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Speyerer Staatsrechtler warnt Kramp-Karrenbauer vor Regeln für YouTuber

Annegret Kramp-Karrenbauer: Ungeschicktes Agieren rund um die Europawahl. 
Foto: dts Nachrichtenagentur

Speyer  – Der Staatsrechtler Joachim Wieland hält die Überlegungen von CDU-Chefin Annegret Kramp-Karrenbauer zur „Meinungsmache“ im Internet in Wahlkampfzeiten für verfassungsrechtlich bedenklich.

Wörtlich hatte Kramp-Karrenbauer zum Video des YouTubers Rezo [1] gesagt: „Was wäre eigentlich in diesem Lande los, wenn eine Reihe von, sagen wir, 70 Zeitungsredaktionen zwei Tage vor der Wahl erklärt hätten, wir machen einen gemeinsamen Aufruf: Wählt bitte nicht CDU und SPD. Das wäre klare Meinungsmache vor der Wahl gewesen.“

„Was Frau Kramp-Karrenbauer als Meinungsmache bezeichnet, ist Ausdruck der verfassungsrechtlich gesicherten Meinungs- und Pressefreiheit“, sagte der Professor an der Hochschule für Verwaltungswissenschaften in Speyer dem „Handelsblatt“. „Es wäre verfassungswidrig, wenn der Staat solche Wahlempfehlungen in den klassischen Medien oder im Internet verbieten oder sonst regulieren würde.“

Wieland erinnerte daran, dass das Grundgesetz auch Wahlempfehlungen von Zeitungsredaktionen schütze. „Die sind in Deutschland anders als in anderen Ländern nicht üblich, wären aber selbstverständlich zulässig“, so der Jurist. „Nichts anderes gilt für Meinungsäußerungen im Internet.“

Der Göttinger Staatsrechtler Hans Michael Heinig hält es für legitim, unter dem Eindruck einer sich „dynamisch entwickelnden Medienlandschaft“ danach zu fragen, welcher rechtlichen Bestimmungen es für die „Sicherstellung eines unverfälschten und fairen politischen Wettstreits im Vorfeld von Wahlen“ bedürfe.

„Dabei muss man aber der überragenden Bedeutung der Meinungsfreiheit für den demokratischen Prozess gerecht werden“, sagte Heinig. Wahlempfehlungen durch Privatpersonen und Unternehmen seien vom Grundgesetz geschützt. Der Jurist gab zudem zu bedenken, dass eine größere Politisierung der Gesellschaft wohl zwangsläufig zu einer konfliktbetonteren Rhetorik führe. „Das muss eine offene Gesellschaft in gewissem Rahmen aushalten.“ (dts Nachrichtenagentur/red)

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