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Sozialminister Schweitzer will Wohnungslosenhilfe weiterentwickeln – Housing First neuer Ansatz

Foto: dts Nachrichtenagentur

„Wohnungslosigkeit ist eine der sichtbarsten und extremsten Formen von Armut. Sie ist mit der Menschenwürde unvereinbar und doch ist sie Teil der sozialen Realität in Rheinland-Pfalz“, sagte Sozialminister Alexander Schweitzer (SPD) aus Bad Bergzabern anlässlich der Plenarsitzung des rheinland-pfälzischen Landtags, der sich mit der gesellschaftlichen Herausforderung von Obdachlosigkeit auseinandergesetzt hat.

„Wohnungslosen Menschen fehlt oft das soziale Umfeld, das unterstützend zur Seite steht. Deshalb ist es uns als Landesregierung ein großes Anliegen, die Wohnungslosenhilfe in Rheinland-Pfalz fachlich weiterzuentwickeln.“

Das Ministerium will daher gemeinsam mit den Kommunen und den Verbänden der Freien Wohlfahrtspflege ab dem kommenden Jahr einen neuen Ansatz in Form des sogenannten Housing First in Rheinland-Pfalz zum Durchbruch verhelfen. Dieser hat bereits europaweit Erfolge gezeigt und kann das etablierte System der Obdach- und Wohnungslosenhilfe sinnvoll ergänzen.

Housing First ist eine Alternative zum herkömmlichen System von Notunterkünften und vorübergehender Unterbringung von wohnungslosen Menschen. Anders als bei den etablierten Hilfeformen steht bei Housing First die Vermittlung eines regulären Wohnraums am Beginn des Hilfeprozesses. Hierbei müssen wohnungslose Menschen nicht zuerst bestimmte Stufen durchlaufen, bis ihnen eine Wohnung zur Verfügung gestellt wird. Der Housing First-Ansatz sieht vielmehr eine unbefristete, auflagenfreie Wohnraumversorgung obdachloser Menschen vor.

Gleichzeitig werden flexible wohnbegleitende Hilfen zum dauerhaften Wohnungserhalt angeboten. „Hierzu werden wir gemeinsam mit unseren Partnern in den Kommunen und bei den Trägern der Wohnungslosenhilfe entsprechende Modelle in Rheinland-Pfalz als zusätzliche Maßnahme gegen Obdach- und Wohnungslosigkeit erproben und evaluieren“, betonte der Minister. „Trautes Heim, Glück allein – das soll für alle Menschen in Rheinland-Pfalz gelten“, betonte der Minister.

Wichtig sei in der Wohnungslosenhilfe aber, nicht nur die Symptome zu lindern, sondern auch die Ursachen für die besonderen sozialen Schwierigkeiten zu beheben. „Prävention hat für uns besondere Bedeutung“, sagte Schweitzer. Um die vorbeugenden Strukturen im Land zu stärken, fördert das Ministerium für Arbeit, Soziales, Transformation und Digitales die Einrichtung von Fachberatungsstellen zur Wohnraumsicherung. „Oberstes Ziel muss es sein, dem Eintritt von Wohnungslosigkeit mit allen zur Verfügung stehenden Mitteln frühzeitig entgegenzuwirken. Dafür bedarf es professioneller Beratung vor Ort, die hilft, negativen Lebensverläufen vorzubeugen und Ratsuchende wirksam zu unterstützen“, so der Minister.

Hintergrund

Der aktuelle Bericht zur vierten Erhebung wohnungsloser und von Wohnungslosigkeit bedrohter Menschen (Wohnungsnotfallstatistik) bezieht sich auf den Stichtag 30. September 2020. Zu diesem Zeitpunkt haben die Kommunen und die freien Träger der Wohnungslosenhilfe insgesamt 6.044 wohnungslose Personen in Rheinland-Pfalz gemeldet. Im Vergleich zur Vorerhebung 2019 (6.177 Personen) sind die Fallzahlen nur geringfügig zurückgegangen. Allerdings ist von einer nicht unerheblichen Dunkelziffer auszugehen, da die Teilnahme an der Erhebung freiwillig ist. Insgesamt sind von den gemeldeten Personen knapp zwei Drittel (64,7 Prozent) Männer und etwas mehr als ein Drittel (35,3 Prozent) Frauen. 25,3 Prozent der gemeldeten Personen sind jünger als 18 Jahre.

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