Zeiskam. Am 31. Oktober 2019 feierten die Zeiskamer Protestanten in einem Festgottesdienst das 175. Jubiläum ihres Gotteshauses. Seit Anfang dieses Jahres wird der Kirchturm saniert.
Gerne hätten die Verantwortlichen zum Jubiläum den Kirchturm in neuem Glanz präsentiert, doch der Abbau des Gerüstes verschiebt sich aufgrund verschiedener Verzögerungen während der Bauphase.
„Ja, die Kirche gehört ins Dorf“, sagte Pfarrer Andreas Gutting in seiner Predigt zur Reformation und führte das Luther-Wort aus Psalm 127 an: „Wenn der HERR nicht das Haus baut, so arbeiten umsonst, die daran bauen.“
470.000 Euro werden für die Sanierung des Kirchturms veranschlagt. Der Kirchturm sei auch als mahnender Finger Richtung Himmel zu verstehen, so Gutting. Wenn der Turm fertig gestellt sein wird, muss die Renovierung der Kirche weiter geführt werden, auch dafür wird die Kirchengemeinde mehrere hunderttausend Euro benötigen.
Die Kirche müsse als Gemeinschaft immer wieder neu reformiert werden. Die Kirche sei im Aufbruch begriffen, dabei solle man sich nicht von Ängsten leiten lassen. Gutting berichtete von einem Impulstag der vor zwei Wochen in Kandel stattgefunden hatte.
Dort wurde diskutiert, wie man das „Kirchturmdenken“ überwinden könne. Nicht unsinnigen Ansprüchen hinterher rennen, sondern sich auch über kirchliche Angebote in der Nachbarschaft freuen und sie annehmen. „Wir müssen das uns Einende in den Vordergrund stellen, quasi eine Kooperate Identity schaffen“, so Gutting.
Das Miteinander, die innere Freiheit im gesellschaftlichen Umfeld sei bedroht, auch das sprach Gutting an. Beleidigungen in sozialen Netzwerken, Respektlosigkeit – „Unsere Streitkultur verkommt“. Eine Absage auch für ein übersteigertes Leistungsdenken, das Luther nie gut geheißen hätte.
Architekt Michael Humbert erklärte, dass der Turm, der bis Weihnachten fertig sein soll, nun einen Grundputz, danach einen Oberputz bekommen werde.
Im Altarraum stand die vergoldete Turmzier, das Kreuz, der Turmknauf und der restaurierte Wetterhahn. Der Turmknauf, der an ein überdimensioniertes Ü-Ei erinnert, wird eine Zeitkapsel bekommen, in der, wie es Brauch ist, verschiedene Infos niedergelegt werden, unter anderem auch eine Tageszeitung.
Der Turm soll am Freitag, 8. November um 11.30 Uhr mit der Zier gekrönt werden. Die Vergoldung des Hahns, der lange Jahre in der Sakristei lag (auf dem Kirchturm war etliche Jahre ein Hahn aus Blech angebracht), übernahm das Architekturbüro Humbert in Germersheim als Spende an den Kirchbauverein.
Bürgermeisterin Susanne Lechner trug eine wohl gesetzte Rede mit 175 Worten vor und hatte auch einen Scheck über 175 Euro dabei. „Die Kirche ist für mich ein Sinnbild des „Nachhausekommens“ und gelebter Gemeinschaft“, so Lechner.
Der Festgottesdienst wurde von den Kirchenchören aus Zeiskam und Schwegenheim mitgestaltet. Im Anschluss klang der Abend bei einem kleinen Umtrunk aus.
Zur Kirche:
Im Frühjahr des Jahres 1844 wurde die prot. Kirche nach sechsjähriger Bauzeit ihrer Bestimmung übergeben.
Das Neuromanische Gebäude mit dem großen Westportal wurde von dem, damals berühmten, Architekten Voit aus Speyer geplant. Die Kirche ist mit ihrem 46 Meter hohen Turm das höchste Bauwerk im Dorf.
Im Laufe der Zeit wurde sie mehrmals renoviert. Die letzten Maßnahmen waren 1972 außen und 1990 innen. (desa)