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Wie Ärzte in die Südpfalz locken? Kreistag stimmt für Koordinierungsstelle

Kreistag am 4. April 2022.
Foto: Rolf H. Epple/Pfalz-Express

Kreis Germersheim/Südpfalz – Wie kann man mehr niedergelassene Ärzte in die Südpfalz locken? Der Blick in die Zukunft ist momentan düster. Viele Ärzte gehen in den nächsten Jahren in Rente, zahlreiche Praxen finden keine Nachfolger. Wie also die ärztliche Versorgung sicherstellen?

Der Kreistag des Landkreises Germersheim hat sich am Montag deutlich positioniert: Es soll eine südpfalzweite „Koordinierungsstelle für ärztliche Versorgung“ geben. Fast alle Kreistagsmitglieder stützen den Vorschlag der Verwaltung und stimmten dafür. Darin beinhaltet ist auch eine Evaluierung. Nur die AfD-Fraktion stimmte nicht zu und blieb mit zwei Enthaltungen und zwei Nein-Stimmen beim Beschluss außenvor. Kopfschütteln begleitete die Begründung des AfD-Sprechers (siehe unten). 

Was tut die Koordinierungsstelle? 

Die gemeinsame Koordinierungsstelle soll beispielsweise die Gründung einer Ärztegesellschaft unterstützen, gezieltes Marketing betreiben und ein regionales Gesundheitsnetzwerk innerhalb der Metropolregion aufbauen.

Universitäre Beratung

Der Erste Kreisbeigeordnete Christoph Buttweiler hat unter anderem auf Basis der fachlichen Stellungnahme von Prof. Dr. Christiane Saure vom Zentrum für Gesundheit und Recht der Frankfurt University of Applied Sciences den Projektvorschlag erarbeitet. „Wir brauchen eine Geschäftsstelle und die wiederum braucht Mitarbeiter“, sagte Buttweiler.  

Foto: Pfalz-Express

SÜW und Landau sollen und wollen mitmachen [1]

Die Fragestellung: Wie attraktiv ist die Region für junge Ärzte bzw. für etablierte Niedergelassene, wie viel muss noch investiert werden, mit welchem Aufwand kann eine Praxis realisiert werden? Mit ins Boot geholt werden sollen die Kommunen im Kreis, der Landkreis Südliche Weinstraße und die Stadt Landau. Die Entscheidung der Gremien in SÜW und Landau über eine Beteiligung steht noch aus.

Kassenärztliche Vereinigung mitbezahlen

Landrat Dr. Fritz Brechtel bedankte sich für die mehrheitliche Unterstützung des Projekts. Auf Anregung von Kreistagsmitgliedern soll es zusätzlich das begleitende Monitoring und eine Auswertung nach zwei Jahren geben. Aber auch die Kassenärztliche Vereinigung soll von der Kreisverwaltung angeschrieben und eindringlich um Maßnahmen für eine gute Ärzteversorgung gebeten werden – eine Anregung von Anette Klos von den Freien Wählern. „Wir schreiben freundlich, aber deutlich an die KV“, versicherte Brechtel.

Für die nächsten zwei Jahre wird mit Projektkosten von rund 125.000 Euro gerechnet. 50 Prozent davon sollen bei Zustimmung aller Gremien auf die Landkreise Germersheim und Südliche Weinstraße und die Stadt Landau entfallen, die andere Hälfte trägt die Ärztegruppierung, die die Koordinierungsstelle einrichten wird.

Stimmen der Kreistagsmitglieder

Martin Brandl (CDU) mahnte an, Hürden abbauen, um den Ärzten den Weg in die Landkreise zu ebnen. Besonders im nördlichen Kreis Germersheim sei die Versorgungslage innerhalb von drei Jahren von 96 Prozent auf 82 Prozent gefallen.

Dr. Dennis Nitsche (SDP) begrüßte den Vorstoß, und sagte, es müsse nicht nur auf Kreisebene, sondern auch in den Kommunen etwas getan werden.

Ursula Radwan (Grüne) empfahl, mit den Ärzten direkt zu besprechen, was notwendig sei. Diese wüssten am besten, was gebraucht würde. Außerdem gelte es, Doppelstrukturen zu vermeiden.

Christian Völker (FDP) erinnerte an eine gerechte Kostenverteilung zwischen den Landkreisen Germersheim und Südliche Weinstraße und der Stadt Landau.

Anette Klos (FWG) sagte, das Geld müsse eigentlich die Kassenärztliche Vereinigung in die Hand nehmen, die man an ihre Verpflichtung erinnern müsse. Der Landrat sicherte zu, die KV zu kontaktieren (siehe oben).

AfD verärgert Kreistagsmitglieder

Die AfD mahnte ebenfalls Vorsicht bei Doppelstrukturen an. Sprecher Gerd Unterforsthuber zog indessen den Unmut der anderen Kreistagsmitglieder auf sich, weil er auf dem Weg zum Rednerpult die Maske jedes Mal etwa 10 bis 20 Zentimeter vor Mund und Nase hielt, sie aber (nach Hausrecht) nicht aufsetzte.

Der Ärztemangel werde ja wohl mit Corona begründet, meine Unterforsthuber, aber da die Grippe in den letzten zwei Jahren quasi ausgefallen sei, müssten doch wohl Kapazitäten frei sein. Das wiederum brachte Klos auf die Palme – das eine habe nichts mit dem anderen zu tun. In Germersheim beispielsweise sei von heute auf morgen eine Praxis geschlossen worden, 2000 Patienten seien plötzlich ohne Arzt dagestanden. „Ich wünsche Ihnen nicht, dass Ihnen so etwas passiert, wenn Sie krank sind“, sagte Klos.

Landrat Brechtel merkte gegenüber Unterforsthuber an, die Verschlechterung der Ärzteversorgung in den nächsten Jahren sei absehbar. Das habe nicht direkt etwas mit Covid zu tun. Unterforsthuber entgegnete, die AfD werde nicht zustimmen, der Kreis sei zu hoch verschuldet. (cli/kv)

Mehr zu den anderen Themen der Kreistagssitzung demnächst. 

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