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Fall Mia: Urteil gegen Abdul D.: Staatsanwaltschaft nimmt Revision zurück

Am 27. Dezember jährt sich Mias Todestag zum ersten Mal.
Foto: Pfalz-Express

Kandel/Landau – Im Fall der ermordeten Mia (15) aus Kandel hat die Staatsanwaltschaft Landau ihre gegen das Urteil der Großen Jugendkammer des Landgerichts Landau eingelegte Revision zurückgenommen. Das teilte das Gericht am Donnerstag mit.

Der Täter, der afghanische Flüchtling Abdul D., war am 3. September 2018 zu achteinhalb Jahren Haft [1] verurteilt worden.

Nach „eingehender Prüfung der schriftlichen Urteilsgründe“ kam die Staatsanwaltschaft demnach zu dem Ergebnis, dass das Urteil keine Rechtsfehler aufweist, die erfolgversprechend mit einer Revision geltend gemacht werden können.

Das Urteil vom 3. September ist somit rechtskräftig.

Hintergrund: Bei einer Revision kann das angefochtene Urteil lediglich auf Rechtsfehler überprüft werden. Die Revision ist also keine weitere Tatsacheninstanz; eine eigene Beweisaufnahme zur Schuld- und Straffrage findet bei dem Revisionsgericht nicht statt.

Gericht erklärt nochmals das Urteil

Nachdem im Anschluss an die Urteilsverkündung immer wieder Fragen insbesondere hinsichtlich der Höhe der verhängten Strafe aufgeworfen und diskutiert worden sind, teilweise sogar durch eine Vielzahl direkter Zuschriften an das Gericht, erläuterte das Gericht nochmals („unter Beachtung der aufgrund der Nichtöffentlichkeit der Verhandlung gebotenen Zurückhaltung“) das Urteil.

Die Jugendkammer stellte fest, dass der aus Afghanistan stammende Angeklagte am Nachmittag des 27. Dezember 2017 in Kandel seine 15-jährige Ex-Freundin mit acht Messerstichen erstochen hat. Sie wertete diese Tat als Mord. Verwirklichtes Mordmerkmal sei „Heimtücke“ gewesen. Gegenstand des Anklagevorwurfs war zudem eine Körperverletzung zum Nachteil eines Jugendlichen, begangen am 27. November 2017, das die Kammer ebenfalls für erwiesen hielt.

Einen die Steuerungsfähigkeit erheblich beeinträchtigenden oder gar aufhebenden Affekt hat die Kammer sicher ausgeschlossen.

Es war der Kammer bei der Beweisaufnahme (insbesondere aufgrund eines rechtsmedizinischen Gutachtens zur Altersbestimmung) jedoch nicht möglich, mit der erforderlichen Sicherheit auszuschließen, dass der Angeklagte das 18. Lebensjahr noch nicht vollendet hatte. Demnach war er unter Anwendung des Zweifelsgrundsatzes („in dubio pro reo“) als Jugendlicher anzusehen.

Jugendlicher im Sinne des Jugendgerichtsgesetzes ist, wer zum Tatzeitpunkt das 14. Lebensjahr, aber noch nicht das 18. Lebensjahr vollendet hatte (§ 1 JGG). Im Hinblick auf einen Jugendlichen ist zwingend Jugendstrafrecht zur Anwendung zu bringen. Die Hauptverhandlung ist nicht öffentlich (§ 48 JGG).

Heranwachsender hingegen ist, wer zum Tatzeitpunkt bereits 18 Jahre, aber noch nicht 21 Jahre alt war. Auf einen Heranwachsenden ist Jugendstrafrecht zur Anwendung zu bringen, wenn dieser zum Tatzeitpunkt bei Betrachtung seiner Entwicklung noch einem Jugendlichen gleichstand (§ 105 JGG). Ist dies nicht der Fall, wird die Tat nach Erwachsenenstrafrecht geahndet. (red)

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