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Südpfälzer SPD-Politiker besuchen Erstaufnahmeeinrichtung Ingelheim: Es läuft – aber es fehlt an Vielem

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Symbolbild: Foto: dts Nachrichtenagentur

Ingelheim/Südpfalz – Die Europa-Abgeordnete Jutta Steinruck, der Südpfälzer Bundestagsabgeordnete Thomas Hitschler, der Kuhardter Carsten Welsch und Ziya Yüksel von der AG Migration und Vielfalt (alle SPD) besuchten die Erstaufnahmeeinrichtung für Flüchtlinge in Ingelheim.

Die Aufnahmeeinrichtung für Asylbegehrende (AfA) in Ingelheim war ursprünglich für 200 Personen ausgelegt. Als die Politiker die Einrichtung besichtigten, hätten sich etwa 1000 Flüchtlinge auf dem Gelände befunden, berichtet Ziya Yüksel.

Möglich geworden sei die Aufstockung hauptsächlich durch nachträglich aufgebaute Container, die einen komfortablen und soliden Eindruck hinterlassen hätten. In einigen Verwaltungsgebäuden sei ein „hektisches, aber kein unkontrolliertes Treiben“ bemerkbar gewesen.

In Ingelheim müsse man sich dennoch mit Matratzen auf den Fluren behelfen. Vor den Räumen der Registrierungsbüros hätten viele Asylbegehrende gewartet. Trotz der aktuellen hohen Belegunghabe es bislang wenig Spannungssituationen und kritische Ereignisse gegeben.

Die AfA sei gut organisiert und aufgestellt, meint Yüksel. So werden die Neuankömmlinge zuerst registriert und danach gleich mit einem Fahrdienst zur Grunduntersuchung zum Gesundheitsamt gefahren.

Allerdings seien die Verantwortlichen, Mitarbeiter und ehrenamtlichen Helfer fast ausschließlich mit der Grundversorgung beschäftigt (Schlafplatz, Essen,Registrierung, Gesundheitsuntersuchung/Fahrdienste, Kleidung).

Bei der Einteilung der Wohnräume oder Schlafplätze in der AfA werde auch auf die Religion geachtet: „Es gibt keine kritischen Mischungen“, so Yüksel.

Zur Untätigkeit verdammt

Allerdings gebe es für eine sinnvolle Beschäftigung und auf die Vorbereitung auf das Leben in Deutschland zur Zeit keinen Raum und keine Möglichkeiten, mit Ausnahme der Kompetenzerfassung.

Workshops als Vorbereitung auf die Arbeitswelt fänden in gesonderten Räumen statt. Die Kompetenzerfassung erfolge durch mehrsprachige Mitarbeiter der Arbeitsagentur. Der Erfassungsbogen folge dem Asylbewerber zur jeweiligen Agentur am zugewiesenen Wohnort.

Einige Flüchtlinge würden mit anpacken und für praktische und organisatorische Tätigkeiten eingesetzt: „Manche helfen auch beim Übersetzen, zum Beispiel bei der Registrierung.“

Für Kinder gebe es in der AfA keine Schulpflicht. Eine Art Kita sorge für pädagogische Beschäftigung und Ablenkung. Wichtig für die Flüchtlinge, um Kontakt in die Heimat zu halten: Es gibt W-Lan in der AfA.

Nicht mehr lange machbar

Als Resümee wurde unter anderem gezogen: „Die AfA funktioniert, da alle am Maximum arbeiten. Auch Flüchtlinge tragen zu den geordneten Abläufen bei, trotz körperlicher und seelischer Wunden bemühen sich alle um ein funktionierendes Miteinander.

Die Situation wird jedoch mit diesem enormen Einsatz (beispielsweise DRK oder THW) nicht mehr lange diese Tätigkeiten an der Grenze des Machbaren leisten können. Ehrenamtliche werden, wenn sich nicht bald etwas ändert, die Leistung bald nicht mehr bringen können.

Institutionelle Unterstützung (z.B. Fachpersonal zum Einlernen von Ehrenamtlichen) muss sehr bald kommen.

Die Kompetenzerfassung ist vorbildlich und hilft bei der späteren Eingliederung in die Arbeitswelt.“

 Schnellere Bearbeitung der Anträge dringlich

Ziya Yüksel hat diesbezüglich noch mehr Ideen, besonders da die Prüfung der Asylanträge viel zu lange dauert. Während der Wartezeit gebe es weder eine sinnvolle Beschäftigung noch Arbeit. Da sei eine lange Zeit der Ungewissheit und Perspektivlosigkeit.

Für Flüchtlinge mit hoher Bleiberechtsperpektive solle es eine beschleunigte Anerkennungsprüfung geben, so Yüksel. Dies würde die Eingliederung in die Gesellschaft und den Arbeitsmarkt beschleunigen und Kapazitäten in den AfAs freischaufeln.

Außerdem: „Wir brauchen dringend mehr Erstaufnahmeinrichtungen in Rheinland-Pfalz und dort dringend mehr institutionelle Unterstützung. Sonst werden auch die Kommunen nicht entlastet, was weitere hohe Zuweisungszahlen in die Landkreise bedeutet.“

Bisher gebe es wenig sichtbare Mittel für Integration.

Auch bei Angriffen auf Flüchtlinge und Flüchtlingsunterkünfte (etwa 600 seit 2011) seien bislang nur wenig Erfolge zu verzeichnen.

„Die Not und die Ursachen der Flucht haben sich nicht geändert. Solidarität in Europa muss schnell gelingen, weder der Winter noch die Europäischen Grenzen werden Flüchtlinge abhalten. In Wintermonaten muss die Abschiebung von besonders Schutzbedürftigen ausgesetzt werden“, so Yüksel.

Die Unterstützung der Flüchtlingslager in Ländern rund um Syrien in Form von Geld und winterfesten Unterkünften lasse ebenfalls auf sich warten. (red)

 

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