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Windkraft im Landkreis Bad Dürkheim: Ja, doch nicht im Pfälzer Wald

 

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Der Landkreis Bad Dürkheim steht zur Windkraft, lehnt sie aber im Pfälzer Wald ab.
Foto: Ahme

Bad Dürkheim. Grundsätzlich befürwortet der Landkreis Bad Dürkheim den Vorstoß der Landesregierung, die Energiewende voran zu bringen, und dafür zwei Prozent der Landesfläche für Windkraftanlagen (WKA) zur Verfügung zu stellen.

In diesem Sinne ist es ebenfalls begrüßenswert, dass Verbandsgemeinden und Städte im Kreis ihre Flächennutzungspläne fortschreiben wollen, um darin Vorranggebiete und Ausschlussgebiete für Windkraftanlagen auszuweisen und so einer „Verspargelung“ der Landschaft, also vereinzelt aufgestellten WKA, entgegen zu wirken.

Doch: Diese Vorrangflächen müssen nach Ansicht der Kreisverwaltung Bad Dürkheim außerhalb des Biosphärenreservats Pfälzerwald liegen. Zu dieser Überzeugung kamen die Fachbehörden der Kreisverwaltung. Landrat Hans-Ulrich Ihlenfeld: „Ich stehe inhaltlich voll hinter diesem Schluss. Der Pfälzerwald, insbesondere als Biosphärenreservat betrachtet, ist ein besonders schützenswertes Gebiet, dessen einzigartiger Charakter nicht durch Windkraftanlagen gefährdet werden darf.“

Mehrere Kommunen im Kreis planen momentan eine Änderung ihrer Flächennutzungspläne, um Windkraftanlagen in ihren Gemarkungen bündeln zu können. Die Kreisverwaltung nimmt zu diesen Fällen Stellung. Bei der rechtlichen Betrachtung mehrerer Fälle wurde deutlich: Windkraftanlagen im Pfälzerwald sind aus ihrer  Sicht unzulässig.

Begründung
Im aktuellen Landesentwicklungsplan (LEP IV) weist das Land Rheinland-Pfalz aus, dass zwei Prozent der Landesfläche für Windenergie genutzt werden sollen, um die Energiewende voran zu bringen. Auch zwei Prozent der rheinland-pfälzischen Waldfläche sollen dafür eingesetzt werden.

Die Kreisverwaltung Bad Dürkheim kommt zu dem Schluss, dass diese Waldfläche nicht im Pfälzerwald liegen darf. Dem steht die Landesverordnung über den „Naturpark Pfälzerwald“ als deutscher Teil des Biosphärenreservats Pfälzerwald-Nordvogesen vom 22. Januar 2007 entgegen: Windkraftanlagen sind nicht mit dem hier beschriebenen Schutzzweck des Naturparks vereinbar. Die Kreisverwaltung sieht diese Naturparkverordnung als vorrangige Norm gegenüber dem LEP IV.

Als deutscher Teil des Biosphärenreservats ist der Pfälzerwald besonders schützenswert. Schutzzweck nach § 4 der Landesverordnung über den Naturpark ist u.a. die „Erhaltung der landschaftlichen Eigenart und Schönheit des Pfälzerwaldes mit seinen ausgedehnten, unzerschnittenen, störungsarmen Räumen, Waldgebieten, Bergen, Wiesen und Bachtälern (…), mit seiner Biotop- und Artenvielfalt und seinem naturnahen Charakter sowie seinen Bestandteilen traditioneller Kulturlandschaften.“ Schutzzweck ist weiter „die Erhaltung oder Wiederherstellung der Leistungsfähigkeit des Naturhaushaltes und seines Reichtums an Pflanzen- und Tierarten als wesentliche Voraussetzung hierfür, die Sicherung der Mittelgebirgslandschaft für die Erholung größerer Bevölkerungsteile, für das landschaftliche Naturerleben und einen landschaftsgerechten Fremdenverkehr“.

Der Pfälzerwald ist das größte zusammenhängende Waldgebiet Deutschlands. Es ist gekennzeichnet durch seine nicht durch industrielle Hochbauten überformten Sichtbeziehungen, seine weitgehende Unzerschnittenheit und seine Störungsarmut. Es ist in seiner Form einzigartig. Die Biotop- und Artenvielfalt und der naturnahe Charakter sind für Mensch wie Natur zu erhalten: Im Sinne des Naturschutzes, der Naherholung und des Fremdenverkehrs.

Schon der Bau von wenigen Windkraftanlagen stört Natur und Landschaftsbild, verändert den Charakter des unzerschnittenen Pfälzerwalds erheblich. Die Anerkennung als Biosphärenreservat könnte durch WKA gefährdet sein. Als einzigartiges Rückzugsgebiet für Freizeit, Erholung und Tourismus mit besonderem Stellenwert in der Metropolregion Rhein-Neckar würde er an Bedeutung verlieren.

Die einzigartige Kultur- und Naturlandschaft muss geschützt werden – wie es auch die Landesverordnung für den Naturpark vorsieht. Die Ausweisung von Standorten für Windkraftanlagen läuft diesem Schutzzwecke im gesamten Naturpark Pfälzerwald als deutscher Teil des Biosphärenreservats zuwider.

„Die Fachbehörden der Kreisverwaltung haben sich mit diesem juristisch komplexen Thema intensiv auseinander gesetzt. Sie haben versucht, die Pläne der Gemeinden und des LEP IV mit der Naturparkverordnung des Pfälzerwaldes in Einklang zu bringen. Doch gemeinsam mit meinen Fachbehörden bin ich zu dem Schluss gekommen, dass Windkraftanlagen im Pfälzerwald nicht mit der Naturparkverordnung vereinbar sind“, so Landrat Ihlenfeld.

Die Haltung von Landrat Ihlenfeld und der Kreisverwaltung wird übereinstimmend gestützt von der Oberen Naturschutzbehörde (SGD Süd), dem bisherigen Träger Naturpark Pfälzerwald e.V. und Naturschutzverbänden. Sie alle vertreten die Auffassung, dass die Ausweisung von Konzentrationszonen für Windenergieanlagen im Naturpark Pfälzerwald als deutscher Teil des Biosphärenreservates Pfälzerwald-Nordvogesen nicht mit dem Schutzzweck nach § 4 der für den Naturpark geltenden Landesverordnung vom 22. Januar 2007 vereinbar sei.

Regionalplan des Verbands Region Rhein-Neckar (VRRN)
Im Zusammenhang mit der allgemeinen Stellungnahme zu Windkraft im Pfälzerwald möchte die Kreisverwaltung Bad Dürkheim außerdem zu den aktuellen Plänen des neuen Regionalplans des Verbands Rhein-Neckar Stellung beziehen.

In den aktuellen Vorschlägen zum neuen Regionalplan, der bis Ende 2014 festgeschrieben werden soll, weist der Verband Ausschluss- und Vorrangflächen für Windkraftanlagen aus. Der Plan orientiert sich an den Vorgaben des LEP IV, der den Haardtrand inklusive einer sechs Kilometer breiten Pufferzone als „Historische Kulturlandschaft“ als besonders schützenswert kennzeichnet und WKA in diesem Korridor ausschließt. Demnach weist der aktuelle Vorschlag des VRRN für den Haardtrand (auch über die Grenzen des Naturparks Pfälzerwald hinaus) Ausschlussflächen aus, was die Kreisverwaltung befürwortet.

Jedoch gibt es auch Gebiete, die bei fachgerechter Betrachtung innerhalb der „Historischen Kulturlandschaft“ liegen, die NICHT als Ausschlussflächen ausgewiesen sind. Dazu zählt unter anderem der Grünstadter Gemeindeberg.

„Es ist für mich nicht nachvollziehbar, warum diese Fläche für Windenergieanlagen freigegeben werden sollte. Auch hier wird die Besonderheit der Kulturlandschaft mit ihren Sichtachsen durch Windkraftanlagen beeinträchtigt“, so Landrat Hans-Ulrich Ihlenfeld. „Als Landkreis plädieren wir daher dafür, dass alle Bereiche, die innerhalb der Historischen Kulturlandschaft liegen, ausnahmslos als Ausschlussgebiete im neuen Regionalplan ausgewiesen werden. Dazu zählen für mich auch Flächen östlich vor Neustadt und Grünstadt, wenn durch Windkraftanlagen die Blickbeziehungen zum Haardtrand gestört werden.“

Was bedeutet Biosphärenreservat?
Der Naturpark Pfälzerwald ist der deutsche Teil des von der UNESCO anerkannten Biosphärenreservats Pfälzerwald-Nordvogesen. Ein Biosphärenreservat ist eine Modellregion für nachhaltige Entwicklung in ökologischer, ökonomischer und sozialer Hinsicht. Für die Weiterentwicklung sorgt das Programm „Der Mensch und die Biosphäre“ (MAB), das weltweit die wichtigsten Ökosysteme untersucht, evaluiert und vernetzt. Es geht dabei nicht vorrangig um Naturschutz im klassischen Sinne, sondern um einen interdisziplinären Ansatz, bei dem vor allem der Mensch als Bestandteil der Biosphäre gesehen wird.
2013 hat das MAB-Nationalkommitee den deutschen Teil des Biosphärenreservats Pfälzerwald-Nordvogesen untersucht.

Es kam zu dem Resultat: Der Pfälzerwald ist eines der größten zusammenhängenden Waldgebiete Westeuropas. Er weist weitgehend unzerschnittene Naturräume und eine hohe biologische Vielfalt auf – was nur noch selten in Westeuropa zu finden ist. Die Anregung des MAB war daher, den Pfälzerwald noch mehr zu schützen als bisher. Die Entwicklung von Windkraft im Pfälzerwald sieht der MAB mit Sorge. Ihre Empfehlung: im bewaldeten Gebiet komplett auf Windenergieanlagen verzichten.

Was steht im LEP IV?
Mit der Teilfortschreibung „Erneuerbare Energien“ des LEP IV, die am 11. Mai 2013 in Kraft trat, hat das Land Rheinland-Pfalz Rahmenbedingungen für die Windenergienutzung gesetzt:
­ Die Kommunen sollen Klimaschutzkonzepte aufstellen.
­ Zwei Prozent der Landesfläche sollen für die Windenergienutzung bereitgestellt werden, darunter auch zwei Prozent der Fläche des Waldes.
­ Ein geordneter Ausbau der Windenergienutzung soll im Zusammenwirken von Regionalplanung und Bauleitplanung sichergestellt werden.

Als verbindliche Kriterien für die Festlegung von Ausschlussgebieten für die Windenergienutzung in Rheinland-Pfalz wurden festgelegt bestehende und geplante Naturschutzgebiete;  Kern- und Pflegezonen des Biosphärenreservats Naturpark Pfälzerwald; Kernzonen der UNESCO-Welterbegebiete Oberes Mittelrheintal und Obergermanisch-Raetischer Limes;  landesweit bedeutsame historische Kulturlandschaften (Flächen, die bereits im geltenden LEP IV genannt sind, wie z.B. Moseltal, Lahntal, Vulkaneifel rund um die Maare, etc.) und der Haardtrand (Hangkante des Pfälzerwalds) mit einem Korridor von maximal sechs Kilometern nach Westen, wobei die regionalen Planungsgemeinschaften die jeweiligen Gebiete räumlich konkretisieren sollen.

Die Windhöffigkeit ist entscheidend dafür, ob ein Gebiet Vorranggebiet für die Nutzung von Windkraft werden kann. In der Begründung der Rechtsverordnung wird der Begriff dahingehend konkretisiert, dass Standorte dann als windstark gelten, wenn sie eine durchschnittliche Windgeschwindigkeit von 5,8 bis 6,0 m/sek in 100 Meter über dem Grund aufweisen.

Mit der Ausweisung von Vorranggebieten und Konzentrationsflächen soll auch eine Bündelung der Netzinfrastruktur erreicht werden. Einzelanlagen sollen nur dann genehmigt werden, wenn weitere Anlagen in räumlicher Nähe möglich sind.

Aktuelle Pläne von Städten / Verbandsgemeinden

Gegenwärtig sind im Landkreis Bad Dürkheim 12 Windenergieanlagen mit einer Nennleistung von insgesamt 18.700 kW am Netz. Zwei weitere sind genehmigt mit einer Nennleistung von je 3.000 kW.

Folgende Änderungen ihrer Flächennutzungspläne planen Städte und Verbandsgemeinden im Landkreis, um zukünftig Vorrangflächen für WKA auszuweisen:
VG Grünstadt-Land/Stadt Grünstadt
VG Freinsheim
VG Hettenleidelheim
Neu geplante Konzentrationsflächen für Windenergieanlagen im „Naturpark Pfälzerwald“ und damit innerhalb des deutschen Teils des im Jahr 1998 von der UNESCO anerkannten Biosphärenreservats Pfälzerwald/Nordvogesen:
Gemarkung Ebertsheim (Gemeindeberg) (ca. 22 ha)
Gemarkung Bobenheim am Berg, Weisenheim am Berg, Dackenheim, Herxheim am Berg (ca. 83,3 ha)
Gebiet Tiefenthal (ca. 100 ha)

Gemarkung Stadt Grünstadt, Battenberg, Kirchheim, Kleinkarlbach, Neuleiningen
(Im Wald) (ca. 267 ha)
Gemarkung Herxheim am Berg, Kallstadt (ca. 16,7 ha)
Gebiet Wattenheim (Wattenheimer Häuschen) (ca. 51 ha)

Gemarkung Weisenheim am Sand, Kallstadt (ca. 79,5 ha)
Gebiet  Altleiningen/Höningen (Leuchtenberg) (ca. 67 ha)

Gemarkung Freinsheim (ca. 44,6 ha)
Gebiet nördlich Carlsberg (Türkberg) (ca. 33 ha)
Summe: ca. 289 ha
Summe: ca. 224 ha
Summe: ca. 251 ha

Außerhalb des „Naturparks Pfälzerwald“ neu geplante bzw. schon vorhandene Konzentrationsflächen für Windenergieanlagen:
Gemarkung Kindenheim (Kahlenberg) (ca. 111 ha)

Gemarkung Obrigheim (Kranichsweide) (ca. 43 ha)

Gemarkung Dirmstein (Stahlberg Ost) (ca. 24 ha)

Summe: ca. 178 ha

Damit werden von den Kommunen im nördlichen Landkreis zur Zeit  80 % der Konzentrationsflächen im Naturpark geplant, nur knapp 20 % außerhalb des Naturparks. (kv-düw)

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