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Ellwangen: Polizei stürmt Asylbewerberunterkunft – gesuchten Togolesen erwischt

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Symbolbild Pfalz-Express

Ellwangen – Nach der gescheiterten Abschiebung eines 23-jährigen Asylbewerbers aus dem westafrikanischen Togo hat die Polizei am Donnerstag in den frühen Morgenstunden in der betroffenen  Landeserstaufnahmeeinrichtung (LEA) mehrere Afrikaner in Gewahrsam genommen.

„Grund der Maßnahme ist die sichere Annahme, dass sich Straftäter innerhalb der LEA aufhalten, die an den begangenen Straftaten am Montag beteiligt waren“, teilte die Polizei mit.

Rund 500 Migranten hatten in der Nacht zum Montag die Abschiebung des Togolesen mit Gewalt [2] verhindert. Die Polizei musste den Einsatz abbrechen, weil die Situation für die Streifenbeamten zu gefährlich geworden war.

Der Einsatz am Donnerstag hatte dann um 5.30 Uhr mit einem Großaufgebot von Polizisten und Spezialkräften begonnen. Mit dem Vorgehen wollte die Polizei unter anderem „Hinweise zu erlangen, mit denen die Ermittlungen der Aalener Kriminalpolizei unterstützt werden können.“

Es habe am Montag auch ernstzunehmende Aussagen aus der aggressiven Ansammlung heraus gegeben, dass man sich bei einem erneuten Auftreten der Polizei nicht nur wieder in ähnlicher Form zur Wehr setzen werde, sondern sich durch Bewaffnung auf die nächste Polizeiaktion vorbereiten wolle, so die Polizei. Deshalb hatten die Beamten auch nach Waffen und gefährlichen Gegenstände gesucht.

„Einem durch die jüngsten Ereignisse drohenden rechtsfreien Raum in der Landeserstaufnahmeeinrichtung gilt es frühzeitig entgegenzuwirken und zu verhindern. Die Aufrechterhaltung der Rechtsstaatlichkeit hat oberste Priorität“, ließ die das zuständige Polizeipräsidium Ellwangen verlauten.

18 Bewohner, die in Vergangenheit immer wieder als Unruhestifter aufgefallen waren, sollen jetzt in andere Landeserstaufnahmeeinrichtungen verlegt werden. Darunter befindet sich auch der 23-jährige Togolese, der am Montag nach dem Dublin-Abkommen nach Italien zurück überstellt werden sollte.

Solche Maßnahmen zur Trennung von Unruhestiftern habe in der Vergangenheit zur Befriedung in der Landeserstaufnahmeeinrichtung geführt, so das Polizeipräsidium Aalen.

Nach Informationen der Nachrichtenagentur dpa wurden bei dem Großeinsatz mehrere Menschen verletzt. Offenbar sprangen Flüchtlinge aus den Fenstern in der Flüchtlingsunterkunft. Dabei hätten einige von ihnen Blessuren erlitten. Auch Polizeibeamte seien verletzt worden.

In der „Bild“ behauptet derweil ein Afrikaner, der betreffende 23-jährige Togolese zu sein.

Laut der Zeitung habe er geäußert: „Die Polizei hat schon im Februar versucht, mich abzuschieben. Deutschland sagt doch „Welcome“ zu uns Flüchtlingen. Die geben jeder Person eine Duldung.“ Seine Brüder seien ihm am Montag zu Hilfe gekommen.

Polizeigewerkschaft fordert Konsequenzen

Die Deutsche Polizeigewerkschaft (DPolG) hat währenddessen Konsequenzen gefordert. „Es muss auch in Zukunft damit gerechnet werden, dass sich größere Personengruppen gegen Abschiebungen zur Wehr setzen und auch vor der Anwendung massiver Gewalt gegen Einsatzkräfte nicht zurückschrecken“, sagte DPolG-Chef Rainer Wendt am Donnerstag.

Der Staat dürfe nicht zögern, gegen Personen vorzugehen, die Polizeikräfte angreifen. „Dabei muss der größtmögliche Schutz der Kräfte gewährleistet sein.“

Wendt forderte ein Konzept für Einsätze in solchen Unterkünften, „damit es nicht mehr zu solchen Eskalationen kommt“. Für die geplante Einrichtung sogenannter „Anker-Zentren“ ab dem Sommer forderte die Polizeigewerkschaft, dass zuvor ein „konkretes Sicherheitskonzept“ erarbeiten werde. „Solche Überraschungen wie jetzt in Baden-Württemberg oder kürzlich in Donauwörth in Bayern können wir uns nicht mehr leisten“, sagte Wendt.

Seehofer: „Empörend“

Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) bezeichnete den Vorfall als einen „empörenden Sachverhalt“. Es sei ein „Schlag ins Gesicht der rechtstreuen Bevölkerung“, sagte Seehofer am Donnerstag in Berlin. „Das Gastrecht darf nicht so mit Füßen getreten werden.“

Özdemir: Polizei hat in Ellwangen „richtig reagiert“

Der frühere Grünen-Vorsitzende Cem Özdemir hat den Polizeieinsatz in Ellwangen gelobt. „Frust über eine mangelnde Bleibeperspektiven rechtfertigt keine Gewalt“, sagte Özdemir der „Welt“. „Unsere Polizei hat richtig reagiert.“

Rechtsfreie Räume dürften nirgendwo in Deutschland geduldet werden, sagte der Grünen-Politiker. „Wenn eine Abschiebung rechtsstaatlich angeordnet ist, muss sie auch vollzogen werden.“

(red)

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