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Wörth: Flutengel bauen 12.600 Dachziegel bei Lidl ab und bringen sie zu flut- und brandgeschädigter Familie nach Lohmar

Foto: Thomas Pfirrmann

Wörth –  Die „Flutengel Wörth“ haben am bisherigen Lidl-Gebäude, das abgerissen wird, die Dachziegel abgebaut. Die wurden dann nach Lohmar zu einer flut- und jetzt auch noch brandgeschädigten Familie gebracht.

Als der Vorsitzende der „Flutengel“, Thomas Pfirrmann von dem Unglück erfuhr, war für ihn klar, dass sie wieder helfen würden. Er machte sich sofort mit seinem Vorstandskollegen Michael Adam an die Organisation. Sie nahmen Kontakt mit Lidl auf, da das bisherige Geschäft wegen des Neubaus abgerissen wird. Nach der positiven Antwort für den Abbau von über 14 000 Quadratmetern Dachziegeln machten sie sich an die Organisation der benötigten Gerätschaften, der Helfer und der Formalitäten wie Berufsgenossenschaft und Versicherungen.

„Überwältigt und demütig“

„Ich bin einfach sprachlos, überwältigt und demütig“, sagte Evelyn Liebich aus Lohmar (NRW) und konnte ihre Tränen nicht verbergen, als sie die große Helferschar und die vielen Gerätschaften der „Flutengel Wörth“ beim Abbau der Dachziegel der bisherigen Lidlfiliale in der Ottstraße sah.

Sie und ihr Lebensgefährte Markus Liebertz bekamen den größten Teil dieser Ziegel zu ihrer Familie nach Lohmar gebracht. Zunächst war diese flutgeschädigt, ehe sie als Fluthelfer im Einsatz war. „Jetzt sind wir selbst durch einen Hausbrand am Abend des 9. Mai obdach- und mittellos geworden. Zuerst haben wir aufgeteilt bei Freunden gewohnt, ehe wir als Mieter eine relativ behindertengerechte  Wohnung  gefunden haben, da mein Vater versorgt werden muss“, erzählte Evelyn Liebich. Sie war dann gleich wieder auf dem Dach und half mit beim Abbau.

Das 1860 erbaute Lehm- und Fachwerkhaus haben sie angefangen, trocken zu legen. „Die Feuerwehren haben drei Tage lang gelöscht mit etwa 2000 Kubikmetern Wasser. Damit waren meine Werkzeuge, Gerätschaften, Baumaschinen alle kaputt“, so Markus Liebertz. Der Brand war in der Garage ausgebrochen, die genaue Brandursache ist bisher noch nicht geklärt – vermutlich zwei E-Scooter. Durch seine Kontakte ins Ahrtal als Fluthelfer erfuhr er von den Ziegeln in Wörth.

Hitze-Ziegel

Trotz der hochsommerlichen Hitze am vorletzten Wochenende konnten die „Flutengel“ auf über 30 Helferinnen und Helfer samstags von 12 bis 18 Uhr zurückgreifen. Sonntags waren es 25 von 9 bis 14 Uhr und am Montag für den Rest noch einmal 15, die 12.600 Ziegeln (50 Tonnen) abbauten – sogar Bürgermeister Dennis Nitsche war samstags und sonntags im Einsatz. Die Wärme dieser Ziegel betrug 58 bis 60,2 Grad, wie Helfer Axel Herzog festgestellt hatte.

Foto: Thomas Pfirrmann

Zahlreiche Sponsoren

Zu der Aktion hatten auch zahlreiche Sponsoren ihren Beitrag geleistet. Die Firma Hornbach hatte spontan ebenso wie die AWO Wörth die benötigten Handschuhe gestiftet, die ZG Raiffeisen Karlsruhe kostenlos 100 Paletten geliefert, Firma Schlindwein aus Wörth das Gerüst gebaut. Die Firmen Adam und Weber (beide Gals-Bau Wörth) stellten Teleskop- und Radlader, Firma Valentin Dörfler die Dachdecker-Aufzüge, Volker Karcher den landwirtschaftlichen Anhänger als Podest, Vorsitzender Pfirrmann (Gartenbau) seinen Werkstattwagen, Firma Droha aus Hagenbach einen Sattelzug zum Transport.

Einen zweiten brachte der Verein „Familien in Not“ aus Rietberg. Ihn fuhr der ehemalige Wörther Marco Clausonet, der inzwischen in Dernau im Ahrtal mit seiner Firma (Abbruch und Erdbau) und seiner Familie lebt. Er war dort von Beginn an im Einsatz als Fluthelfer, als er noch seine Firma in Bellheim hatte und dort wohnte. Schließlich stellte die Freiwillige Feuerwehr Berg ihren Kühlwagenanhänger zur Verfügung.

Am Sonntag kam dann auch Georg Winkler vom Verein „Menschen in Not“ auf die Baustelle, der am Montag mit Pfirrmann die Ziegel nach Lohmar transportierte. Er hatte zuletzt Kleidungsstücke und Möbel aus Wörth mit seinem Verein von den „Flutengeln“ abgeholt.

Da die Geschädigten nicht alle Ziegeln benötigen, geht der Rest an die Ahr an verschiedene flutgeschädigte Privatleute mit kleinerem Bedarf. Dafür sorgt Magnus Wagner, der mit seinen beiden Jungen Simon und Laurence, die am Sonntag beim Abbau mithalfen, vor Ort war. Er selbst ist Flutgeschädigter, organisiert aber auch seit Beginn bei den Hilfsaktionen mit. „Es besteht nach wie vor viel Bedarf“, sagte er.

„Als Unternehmen macht uns eine solche Hilfsaktion große Freude, wenn ich diese Einsatzbereitschaft vor Ort sehe“, sagte der Verkaufsleiter von Lidl, Hendrik Diezinger. „Gemeinsam mit unserer Immobilienabteilung waren wir sofort bereit zu unterstützen und den Betroffenen damit zu helfen.“ Lidl stellte zum einen die benötigte Folie zur Verfügung, versorgte aber auch die Helfer mit reichlich Getränken und Essen, das dann von Ralf Demes auf dem Gelände zubereitet wurde.

Die Lidl-Filiale hat jetzt geschlossen und eröffnet direkt daneben am 4. August in größeren Räumlichkeiten neu.

Foto: Thomas Pfirrmann

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