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SPD-Generalsekretär Lars Klingbeil in Klingenmünster: Deutschland könnte innovativstes Land der Welt werden

Wollen die Arbeitswelt in die Moderne führen: Thomas Hitschler, Lars Klingbeil, Monika Ehrstein und Alexander Schweitzer (v.li.).
Fotos: Pfalz-Express/Rolf H. Epple

Klingenmünster – Wie das SPD-Konzept für die Arbeit der Zukunft aussehen soll, war am Donnerstagabend Thema beim Besuch von SPD Generalsekretär Lars Klingbeil in Klingenmünster.

Eingeladen hatten der südpfälzische SPD-Bundestagsabgeordnete Thomas Hitschler und Alexander Schweitzer, Landesminister für Arbeit, Soziales, Transformation und Digitalisierung, ebenfalls SPD. In der Runde mit dabei auch Monika Ehrstein von der IG Metall am Mercedes-Benz Werk Wörth/GLC Germersheim. Die Begrüßungsansprache hielt Bürgermeisterin Kathrin Flory.

Flutopfer gedacht

Obwohl im Garten des Stiftsguts Keysermühle die „Zukunft der Arbeit – Arbeit in Zukunft?“ diskutiert werden sollte, stand das momentan in Rheinland-Pfalz vorherrschende Thema Flutkatastrophe ebenfalls im Vordergrund. Hitschler rief zu Beginn der Veranstaltung zu einer Schweigeminute für die Opfer auf. Applaus gab es danach für die Helfer der Blaulicht-Institutionen.

Thomas Hitschler

Lars Klingbeil sagte, er habe sich die Reise nach Rheinland Reise in Anbetracht der momentanen Lage im Norden nach RLP gut überlegt. Er dankte der Landesregierung für die schnelle Reaktion In dieser schlimmen Krise. Mit Malu Dreyer habe das Land eine tolle und würdige Ministerpräsidentin, die auch den richtigen Ton treffe. Die Hilfebereitschaft in ganz Deutschland berühre ihn „total“.

Lars Klingbeil

Keine Worte für Ausmaß der Katastrophe

Alexander Schweitzer kam gerade aus Andernach. „Keine Begriffe können das beschreiben, was dort passiert ist.“ 128 Tote gebe es Stand 22. Juli, noch etwa 150 Personen würden vermisst. Und das seien nicht jene, die wegen der zerstörten Infrastruktur nicht erreichbar gewesen seien. Um alles wieder aufzubauen in einer neuen Form, in die die Lehren aus dem Katastrophenereignis mit einfließen sollen, werde man Jahre brauchen – und den Bund. „Gut, dass wir einen Finanzminister Olaf Scholz haben“, befand Schweitzer.

Alexander Schweitzer

„Hatten Pläne schon in der Schublade“

Zum Thema Arbeit äußerte sich dann Lars Klingbeil ausführlich. Die andere große Herausforderung, die Corona-Pandemie, habe an sich schon die Arbeitswelt verändert, sagte er. Dadurch, dass die SPD das Konzept zum Beispiel für mehr Homeoffice-Arbeit bereits „in der Schublade liegen“ hatte, habe man viele Arbeitsplätze retten können.

„Brauchen mehr Dynamik“

Die Veränderung der Arbeitswelt sei eine Herkulesaufgabe. „Wir haben 16 Jahre Merkel hinter uns – und es waren keine schlechten Jahre fürs Land. Aber es gab auch Dinge, die nicht gut gelaufen sind. Wir brauchen mehr Dynamik.“

Viele Länder hätten einen enormen Zug nach vorne, so Klingbeil, besonders, wenn es um neue Technologien gehe. „Diesen Anspruch muss Deutschland auch haben. Ich habe keine Lust, dass die Entwicklung und Arbeitsplätze leiden, weil wir nicht in die Pötte kommen.“ Arbeitsbedingungen wie in China oder im Silicon Valley dürfe es hier allerdingsn geben, ebenso wenig wie ein leichtfertiger Umgang mit Daten.  Zudem müsse der Wandel mit den Menschen zusammen passieren. „Fürchtet euch nicht – ist das, was die Sozialdemokratie dazu sagt. Was muss ein Sozialstaat auf der Höhe der Zeit leisten? Die Menschen mitnehmen und qualifizieren. Wir brauchen in Deutschland ausgebildete Fachkräfte.“

Innovationen durch staatliche Investitionen

Die Debatte zum Verhältnis von Staat und Markt sei oft ideologisch, sagte Klingbeil. „Es geht aber nur im Zusammenspiel.“ Große Innovationen seien durch staatliche Investitionen möglich geworden, deswegen dürfe es kein Gegeneinander, sondern solle ein kluges Miteinander geben. Der SPD-Politiker nannte als Beispiel die Elektromobilität, schnelles Internet oder die Wasserstofftechnologie. „Staatliche Investitionen lassen Innovationen entstehen.“ Ein gutes Beispiel aus der jüngsten Zeit sei Biontech [1]. Wachstum sei auch mit Klimaneutralität möglich – nicht gegen die Industrie, sondern mit ihr. „Wenn wir das hinkriegen, könnte Deutschland das innovativste Land der Welt werden. Wichtig bleibt natürlich eine starke Arbeitnehmervertretung.“

Transformationsagentur wird geschaffen

Alexander Schweitzer stimmte zu: „Lars Klingbeil hat mit allem recht, was er sagt. Wir brauchen Arbeitsplätze der Zukunft. Das kann nicht alleine der Markt machen, die Politik muss Grundlagen dafür schaffen.“ In Rheinland-Pfalz habe man zum beispielsweise mit den Konversionsprojekten (Umwandlung militärischer Anlagen in zivile Nutzung, Anm. d. Red.) einen überaus positiven Arbeitskräftesaldo vorweisen können.

Schweitzer kündigte an, eine Transformationsagentur für Rheinland-Pfalz zu schaffen, die auch operativ tätig werden und Weiterbildung in Unternehmen bringen soll. Das Thema Weiterbildung werde oft vernachlässigt. „Wann haben Sie die Bundesbildungsministerin zum letzten Mal zum Thema Weiterbildung reden hören?“

Die Agentur soll auf Unternehmen zugehen und auch die Digitalisierung nahe bringen: „Von Rheinland-Pfalz und für Rheinland-Pfalz.“

Auch die klassischen Wertschöpfungsketten funktionierten nicht mehr wie bisher, so Schweitzer. Ein Unternehmen könne sich heutzutage zum Beispiel keinen großen CO2 Abdruck mehr leisten. „Wir wollen mit Unternehmen ins Gespräch kommen und die Frage behandeln: Wie kann man besser werden?“ Dazu brauche es ein Zusammenspiel von Wirtschaft und Politik und zwar ein zügiges. „Politik ist dann stark, wenn sie schnell von der Idee ins Handeln kommt.“

Zum Schluss sprach Gewerkschafterin Monika Ehrstein. Gewerkschaftliches sei dazu da, um Menschen zu helfen – nicht um Unternehmen zu ärgern. „So verstehen wir unser Engagement. Mit den Unternehmen zusammen das Beste herausholen.“ (cli)

Monika Ehrstein

 

 

 

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