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Verfassungswidrige Fusion beschäftigt Landrätin und Gäste beim Kreisempfang

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Der Kreisempfang bietet traditionell die Gelegenheit, miteinander ins Gespräch zu kommen.
Fotos: Pfalz-Express/Ahme

Landau. Der Landkreis feierte seinen 46. Geburtstag wieder mit vielen Gästen. Bei bestem Wetter begrüßte Landrätin Theresia Riedmaier Vertreter aus Politik, Institutionen und Vereinen sowie Gäste aus 20 verschiedenen Nationen.

Die Tradition den Geburtstag des Landkreises zu feiern, geht auf die damalige  Kommunalreform zurück, als die Landkreise Bad Bergzabern und Landau fusionierten, was als eine „sehr gute Symbiose zum Erfolg der „Südlichen Weinstraße geführt habe, so Riedmaier. „Mit der Namensgebung wurden wir sozusagen neu erfunden“.

Natürlich war klar, dass das Stichwort „Fusion“ nicht einfach so unkommentiert stehen bleiben konnte, hatte doch tags zuvor der Verfassungsgerichtshof die Fusion der beiden VGs Maikammer und Edenkoben als nicht verfassungskonform erklärt (siehe unser Bericht im Pfalz-Express) [2]. Das Thema beschäftigte auch die Gäste des Kreisempfangs und sorgte für entsprechenden Gesprächsstoff.

Riedmaier betonte, sie sei weit entfernt davon, Richterschelte zu machen. „Ich habe eine persönliche Meinung dazu. Aber ich bedauere schon, dass alle, die im letzten Jahr daran gearbeitet haben, eine Integration der Gemeinden zu bewerkstelligen und eine Verwaltung neu zu fassen, nun vor einem Anfang stehen oder vor einem Ende.

Sie werden mit einem Gefühl der Enttäuschung die Situation betrachten. Für einen Teil der Bürgerschaft wird es eine starke Verunsicherung geben, was ich sehr bedauere. Wir werden das Urteil werten und studieren und sehen, wie wir letztlich damit umgehen.“

Nach diesem Exkurs in aktuelle Entwicklungen, wandte sich Riedmaier an spezielle Gäste wie den Edenkobener Benedikt Hild.

Der junge Mann bekam eine Auszeichnung für einen Film über seine pfälzische Heimat: „Normal Pfälzer Day“. Der Bürgermedienpreis der Landeszentrale für Medien und Kommunikation würdigt interessante und wertvolle Sendebeiträge. Auf unterhaltsame Weise habe Hild die Mentalität der Pfälzer nachgezeichnet. Riedmaier nannte weitere junge Talente wie die Filmemacherin Linda Klinkhammer aus Billigheim, die jetzt in Bad Schönborn lebt und eine Auszeichnung für ihren Dokumentar-Film (Debüt) „Nach dem Abgrund einfach weiter“ bekommen hat. „Das ist Journalismus im besten Sinne“, so Riedmaier.

In diesem Jahr hatte die Landrätin knapp 100 Persönlichkeiten der ehrenamtlichen Flüchtlingshilfe eingeladen.

„Ich möchte damit ein Zeichen setzen, dass Ihre Arbeit für Menschen in Not, Fremdheit, Hilflosigkeit beachtet wird. Wir Kommunalpolitiker möchten dieses nicht selbstverständliche Engagement hervorheben und Ihnen für Hilfsbereitschaft, Warmherzigkeit und Tatkraft danken.“

Riedmaier wolle auch ein Zeichen setzen, dass  Flüchtlinge im Landkreis und beim Kreisempfang willkommen sind. Sie begrüßte Personen aus Syrien, Afghanistan, Pakistan, Ägypten, Eritrea, Somalia, Georgien, Irak, Guinea, Nigeria, Armenien, Serbien, Kosovo, Mazedonien und anderen Ländern.

Neben der musikalischen Umrahmung mit dem Mittelstufenblasorchester der Kreismusikschule gab es Musik aus Eritrea. Iseiias Nugusse und Filimon Hailay musizierten mit selbstgebastelten Instrumenten und erhielten dafür auch großen Beifall.

„Viele ehrenamtlich engagierte Bürger geben Unterstützung in der Alltagsorganisation, durch Sprachunterricht, bei Behördengängen oder für die notwendige Gesundheitsversorgung. Sie leisten viel durch nachbarschaftliche Hilfe und dafür bin ich sehr dankbar.“ In der Verwaltung seien einige zusätzliche Stellen geschaffen worden.

„In unserem Landkreis haben wir derzeit etwas mehr als 500 Asylsuchende aufgenommen; wir gehen davon aus, dass zum Jahresende mehr als 900 Flüchtlinge hier betreut werden müssen. Daraus ist zu ermessen, wie ernst und groß die Aufgaben sind, die vor uns allen liegen.“

Riedmaier beleuchtete weitere Erfolge des Landkreises: „Für unsere Gemeinden von enormer Bedeutung ist die Dorferneuerung – auch und gerade in den Zeiten des demographischen Wandels. Klingenmünster hat im Landeswettbewerb „Unser Dorf hat Zukunft“ die Goldmedaille und den Demographie-Preis erkämpft. Das ist eine tolle Auszeichnung, die nicht nur die Gemeinde, sondern auch die Verbandsgemeinde und den Landkreis schmückt. Neu auf den Weg gemacht zu überregionalen Auszeichnungen haben sich dieses Jahr die Kreissieger Rohrbach, Weyher, (Hayna und Niederhorbach). Jede Gemeinde hat ein eigenes Profil und gute Chancen auf Erfolg. Wir haben den Schulentwicklungsplan fortgeschrieben. Er wird Anfang Juli im Kreistag vorgestellt und diskutiert.“

Die  Schullandschaft sei „hervorragend“ ausgebildet mit einer hohen Durchlässigkeit imSchulsystem und durch die Fachoberschulen sei auch eine Aufwertung der Schulstandorte erreicht worden.

Der Geburtenrückgang mache sich in den Grundschulen und in der Folge auch in den weiterführenden Schulen bemerkbar. Deshalb müsse man gezielt daran arbeiten, Schulen und Schulstandorte zu profilieren und hoch attraktiv zu halten.

In den letzten Monaten habe man  sehr intensiv an der Pflegestrukturplanung gearbeitet. Der Kreistag wird sich Anfang Juli damit  befassen. Aufgabe als Landkreis, als Gemeinden und Städte, sei es, die Strukturen der ambulanten Hilfen zu stärken und weiter auszubauen. Und es sei wichtig, neue Wohnformen zu entwickeln, die Selbständigkeit, fürsorgliche Begleitung und zeitweise Betreuung miteinander verbinden.

Eine andere große Aufgabe sei der Ausbau der Breitbandversorgung. Die Digitalisierung werde als die nächste große „strukturelle Revolution“ betrachtet: „Für die Attraktivität, die Konkurrenzfähigkeit und die Lebensqualität des ländlichen Raums gewinnt das immer mehr an Bedeutung“, erklärt Riedmaier.

„Verglichen mit anderen Landkreisen und ländlichen Regionen sind wir aktuell in einem mittleren bis guten Ausbaustand. Weil die Erwartungen der Bürgerschaft und der Unternehmen aber viel schneller wachsen, als die Glasfaser-Adern in den Leerrohren, müssen wir den Breitbandausbau auch zu einem kreispolitischen, kommunalpolitischen gemeinsamen Projekt machen.“

Sobald die in Arbeit befindliche Machbarkeitsstudie des Landes die wichtigen Grundlagen vorliege, werde Riedmaier den Kreisgremien vorschlagen, „dass wir uns als Cluster („Förderregion“) bewerben und insbesondere jenen Gemeinden helfen, die – nicht selbst verschuldet sondern oft aufgrund auch topographischer Nachteile – noch nicht so weit fortgeschritten sind, wie jene in den besseren Lagen.“

Der Kreisempfang gehörte dem Dialog und der Begegnung. Deshalb sprach die Landrätin viele Themen, die auf der Agenda des Kreises stehen wie Inklusion, Energiewende und Windkraft, Wein- und Tourismuswerbung, Wertstoffwirtschaft, Streik der Erzieherinnen, grenzüberschreitende Zusammenarbeit, etc. nicht explizit an.

Sie appellierte aber an die Anwesenden, sich in vielen Bereichen zu engagieren. „Wir alle haben etwas zu verschenken und werden beschenkt mit Zeit, Freundlichkeit und Erfüllung. (desa)

 

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