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Wolfgang Bosbach in Neupotz: „Nicht jedes Problem ist gleich eine Katastrophe“

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Wolfgang Bosbach, Dr. Thomas Gebhart und Bürgermeister Emil Heid: Gelungene Veranstaltung.
Fotos: Licht

Neupotz – Er kam, sah und siegte: Ein gut gelaunter und fröhlicher Wolfgang Bosbach (CDU), Vorsitzender des Innenausschusses des Deutschen Bundestags, kam auf Einladung von Bundestagsabgeordnetem Dr. Thomas Gebhart zum Wahlkampfauftakt nach Neupotz. Mit viel Humor und einer klar verständlichen Sprache schaffte es der CDU-Politiker, die Dinge auf den Punkt zu bringen – und seine Zuhörer zu fesseln. 

Neupotz wurde als Startpunkt für den südpfälzer Bundestagswahlkampf auch deswegen gewählt, weil dort bei der letzten Wahl die meisten Stimmen für die CDU gewonnen werden konnten, erklärte Thomas Gebhart bei der Begrüßung – was Bürgermeister Emil Heid ganz besonders freute.

Gebhart: Im Wahlkampf sachlich bleiben

Nicht andere schlecht machen werde er in diesem Wahlkampf, betonte Gebhart. Er distanziere sich ausdrücklich von solchen Gepflogenheiten. Statt dessen will Gebhart stets sachlich bleiben und mit Argumenten überzeugen. Und diese sprächen eh für sich, sagte der Abgeordnete und nannte als Beispiele den strukturell ausgeglichenen Haushalt, Grundsicherung für die Kommunen, 13 Milliarden zusätzliche Investitionen in Bildung und Forschung, Rücklagen in den Renten- und Sozialkassen.

Bosbach: Herausforderungen annehmen

Wolfgang Bosbach, der in seiner Fraktion schon mal als Abweichler gilt, sprach deutliche Worte zu aktuellen Zeitthemen – jedoch nicht, ohne vorher die Zuhörer im Kultur- und Freizeithaus Neupotz scherzhaft zu mahnen: „ Wählen Sie keinen Politiker, der nicht von Herzen lachen kann.“

Keinerlei Zweifel habe er, dass man mit den Herausforderungen dieser Tage fertig werden könne: „Nicht jedes Problem ist eine Katastrophe, nicht jeder Fehler ein Skandal.“ Er wünsche sich mehr Liebe zum Vaterland, sagte Bosbach. Es sei eine gute Sache, seine Heimat, seine Gemeinde zu lieben und tätig zu werden. „Man muss auch mal sagen dürfen: `Ich bin stolz, Deutscher zu sein`, ohne gleich in die rechte Ecke gestellt zu werden.“

Vertrauen will er gewinnen bei den Wählern, trotz Prism und Tempora-Affären: „ Es darf nach der Wahl nichts anderes gelten als vor der Wahl. Wir Berufspolitilker haben ein grausiges Ansehen – man traut uns entweder alles zu oder nichts“, witzelte Bosbach und sprach Thomas Gebhart seine Unterstützung aus für „einen Politiker, der mit beiden Beinen auf dem Boden steht“.

PRISM und Tempora: „Partner ausspähen geht nicht“

Brisantes Thema: Die Ausspäh-Aktionen der US-Amerikaner und Briten. Ja, man betreibe selbst auch Auslandsaufklärung, führte Bosbach gelassen weiter aus. Genau das sei schließlich die Aufgabe des BND. Dies sei alles schon lange bekannt – „wie beim FCK, dass er Fussball spielt.“

„Wir sammeln Erkenntnisse zur Abwehr von Gefahren – das ist die gesetzliche Aufgabe.“ Dennoch müsse man „ernste“ Gespräche mit der USA und den Briten führen: „Wir spähen nicht die Partner aus. Die EU ist ebenso wie die Nato auch eine Wertegemeinschaft. Es kann nicht angehen, dass befreundete Nationen die privaten Daten der Bürger ausspionieren“, kritisierte Bosbach. Und erklärte nebenbei kurz die Zuständigkeiten: Der BND ist für das Ausland, der Verfassungsschutz für das Inland zuständig.“ : Aha-Effekt im Publikum.

Aufklärung nur bei „Problemstaaten“

Man betreibe die strategische Aufklärung  nur bei sogenannten Problemstaaten, die die USA mitunter als „Schurkenstaaten“ bezeichneten. Die erlaubte technische Obergrenze läge bei 20% des idendifizierten Datenverkehrs, eine Kompletterfassung sei nicht zulässig. Die technsichen Möglichkeiten der Bundesrepublik lägen jedoch nur bei vier bis fünf Prozent der Daten: „Wir bleiben also weit hinter dem, was wir eigentlich dürften.“

Man gehe auf der Suche nach Gefahren nach sicherheitsrelevanten Kriterien vor, nur bei deutlichen Schlagworten, von denen zudem noch jedes einzelne von einem parlamentarischen Kontrollgremium genehmigt werden müsse, erklärte Bosbach. „ Der Staat hat die Pflicht, seine Bürger vor Straftaten zu schützen. Wir wollen keinen Überwachungsstaat, aber einen, der seine Bürger wirksam schützt, und dafür steht die CDU.“

Bekenntnis zur Industrienation Deutschland – „Wissen ist unser Potential“

Dazu zähle auch der Schutz vor Wirtschaftsspionage – das Ausspionieren hoch sensibler Forschungsergebnisse dürfe auf keinen Fall von befreundeten Nationen geduldet werden. Deutschland sei eine Industrienation, deren wichtigster Rohstoff das Wissen sei. Es solle sich auch dazu bekennen, ein Industrieland sein zu wollen. „Und doch steht bei jeder Stromtrasse, die im Zuge der Energiewende gebaut werden muss, ein Grünen-Politiker an der Spitze einer Bürgerinitiative und will das verhindern.“

Sozialleistungen müssen zuerst erwirtschaftet werden

Bosbach erwähnte in diesem Zusammenhang auch die Kontroverse um die zweite Rheinbrücke: „Diese Brücke ist eine wirtschaftliche Lebensader. Denn auch Sozialleistungen müssen erst einmal erwirtschaftet werden“, meinte der CDU-Politiker mit Blick auf das Hauptwahlthema der SPD.

Die CDU müsse auch immer die Partei der „kleinen Leute sein“, aber: „Soziale Gerechtigkeit schulden wir auch denjenigen, die jeden Tag malochen gehen und brav ihre Steuern zahlen. Deshalb gibt es immer einen Zusammenhang zwischen wirtschaftlicher und sozialer Leistungsfähigkeit.“

In den sich verändernden Weltmärkten sieht Bosbach nicht nur Konkurrenz, sondern auch Chancen. Man müsse schneller und besser sein als die anderen, betonte er.

Auch in der Bildungspolitik sieht Bosbach die besten Chancen unter einer CDU-geführten Regierung. Bayern, Baden-Württemberg, Sachsen, Thüringen – überall in den CDU-regierten Ländern würden die Schüler besser abschneiden als in den SPD-regierten. „Wir sind gegen Einheitsschulen, weil wir keine Einheitskinder haben.“

Bei der Bundestagswahl am 22. September erwartet Bosbach ein Kopf-an-Kopf-Rennen. Den Aussagen der rot-grünen Opposition, keinesfalls mit der Linken koalieren zu wollen, schenkt er keinen Glauben. „Wenn es hart auf hart kommt, geht es dann plötzlich doch“, ist er sich sicher.

Abschließend sagte Bosbach: „Es ist immer noch ein Glück, in Deutschland geboren zu sein, hier leben und arbeiten zu dürfen. Darum beneiden uns sehr viele Länder.“ (cli)

Information zu Wolfgang Bosbach:

Bosbach war von 2000 bis 2009 Stellvertretender Vorsitzender der CDU/CSU-Bundestagsfraktion und ist seit 2009 Vorsitzender des Innenausschusses des Deutschen Bundestags.

Nach der Mittleren Reife 1968 absolvierte Wolfgang Bosbach eine Ausbildung zum Einzelhandelskaufmann und war von 1972 bis 1974 Leiter eines Supermarkts. Er erwarb einen Abschluss als staatlich geprüfter Betriebswirt. Auf dem Zweiten Bildungsweg holte er 1980 das Abitur nach. Danach absolvierte Bosbach ein Studium der Rechtswissenschaft an der Universität Köln. Seither ist er als Rechtsanwalt zugelassen.

Bosbach leidet an einer unheilbaren Krebserkrankung, mit der er offen umgeht. Bei der Bundestagswahl am 22. September 2013 wird er erneut für den Bundestag zu kandidieren.

 

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