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Weihnachtsbrief des Neustadter Bürgermeisters: „Pauschalverdächtigungen der Flüchtlinge lehne ich ab“

Im Oktober gab es eine Infoveranstaltung. Bürgermeister Röthlingshöfer stellte das Projekt der Stadt vor, wonach in der Böhlstraße zwei Wohngebäude als Unterkunft für Geflüchtete gebaut werden sollen. Foto: Pfalz-Express/Ahme [1]

Im Oktober gab es eine Infoveranstaltung. Bürgermeister Röthlingshöfer stellte das Projekt der Stadt vor, wonach in der Böhlstraße zwei Wohngebäude als Unterkunft für Geflüchtete gebaut werden sollen.
Foto: Pfalz-Express/Ahme

Neustadt. Neustadts Bürgermeister Ingo Röthlingshöfer wendet sich kurz vor Weihnachten in einem offenen Brief an die Neustadter Bürger.

Röthlingshöfer schreibt:

Werte Unterstützerinnen und Unterstützer in der Flüchtlingsarbeit,
meine sehr geehrten Damen und Herren,

ich freue mich, Ihnen in diesem Jahr vor den Weihnachtsfeiertagen und dem Jahreswechsel persönlich schreiben zu können.

Das dokumentiert bereits deutlich, dass sich die Dynamik des Flüchtlingsthemas auch in unserer Stadt deutlich verändert hat.
Denn im Dezember 2015 fand ich einfach nicht die Zeit für einige Zeilen an Sie.

Aktuell bin ich, und das geht sicherlich auch Ihnen nicht anders, gefühlsmäßig ziemlich zerrissen.

Einerseits bin ich froh und dankbar dafür, wie gut wir die Herausforderung in Neustadt an der Weinstraße bislang gemeinsam gemeistert haben.

Anderseits beschäftigt mich das Ereignis von Berlin ziemlich stark und macht mich unendlich traurig. Vieles, was sich überall an positivem Engagement zeigt, wird so in wenigen Minuten fast zerstört.
Und fassungslos machen mich die Kommentare, die ich zur Thematik im Internet lesen muss.

Ich habe auch wenig Verständnis für den sofortigen Ruf nach einer veränderten Sicherheits- und Flüchtlingspolitik, kaum kamen die ersten schrecklichen Nachrichten aus Berlin.
Denn ich sehe überhaupt keinen Ansatzpunkt, um so terroristische Gefährdung in den Griff zu bekommen.

Gestern „machte“ mich ein Bürger auf dem Weihnachtsmarkt ziemlich massiv an: Ich hätte doch gesagt, Flüchtlinge seien nicht gefährlich.
Und ja, ich bleibe dabei! Flüchtlinge sind nicht gefährlich!

Es sind immer einzelne Personen unter den Flüchtlingen, denen man Gefährlichkeit zuschreiben kann und muss.

Und diesen Menschen muss man mit den Mitteln und der möglichen Härte eines Rechtsstaates konsequent begegnen.
Pauschalverdächtigungen und -urteile, wie sie jetzt gerade wieder aktuell so beliebt sind, lehne ich aber nach wie vor ab.

Die vielen Ehrenamtlichen und die Mitarbeiter im Flüchtlingsbereich unserer Stadtverwaltung haben auch in 2016 Großartiges geleistet.

Dafür bin ich allen von Herzen dankbar. Wir zeigen gemeinsam Tag für Tag, wie eine menschenfreundliche Stadt im gemeinsamen Miteinander lebt. Und ganz glücklich bin ich darüber, dass viele junge Menschen ein starkes Engagement zeigen.

Wir werden ab Januar nun gemeinsam mit dem Fotokünstler Thomas Brenner (Kaiserslautern) daran arbeiten, das Ehrenamt im Flüchtlingsbereich auch optisch zu präsentieren.
Und ich bin sicher, wir können uns damit sehen lassen.

Ich wünsche Ihnen gesegnete Weihnachtsfeiertage und einen schönen Jahreswechsel.
Gemeinsam sehen wir uns in dem Wunsche nach friedvollen Zeiten vereint, hier in Neustadt an der Weinstraße ebenso wie überall in der Welt.

Alles Gute, auch im Namen von Marion Walz sowie den Kolleginnen und Kollegen hier im Haus wünscht,

Ingo Röthlingshöfer
Bürgermeister

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