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Runder Tisch zum Gefahrstofflager in Germersheim: „Wir haben klar gemacht, was wir wollen“

Pressegespräch nach dem Runden Tisch: BI-Sprecher Dietmar Bytzek, Stefan Hesse und Michael Gauly von der Kreisverwaltung, Landrat Dr. Fritz Brechtel und Stefan Martus, Bürgermeister von Philippsburg (v.li.). Foto: Pfalz-Express/Licht [1]

Pressegespräch nach dem Runden Tisch: BI-Sprecher Dietmar Bytzek, Stefan Hesse und Michael Gauly von der Kreisverwaltung, Landrat Dr. Fritz Brechtel und Stefan Martus, Bürgermeister von Philippsburg (v.li.).
Foto: Pfalz-Express/Licht

Germersheim – Landrat Dr. Fritz Brechtel hat am Montag zu einem „Runden Tisch“ zur geplanten Erweiterung des Gefahrstofflagers im US-Depot eingeladen. Und der war offenbar recht erfolgreich. Man sei einen Schritt weiter, sagte Brechtel nach dem Gespräch bei einem Pressetermin.

Am Runden Tisch teilgenommen hatten alle fünf Bundestagsabgeordneten: Dr. Thomas Gebhart, (CDU), Thomas Hitschler (SPD), Dr. Tobias Lindner (Grüne), Mario Brandenburg (FDP) und Dr. Heiko Wildberg (AfD).

Mit am Tisch saßen Vertreter des Bundesamts für Infrastruktur, Umweltschutz und Dienstleistungen der Bundeswehr (BAIUDBw), unter anderem die Präsidentin Ulrike Hauröder-Strüning selbst, Vertreter der DLA Distribution Europe/US Army Garrison Rheinland-Pfalz, des Umweltministeriums Rheinland-Pfalz, der Struktur- und Genehmigungsdirektion Süd, des Landesbetriebs Liegenschafts- und Baubetreuung in Landau, der „Bürgerinitiative gegen die Erweiterung des Gefahrstofflagers Lingenfeld/Germersheim“ mit ihrem Vorsitzenden Dietmar Bytzek und die Bürgermeister Frank Leibeck (Verbandsgemeinden Lingenfeld), Erwin Leuthner (Lingenfeld), Markus Schaile (Germersheim) und Stefan Martus aus Philippsburg. Einziger Uniformträger war Colonel Zorn T. Sliman, der Kommandeur des US-Depots.

Die geballte Präsenz der Bundestagsabgeordneten und der kommunalen Politiker scheint auf die Behörden DLA und BAIUDBw Eindruck gemacht zu haben. Zumindest hatten die südpfälzer Gesprächsteilnehmer den Eindruck, dass nun angekommen ist, was man die ganze Zeit versucht hatte, deutlich zu machen.

Die DLA hat übrigens das erste Mal an einer Gesprächsrunde teilgenommen. Der Austausch sei konstruktiv und sachlich verlaufen, darüber waren sich alle einig.

Verdeutlicht wurde laut Brechtel die Erwartungshaltung der Kreisverwaltung (die für die Genehmigung der Depot-Erweiterung zuständig ist) und der Bevölkerung.

Es geht um

  • Sicherheit, Transparenz und eine Umweltverträglichkeitsprüfung, die die Amerikaner am besten freiwillig durchführen sollen.
  • Außerdem erwarte man ein überarbeitetes Sicherheitskonzept und eine detaillierte Übersicht, welche gefährlichen Stoffe tatsächlich im US-Depot gelagert werden. Die Giftstoffe, die als Additiv (beispielsweise in Fensterreiniger oder in Motorölen) beigefügt sind, sollen gesondert und einzeln aufgeführt werden.
  • Es soll geprüft werden, ob es nicht möglich ist, auf die Lagerung von „sehr giftigen Stoffen“ zu verzichten.
  • Militärische Gefahrstofflager sollen genauso behandelt werden wie zivile und denselben Überwachungen und Kontrollen unterliegen. Mängel müssen umgehend beseitigt werden.

Nach Brechtels Ansicht ist eine Umweltverträglichkeitsprüfung (UVP) unverzichtbar. Dazu müssen die aktualisierten Antragsunterlagen, die bis zum 18. Januar zurückgegeben werden sollen, zurück in der Kreisverwaltung sein. Eine Fristverlängerung sei aber möglich, sagte Brechtel. Die Unterlagen werden dann an Fachleute zur Vorprüfung weitergegeben. Falls der Bescheid gegen eine UVP ausfällt, will der Landrat externe Gutachter hinzuziehen.

Auch im Sicherheitsbericht halten Landrat und Bürgerinitiative Aufbesserungen für erforderlich. Ein Katastrophenschutzplan mit Hand und Fuß gehöre auf alle Fälle mit hinein.

Die DLA hat laut dem Vorsitzenden der Bürgerinitiative, Dietmar Bytzek, zugesagt, eine UVP durchzuführen, wenn deutsche Behörden das fordern – immerhin. Nach wie vor gelte aber für militärische Gefahrstofflager nicht die gleiche Vorgehensweise wie bei zivilen, kritisierte Bytzek.

Auch Notfallpläne seien immer noch in Arbeit, obwohl bereits vor zwei Jahren drauf hingewiesen worden sei: „Dafür habe ich kein Verständnis“, sagte Bytzek. Wenigstens hat die BAIUDBw (die auf deutscher Seite für die Überwachung zuständig ist) zugesagt, den Druck auf die DLA zu erhöhen.

Ob Kontrollen angemeldet werden oder spontan erfolgen, ist laut Bytzek im Ergebnis nicht unbedingt relevant. Angemeldete Kontrollen ein bis zwei Tage vorher bedeuteten meistens nur, dass der entsprechende Ansprechpartner auch vor Ort sei und die Unterlagen parat habe.  „Die Kontrollen müssen nur tief genug in der Sache gehen.“ Das bisherige Manko: Wenn Abweichungen aufgetreten sind, wurden sie nicht abgestellt.

Fake News

Landrat Brechtel berichtete, die Amerikaner hätten glaubhaft versichert, keine Atomwaffen, Kampfmittel oder radioaktiver Stoffe in Germersheim zu lagern.

In diesem Zusammenhang sei viel Unfug geschrieben worden, erklärte der Landrat. So habe ein russische Sender in einem Film über das US-Depot grobe Fake News verbreitet. In die Aufnahmen seien Bilder von Atomwaffen eingefügt worden, man habe so bewusst Propaganda betrieben. Die Botschaft laute in etwa: „Die braven Russen, die bösen Amerikaner – das US-Depot ist das gefährlichste Lager in Deutschland.“

Die ganze Sache habe bereits globale Ausmaße angenommen, sagte Brechtel. Der russische Sender versuche Gräben zu ziehen zwischen den NATO-Partnern USA und Deutschland. Besonders die russischen Bürger in und um Germersheim machten sich wegen dieser Nachrichten große Sorgen, berichtete Brechtel.

Eine konkrete Lösungen bei den Differenzen zur Erweiterung des Gefahrstofflagers gibt es noch nicht. Trotzdem ist die Stimmung bei allen Beteiligten gestiegen.

Philippsburgs Bürgermeister Stefan Martus sagte, er habe den positiven Eindruck gewonnen, dass die Amerikaner nach dem Runden Tisch endlich verstanden hätten, welche Sorgen und Nöte die Bevölkerung plagten. „Und die Überwachungsbehörde BAIUD hat hoffentlich auch verstanden, dass man im Katastrophenfall auch die eigenen Feuerwehrleute, das eigene DRK reinschicken können muss.“ (cli)

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