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Weinbautage 2020 in Neustadt: Aktuelle Agrar- und Weinbaupolitik im Fokus des Großen Pfälzer Weinbautages

Stephan Schindler begrüßt die Gäste.
Fotos (auch Galerie): Pfalz-Express/Ahme

Neustadt. Bei der Jahreshauptversammlung des Weinbauverbandes Pfalz im Bauern- und Winzerverband Rheinland-Pfalz Süd e.V., dem Großen Pfälzer Weinbautag am 14. Januar standen das Agrarpaket der Bundesregierung und die anstehende Reform des Weingesetzes im Mittelpunkt der politischen Diskussion.

Auf dem Podium hatten Bundeslandwirtschaftsministerin Julia Klöckner, der Präsident des Weinbauverbandes Pfalz, Reinhold Hörner, die Vizepräsidenten Boris Kranz, Thomas Weiter, Stephan Schindler, Staatsminister Volker Wissing und Eduard Bernhard (er hielt später ein Referat zum Südtiroler Wein), Platz genommen.

Stephan Schindler begrüßte die Anwesenden im voll besetzten Saalbau und fand klare Worte. Er sprach von Trockenheit und Hagel, von den Bauernprotesten im ganzen Land, von fehlender Wertschätzung für Produkte und Arbeit in der Wein-und Landwirtschaft.

Fridays for future-Aktivisten seien Ideologen, redete sich Schindler in Rage: „Mehr können die nicht! Wir Bauern treten schon immer für Insektenschutz ein – wir haben unsere Hausaufgaben gemacht!“

„Mit Sorgen schauen wir in die Zukunft“, sagte Reinhold Hörner. Er sieht durch aktuelle politische Entscheidungen die Wettbewerbsfähigkeit des Weinbaus gefährdet. „Die Demos sollten gezeigt haben, dass wir mit dem Rücken zur Wand stehen. Ich hoffe, dass die Proteste der vergangenen Monate die Verantwortlichen endlich wachrütteln und die Sorgen unseres Berufsstandes ernst genommen werden.“

Zu großer Kritik in der Region führe insbesondere das Aktionsprogramm Insektenschutz, das in bestimmten Schutzgebieten massive Einschränkungen beim Pflanzenschutz vorsieht. Von den geplanten Verboten wären mehr als 3.000 Hektar Rebfläche im Anbaugebiet betroffen.

Traditionell gibt es vor und im Saalbau eine Ausstellung zu Weinbauthemen.
Foto: Pfalz-Express/Ahme

Hörner sprach sich deutlich gegen die angekündigten Maßnahmen aus. Er appellierte an die anwesende Bundeslandwirtschaftsministerin Klöckner, die Kooperationsbereitschaft der Winzer im Hinblick auf den Erhalt der Artenvielfalt anzuerkennen und von pauschalen Verboten abzurücken.

Mit artenreichen Begrünungen, biotechnischem Pflanzenschutz oder der Teilnahme an Biodiversitätsprojekten zeigten die Winzer, dass sie Verantwortung übernehmen und sich bereits vielfältig engagieren.

Viele Berufskollegen fühlten sich daher von Naturschutzverbänden und Teilen der Politik zu Unrecht an den Pranger gestellt, was zu großer Frustration führe, gerade bei der jungen Generation.

Dies sei auch mit Blick auf die erneute Überarbeitung der Düngeverordnung der Fall. Hier nahm der Weinbaupräsident die Landesregierung in die Pflicht und forderte eine einheitliche Überprüfung des Messnetzes, das die Grundlage für die Ausweisung der sogenannten Roten Gebiete bildet, in denen zusätzliche Verschärfungen bei der Düngung vorgesehen sind.

Eduard Bernhart sprach über den Südtiroler Wein und dessen Vermarktung.
Foto: Pfalz-Express/Ahme

Eine weitere Herausforderung sei die anstehende Reform des Weingesetzes mit einer Überarbeitung des Weinbezeichnungsrechtes.
Hörner dankte Klöckner, dass sie sich dieser „großen Aufgabe“ annimmt, auch wenn es noch einige Punkte gebe, die von der Pfälzer Winzerschaft in der aktuellen Form nicht mitgetragen werden könnten.

Die Pfälzische Weinkönigin Anna-Maria Löffler sprach  ein Grußwort.
Foto: Pfalz-Express/Ahme

Eine solch umfassende Reform sei ein intensiver Abstimmungsprozess, in dem unterschiedliche Interessen innerhalb der Weinbranche zusammengebracht werden müssten.
Für Hörner ist unabhängig davon aber entscheidend, dass das Bezeichnungsrecht mit Blick auf den Verbraucher weiterentwickelt wird.

„Wir brauchen eine transparente, nachvollziehbare Bezeichnung unserer Weine, die dem Kunden beim Einkauf eine verlässliche Orientierung bietet.“ Bezüglich der Ausgestaltung auf regionaler Ebene sei man mit dem rheinland-pfälzischen Weinbauminister Dr. Wissing, der ebenfalls in den Neustadter Saalbau gekommen war, in guten Gesprächen.

Der Weinbaupräsident betonte, dass der Erfolg der Winzer von ihrem handwerklichen Können in Weinberg bzw. Keller und der Kreativität in der Vermarktung abhängen sollte und nicht von politischen Rahmenbedingungen.

Vor diesem Hintergrund sprach er auch die von den Vereinigten Staaten verhängten Strafzölle auf Wein an. Es könne nicht sein, dass deutsche Winzer die Leidtragenden eines Rechtsstreites in der Luftfahrtindustrie seien. Er forderte die Bundesregierung deshalb auf, sich auf europäischer Ebene für eine schnellstmögliche Beendigung des Handelskonfliktes einzusetzen.

Abseits aller politischer Diskussionen hätten die Winzer laut Hörner aber ein zufriedenstellendes Jahr hinter sich.  Zwar sei der Jahrgang 2019 mengenmäßig deutlich kleiner ausgefallen als im Vorjahr, aber qualitativ sei er diesem mindestens gleichzusetzen. Die Ergebnisse der täglichen Arbeit der Winzer entwickelten sich auf hohem Niveau immer weiter und seien national wie international anerkannt. Er blicke deshalb trotz aller Unwägbarkeiten optimistisch ins neue Jahr.

Weinbaupräsident Reinhold Hörner: „Das Agrarpaket wird Existenzen vernichten!“
Foto: Pfalz-Express/Ahme

„Wir werden den Vorschlägen von Julia Klöckner zur Düngeverordnung nicht zustimmen“, erklärte Dr. Wissing in seinem Statement. Weiteres werde bei einem Agrargipfel im Februar beraten.

Bezüglich des geplanten neuen Weingesetzes: Im Übrigen sei er für Transparenz auch für den Verbraucher. Mit der neuen Deklarierung könne diese Transparenz erzielt werden. Dies wäre gut für den Verbraucher, würde den Wettbewerb stärken und den Markt positiv erweitern.

Ein großes Problem seien die amerikanischen Strafzölle. 90 Prozent des exportierten deutschen Weines käme aus Rheinland-Pfalz: „Die Winzer sehen die Entwicklung mit Schrecken“, so Wissing. Man hätte seinerzeit ein transatlantisches Freihandelsabkommen mit Obama schließen sollen, das habe man damals versäumt.

Staatsminister Dr. Volker Wissing: „Wir haben viele Fragen zu klären!“
Foto: Pfalz-Express/Ahme

Eine Verbesserung des Image der Landwirtschaft will Julia Klöckner erreichen. „Ich will zwischen Produzent und Konsument vermitteln“, so Klöckner. Auch sie hofft auf ein neues Kennzeichnungssystem und bringt Stützungsprogramme der EU für Winzer ins Spiel, die unter den amerikanischen Strafzöllen leiden.

Klöckner: „Wir brauchen eine bundesweite Vereinheitlichung der Nitrat-Messung“. Sie fordere das Bundesumweltministerium und die Bundesländer auf, eine solche zu erarbeiten.

Julia Klöckner: „Mir geht es um Ehrlichkeit im Umgang miteinander!“
Fot: Pfalz-Express/Ahme

In der anschließenden, heftigen Diskussion meldeten sich Bauern und Winzer aus dem Publikum zu Wort und machten ihrer Enttäuschung zur Landes-und Bundespolitik Luft.

Im Rahmen der Veranstaltung wurden Innovationspreise im Dualen Studiengang Weinbau und Oenologie RLP verliehen. (desa)

Verleihung der Innovationspreise an Fabio Fehrenbach, Moritz Jörg und Isabell Spieß (im Hintergrund).
Foto: Pfalz-Express/Ahme

 

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