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Dreyer hält an Carl-Zuckmayer-Preis 2019 für Schriftsteller Menasse fest

Malu Dreyer
Foto: dts Nachrichtenagentur

Mainz – Nach Gesprächen zwischen Ministerpräsidentin Malu Dreyer (SPD), dem Kommissionsvorsitzenden Kulturminister Professor Konrad Wolf, Kommissionsmitgliedern und dem Wiener Schriftsteller Robert Menasse hat die Ministerpräsidentin entschieden, den Carl-Zuckmayer-Preis am 18. Januar 2019 an Menasse zu überreichen.

Menasse war in die Kritik, geraten, weil er Zitate und historische Fakten in seinen Arbeiten erfunden haben soll. So hatte er wiederholt behauptet, der erste Kommissionspräsident der Europäische Wirtschaftsgemeinschaft, Walter Hallstein, habe seine Antrittsrede 1958 auf dem Gelände des früheren Konzentrationslagers Auschwitz gehalten.

Mittlerweile hat sich Menasse  in einem Gastbeitrag in der „Welt“ entschuldigt und Fehler [1] eingeräumt.

Die gemeinsame Erklärung von Dreyer und Menasse im Wortlaut:

„Robert Menasse hat sich große Verdienste um die deutsche Sprache erworben, er hat in den vergangenen Jahren ein beeindruckendes literarisches Gesamtwerk geschaffen, für das er zurecht große Anerkennung erhält. Sein engagiertes Streiten für die europäische Idee trifft europaweit auf große Resonanz und hat die politische Debatte um die Zukunft der Europäischen Union sehr bereichert. In Würdigung dieses beeindruckenden Wirkens werde ich Robert Menasse am 18. Januar 2019 die Carl-Zuckmayer-Medaille verleihen“, so Ministerpräsidentin Dreyer.

Die öffentliche Diskussion um den Umgang von Robert Menasse mit angeblichen Zitaten von Walter Hallstein hatte einen intensiven Austausch zwischen Ministerpräsidentin Malu Dreyer, dem Kommissionsvorsitzenden, Kulturminister Prof. Dr. Konrad Wolf und Robert Menasse zur Folge.

„Wir sind davon überzeugt, dass die vorbehaltlose Anerkennung von Fakten zum Wertefundament unserer liberalen Öffentlichkeit gehört. Die Bereitschaft, ja die Notwendigkeit, Gewissheiten von Annahmen und Fakten von Meinungen zu trennen, ist für das Gelingen einer demokratischen Debatte unerlässlich“, so Dreyer und Menasse. In einem offenen politischen Austausch müsse der Konsens gelten, dass in höchstem Maße gewissenhaft und sorgfältig mit Zitaten und historischen Tatsachen umgegangen werde.

„Es war ein Fehler von mir, Walter Hallstein in öffentlichen Äußerungen und nicht-fiktionalen Texten Zitate zuzuschreiben, die er wörtlich so nicht gesagt hat. Es war unüberlegt, dass ich im Vertrauen auf Hörensagen die Antrittsrede von Hallstein in Auschwitz verortet habe. Diese hat dort nicht stattgefunden. Das hätte ich überprüfen müssen. Ich habe diese Fehler nicht absichtsvoll und nicht mit dem Ziel der Täuschung begangen. Ich hielt diese Geschichte für ein starkes symbolisches Bild des europäischen Einigungsprojekts, das doch zweifellos mit dem Schwur ‘Nie wieder Auschwitz‘ verbunden ist. In meinem Roman ist das stimmig, aber die Vermischung von literarischen Fiktionen mit Äußerungen in europapolitischen Diskussionen bedauere ich sehr und entschuldige mich bei allen, die sich getäuscht fühlen“, erklärt Robert Menasse.

Es gebe einen Unterschied zwischen der künstlerischen Freiheit, die ein Schriftsteller in seinem fiktionalen Schaffen genieße, und der Verantwortung, der er gerecht werden müsse, wenn er sich in den politischen Diskurs begebe. Während Ersterer mit der historischen wie gegenwärtigen Realität künstlerisch umgehen, sie deuten und modellieren dürfe, unterliege Letzterer der Verpflichtung, Fakten von Fiktion zu trennen.

„Das Spiel von Fakten und Fiktionen zuzuspitzen und zu polarisieren – das war lange Zeit im öffentlichen Diskurs eine Rolle des Dichters. Es war eine produktive Methode, Diskussionen auszulösen, vor der sich Pragmatiker und so genannte Realisten drücken. Dass aber heute, in Zeiten der allgemeinen Verunsicherung, in Zeiten von Hetze und absichtlichen Fälschungen, hier klar abgegrenzt werden muss, verstehe ich. Die künstlerische Freiheit im Roman und die Spielregeln im politischen Diskurs dürfen nicht vermischt werden. Darauf werde ich achten und darauf können Sie sich verlassen“, so Menasse. (red)

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