fast immer in Hörweite der Gegenseite.

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Sechs geringfügige Straftaten

Alles in allem verlief der Tag ohne größere Störungen. Die Polizei hatte starke Präsenz gezeigt. Sie spricht von sechs bekannten Straftaten. Unter anderem kam es zu zwei Anzeigen wegen Beleidigung und zu einer Anzeige wegen eines abgeklebten Kennzeichens an einem Auto.

Bei der Personenkontrolle eines 27-Jährigen wurde außerdem ein Schal gefunden, der wegen des Vermummungsverbots zu einem Platzverweis führte. (cli)

Anmerkung: Fotos und Videos sind chronologisch angeordnet. 

 

 

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