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Toter Terrorverdächtiger Jaber Albakr: Sächsische Justitz sah „keine akute Selbstmordgefahr“

Jaber Albakr ist tot. Quelle: lka, Polizei Sachsen [1]

Jaber Albakr ist tot.
Quelle: lka, Polizei Sachsen

Dresden – Der Chemnitzer Terrorverdächtige Jaber Albakr hat sich am Mittwochabend in der Haftanstalt Leipzig in seiner Zelle erhängt. Bei eine Pressekonferenz mussten die sächsischen Justizbehörden erklären: Wie konnte es dazu kommen?

Justizminister Sebastian Gemkow, CDU, sagte: „Das hätte nicht passieren dürfen.“ Man habe alles unternommen, um den Suizid verhindern, aber: „Es ist aber leider geschehen.“ Gemkow übernimmt die „politische Verantwortung“, zurücktreten will er jedoch nicht.

Der Anstaltsleiter der JVA Leipzig, Regierungsdirektor Rolf Jacob, sagte, man sei nicht von einer „akuten Selbstmordgefahr“ ausgegangen. Bei seiner Einlieferung seien zwar Sicherungsmaßnahmen wegen einer möglichen Suizidgefahr verfügt, aber kein Hinweis auf eine „akute Selbstmordgefahr“ festgestellt worden.

Albakr wurde laut Jacob in Einzelhaft untergebracht, um andere Gefangene oder das Personal nicht zu gefährden. Zuvor war er in einen Hunger-und Trinkstreik getreten, möglicherweise, weil er gehofft habe, „so schneller abgeschoben zu werden“, mutmaßte Jakob. Er habe aber ständig Essen und Wasser zur Verfügung gehabt, sei sogar duschen gewesen.

Aufgrund von Sprachschwierigkeiten habe man sich mit Albakr nur schwer verständigen können. Der Dolmetscher sollte am nächsten Morgen zur Verfügung stehen.

Man habe zunächst 15-minütige Kontrollen festgelegt. Später sei das Kontrollintervall auf 30 Minuten erhöht worden, zum Todeszeitpunkt war aber aus Zufall trotzdem nach 15 Minuten eine zusätzliche Kontrolle durchgeführt worden. Eine Justizvollzugsanwärterin habe den Gefangenen gefunden – er hatte sich mit seinem Hemd am Vorgitter seines Haftraums stranguliert.

Binnen Sekunden – „nach Drücken des Notknopfs“ – seien weitere Kollegen zur Stelle gewesen, kurz darauf auch der Arzt und Notarzt. Man habe eine halbe Stunde lang versucht, den Leblosen zu reanimieren, ohne Erfolg.

Die vom Terrorverdächtigen zuvor zerbrochene Lampe und eine Manipulation an einer Steckdose hatte man für Vandalismus gehalten, so Jacob. Daraufhin sei die Zelle die Nacht über „stromlos“ geschaltet worden. Die Gefängnis-Psychologin habe den Verdächtigen als ruhig und sachlich erlebt. Albakr habe sich für den Haftalltag interessiert.

Eine Videoüberwachung ist im sächsischen Strafvollzug nicht vorgesehen. Im Gesetz heiße es wörtlich: „Die Videoüberwachung von Hafträumen ist ausgeschlossen.“ Eine sogenannte „Sitzwache“ gab es nicht, weil keine Suizidgefahr erkannt wurde. Diese soll es nun aber für den ebenfalls inhaftierten mutmaßlichen Komplizen in Dresden geben.

Der 22-Jährige Albakr war in der Nacht zum Montag festgenommen worden, weil er in einer Chemnitzer Wohnung 1,5 Kilo Sprengstoff für einen Anschlag gehortet haben soll. Die Behörden gingen von einem geplanten Anschlag auf die deutsche Verkehrsinfrastruktur und von einer Verbindung zur Terrororganisation „Islamischer Staat“ aus. (red/dts Nachrichtenagentur)

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