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Zwangsfusion VG Hauenstein mit VG Dahn? Gebietsreform gegen den erklärten Bürgerwillen

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Blick in die Zuhörerschaft bei der Ratssitzung der VG Hauenstein.
Foto: hi

Hauenstein. Es kam nicht ganz unerwartet, was Bürgermeister Werner Kölsch am gestrigen Dienstag in der Sitzung des Hauensteiner Verbandsgemeinderats über die Position des Mainzer Innenministeriums berichtete.

Die SPD-geführte Landesregierung, die seit 2016 in einer Koalition mit den Grünen und der FDP in Mainz regiert, hatte zu der laufenden Gebiets- und Verwaltungsreform von Anfang an die Auffassung vertreten, dass die Auflösung der VG Hauenstein durch eine Fusion mit einer anderen Verbandsgemeinde im Landkreis Südwestpfalz (Pirmasens) erfolgen soll.

Bekanntlich wurde dazu gleichzeitig mit der Landratswahl am 7. Mai 2017 im Kreis Südwestpfalz auch eine Abstimmung in der VG Hauenstein durchgeführt (wir berichteten). Und das Votum der Bürger an der Wahlurne war eindeutig: Mit einer überwältigender Mehrheit von knapp 90 % sprachen sich die Bürger der Ortsgemeinden Lug, Darstein, Dimbach, Schwanheim, Spirkelbach, Wilgartswiesen für eine Eingliederung in die VG Annweiler im Kreis SÜW aus. Auch in Hauenstein selbst votierten 68,6 % der Bürger für Annweiler. Nur die Ortsgemeinde Hinterweidenthal war überwiegend (56,6%) für eine Fusion mit der VG Dahn.

Die Hauensteiner Bürgerinitiative BI pro Annweiler pocht auf der Berücksichtigung dieses eindeutigen Bürgerwillens durch die Landesregierung und fordert die 7:1-Lösung.

Das heißt, die sämtlichen sieben Ortsgemeinden der VG Hauenstein – mit Ausnahme der Ortsgemeinde Hinterweidenthal – soll in die VG Annweiler eingegliedert werden. Damit entstünde mit einer „VG Annweiler-Hauenstein“ eine kreisgrenzenübergreifende Verbandsgemeinde.

Auch der vom Land angeforderte vierzigseitige Sondierungsbericht der VG Hauenstein argumentiert für eine (Teil-)Umgliederung der VG Hauenstein in den Landkreis SÜW.

Zwar schreibt das Grundsätze-Gesetz (§2, 4 KomVwRGrG) einen Regelvorrang der landkreisinternen Reform vor, lässt aber ausdrücklich Ausnahmen davon zu. Die betroffenen Gebietskörperschaften müssen lediglich ordnungsgemäß angehört werden.

Von einer Zustimmungs-Erfordernis ist keine Rede. Maßgeblich ist alleine die Abwägungsentscheidung des Gesetzgebers. In Mainz wird dieser Abwägungsprozess darauf verengt, dass die Zustimmung des Kreistags der Südwestpfalz als Voraussetzung für eine Fusion Hauenstein-Annweiler genannt wird.

Dieser aber hat in seiner Sitzung am 19. März dieses Jahres in einem Beschluss mit 31 Stimmen bei 6 Gegenstimmen eine kreisüberschreitenden Fusion abgelehnt (wir berichteten).

Bürgermeister Werner Kölsch informierte nun die Ratsmitglieder, dass er am 14. Mai im Mainzer Innenministerium mit Staatssekretär Günter Kern gesprochen hat.

Dabei wurde ihm mit Verweis auf den Beschluss des Kreistages Südwestpfalz mitgeteilt, dass eine Gebietsänderung der VG Hauenstein, wie im Sondierungsbericht befürwortet (7:1-Lösung) „auf freiwilliger Basis nicht möglich“ sei.

Die VG Hauenstein solle sich um einen freiwilligen Zusammenschluss mit der VG Dahner Felsenland bemühen.

Da nach dem Landesgesetz freiwillige Gebietsänderungsmassnahmen den Vorrang hätten, so Kern in einem Schreiben vom 17. Mai an die VG Hauenstein, würden dafür „umfangreiche finanzielle Unterstützungsleistungen“ für die fusionierte Verbandsgemeinde durch das Land gewährt, nämlich „eine Entschuldungshilfe von 2 Mio Euro sowie besondere finanzielle Förderungen von Projekten, die der Entwicklung der neuen Verbandsgemeinde dienen“.

Voraussetzung dafür sei jedoch, so Kern in seinen Ausführungen weiter, dass der Fusions-Vereinbarung zwischen den Verbandsgemeinden (also: Hauenstein / Dahn) die beiden VG-Räte zustimmen.

Und außerdem müssen in Hauenstein und Dahn jeweils die Mehrheit der Ortsgemeinden mit einer Mehrheit der Einwohner zustimmen. Nur dann geht das Land von einer freiwilligen Gebietsänderungsmaßnahme aus.

„Im Ergebnis entspricht dies nicht unseren Vorstellungen“ kommentierte Kölsch trocken das Schreiben aus Mainz. Der Ball liegt jetzt also erst mal wieder in Hauenstein.

Zunächst sollen am 29. Mai die Beratungen darüber in einer internen Kommission erfolgen, skizzierte Bürgermeister Kölsch den weiteren Fahrplan. Und am Dienstag, 12. Juni, kommt dann auf der nächsten Sitzung des Verbandsgemeinderats die Stunde der Wahrheit: Beratung und Beschlussfassung, ob das Freiwilligkeits-Fusionsprojekt umgesetzt werden soll.

Die Chance dafür stehen 40:60, schätzt der Luger Ortsbürgermeister Hermann Rippberger.
Wenn eine Freiwilligkeitslösung nicht erreicht werden kann, kommt die Zwangsfusion. So viel ist sicher. Denn der Gebietsänderungstermin, 31. Juli 2019, steht fest.

Dagegen kann dann die Verbandsgemeinde Hauenstein gerichtlich klagen. Im Erfolgsfall bliebe die VG Hauenstein erhalten bis zur Vollendung der zweiten Stufe der kommunalen Gebiets- und Verwaltungsreform.

Die anwesenden Zuhörer, darunter auch Mitglieder der Hauensteiner Bürgerinitiative BI pro Annweiler, gaben nach der Ratssitzung in hitzigen Diskussionen ihrem Unmut lautstark Ausdruck.

Werner Stähle findet es „unfassbar, dass ein so starkes Bürgervotum, unbeachtet bleibt. Mit keinem Wort sind die in Mainz darauf eingegangen. Es kann niemanden mehr wundern, dass die demokratischen Parteien immer mehr an Zustimmung in der Bevölkerung verlieren“.

Auch Manfred Weber, Sprecher der Bürgerinitiative BI pro Annweiler, ist empört: „Wir werden die betroffene Bevölkerung über die Dreistigkeit der Landesregierung informieren, den an der Wahlurne mit überwältigender Mehrheit erklärten Bürgerwillen komplett zu ignorieren.

Nächstes Jahr stehen Kommunalwahlen an, und in 2021 finden die nächsten Landtagswahlen statt. Wir werden zu einem Wahlboykott aufrufen. Die Verräter am Bürgerwillen werden bei den nächsten Wahlen die Quittung bekommen“. Wütend ist auch Karl Betz: „Für mich sind diese Parteien nicht mehr wählbar“.

„Hier wird der Bürgerwille mit Füßen getreten“, erregt sich Ulrich Lauth, ehemaliger Hauensteiner Bürgermeister. Und Hermann Rippberger („ich fühle mich verarscht“), der ebenso wie seine anderen Ortsbürgermeister-Kollegen intensiv und zeitaufwändig an der Erstellung des Sondierungsberichts mitgewirkt hat, stellt lapidar fest: „Diese sogenannten Volksvertreter vertreten nicht das Volk. Das eindeutige Votum unserer Bürger in den Ortsgemeinden liegt vor. Wir haben überhaupt kein Mandat für weitere Verhandlungen“. (hi)

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