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Runder Tisch Asyl: Überwältigende Hilfsbereitschaft in der Bevölkerung

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Verbandsbürgermeister Volker Poß hatte zum Runden Tisch Asyl geladen – der Saal reichte kaum aus.
Fotos: pfalz-express.de/Licht

Kandel – Am liebsten hätten sie gleich losgelegt: Rund 100 Besucher des Runden Tisches Asyl in der Kandeler Stadthalle zeigten eine Welle der Hilfsbereitschaft.

Eingeladen hatte Verbandsbürgermeister Volker Poß, der sichtlich verblüfft, jedoch hocherfreut war über die große Zahl an Hilfswilligen.

Poß und der Fachbereichsleiter Bürgerdienste, Christian Hengen, berichteten anhand von Grafiken, wie sich die Aufteilung der Asylbewerber in der Verbandsgemeinde gestaltet. Martin Lenhart, zuständig für Soziales in der Verwaltung, und die Jugendpflegerinnen standen für Fragen ebenfalls zur Verfügung.

Es seien hauptsächlich Jüngere und Personen mittleren Alters, die in 32 angemieteten Wohneiheiten untergebracht seien – 70 an der Zahl, davon 26 Kinder. Der Großteil davon in Kandel, einige in Steinweiler und Minfeld. Die meisten stammen aus aus Somalia und dem südlichen Balkan.

Nach wie vor sucht die Verbandsgemeinde Wohnungen, denn die Prognosen sagen einen weiteren Anstieg von Asylbewerbern und Flüchtlingen voraus. Wer privat Asylbewerber unterbringen will: „Die Stadt ist bereit dazu“, sagte Volker Poß.

In einem ersten Entwurf sollen Arbeitsgruppen gebildet werden, um den Neuankömmlingen das tägliche Leben zu erleichtern. Im Augenblick überließe man diese Menschen nach ihrer Erstversorgung und Unterbringung mehr oder weniger ihrem Schicksal, bedauerte Poß. Das soll sich nun ändern.

Mit Besuchsdienst, Willkommenspaket, Sprachunterricht, Fahrdienst und einem Café Asyl/Mehrkulturentreff soll den Asylbewerbern geholfen werden, sich in ihrer neuen Heimat zurechtzufinden.

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Fragen gab es viele: Wann dürfen die Asylbewerber arbeiten – normalerweise nach drei Monaten. Die ursprüngliche Ein-Jahres-Regelung wurde gelockert. Wann gehen die Kinder zur Schule? „Wir versuchen, die Kinder sofort in die Schule zu schicken“, sagte Hengen.

Auch eine stundenweise Arbeit bei Privatpersonen sei möglich, sagte Poß und betonte, dass ein geregelter Alltag für jeden Menschen wichtig sei.

Problematisch sieht es mit der Verständigung aus: Einige sprechen englisch, einige französisch, viele arabisch. Deshalb sei es wichtig, einen Sprachunterricht vor Ort zu installieren. Zwei Frauen erklärten sich dazu spontan bereit.

Kerstin Jordan vom Frauen- und Familienzentrum Kandel schlug vor, das Asylcafé vorerst in das bereits bestehende interkulturelle Café der FFZ zu integrieren und auch dort Sprachunterricht anzubieten.

Clemens Nagel, ehemaliger Minfelder Bürgermeister, Abgeordneter und Lehrer, erklärte sich ebenfalls sofort bereit dazu, die Menschen zu unterrichten. Bislang zeigt man den Asylanten anhand grafischer Darstellungen, was sie beispielsweise bei der Hausordnung beachten müssen – ein viel erwähnter Aspekt war die Mülltrennung, die in den meisten Herkunftsländern unbekannt ist.

Eine Fahrradwerkstatt, bei der Bürger ihre alten „Drahtesel“ abgeben können, soll die Asylsuchenden mobiler machen, ebenso ein Fahrdienst mit einem ungenutzten Kleinbus, der in Vollmersweiler steht.

Ein Teilnehmer berichtete, er betreue seit einem Jahr drei junge Männer aus dem Jemen und habe sehr viel Freude dabei: „Alle Seiten profitieren davon.“ Die Männer hätten Schreckliches erlebt und seien sehr dankbar für die Unterstützung. Es sei allerdings wichtig, dass sich immer dieselben Personen um eine Gruppe kümmere und dass man Zeit mitbringe.

Eine junge Frau erzählte, sie engagiere sich bei einer Gruppe somalischer Frauen. Einige seien schwanger, alle beschnitten, es gebe viele Probleme, auch gesundheitlicher Art. Das Anpassen an die kulturellen Unterschiede müsse zudem behutsam vonstatten gehen.

Ob denn eine gesundheitliche Versorgung gewährleistet sei, fragten Einige. Ja, die Asylbewerber könnten sich auf der Verwaltung Behandlungsscheine abholen, erklärte Martin Lenhart.

Wie geht es den Menschen seelisch, wurde häufig gefragt. Das wisse man oft nicht, sagte Lenhart. Die Menschen öffneten sich nicht unbedingt den Verwaltungsbeamten. Deshalb sei der Besuchsdienst so wichtig, betonte Poß diesbezüglich. Die psychologische Betreuung läge noch sehr im Argen. Wer Probleme feststelle, könne bei Christian Hengen oder Martin Lenhart anrufen.

Vorschläge gab es noch viele: Man könne, da ein Asylgesuch meist bis zu drei Jahren dauere, Personen in ein Ausbildungsverhältnis übernehmen, Vereine sollten angesprochen werden, die Mediziner könnten einen ehrenamtlichen Unterstützerkreis bilden.

Eine andere Frau schlug vor, die momentane Motivation sofort umzusetzen und an Ort und Stelle zu beginnen. Das sei zu unübersichtlich, meine Poß. Ziel des Abends sei es, langfristig funktionierende Gruppen zu etablieren.

Die Verwaltung will nun alle Vorschläge und Ideen koordinieren. Eine Liste mit Kontaktdaten wurde ausgeteilt, auf der sich die Hilfswilligen für eine bestimmte Aufgabe aussprechen konnten. Am Ende der Veranstaltung wurde dennoch fleißig weiterdiskutiert und Adressen ausgetauscht. (cli)

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