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Roth: Umsetzung des EU-Türkei-Abkommens schwierig – Migrationsforscher wirft EU Planlosigkeit vor

Michael Roth
Foto: dts Nachrichtenagentur

Berlin  – In der Diskussion über den Fortbestand des EU-Türkei-Flüchtlingsabkommens hat Europa-Staatsminister Michael Roth (SPD) Probleme bei der Umsetzung des Vertrags beklagt.

„Wir unterstützen die Türkei bei der Aufnahme von über 3,7 Millionen Geflüchteten – das ist eine große humanitäre Leistung“, sagte Roth am Mittwoch im ARD-Mittagsmagazin. Der SPD-Politiker fügte hinzu, dass Gelder in Bildung und in Unterkünfte von Geflüchteten investiert würden.

Zum Vorwurf des türkischen Staatspräsidenten Recep Tayyip Erdogan, es gebe nur wenig Hilfe, sagte Roth: „Es darf jetzt nicht der Eindruck entstehen, dass sechs Milliarden Euro jetzt schon ausgegeben worden sind, sondern das Geld muss Stück für Stück investiert werden.“

Als Hauptproblem nannte der SPD-Politiker die Verfahren in Griechenland. Diese würden zu lange dauern. Gleichzeitig kritisierte er die Migrationspolitik in der EU: „Die Vereinbarung zwischen der EU und der Türkei ist nur ein Baustein, es fehlt ab er ganz viel, damit wir wirklich zu einer solidarischen Verteilung kommen.“ Migrationspolitik sei eine Aufgabe für alle EU-Mitgliedsstaaten und nicht nur für wenige, fügte Roth hinzu.

Die Zahl der aus der Türkei auf die griechischen Inseln flüchtenden Menschen war in den vergangenen Wochen gestiegen. Roth reagierte besorgt: „Die Lage von ungefähr 2.000 unbegleiteten minderjährigen Geflüchteten ist dramatisch. Das ist beschämend auch für uns alle. Und hier wünsche ich mir auch eine pragmatische Lösung für diese jungen Menschen, für diese Kinder, die unbegleitet sind.“

Wenige Rückführungen

Der Migrationsforscher Gerald Knaus hat indessen der Europäischen Union Planlosigkeit bei der Umsetzung des Flüchtlingsabkommens mit der Türkei vorgeworfen.

Es fehle ein Konzept zur schnellen Durchführung von Verfahren über die Rückführung von Flüchtlingen in die Türkei oder deren Weiterbeförderung von den griechischen Inseln auf das europäische Festland, sagte Knaus dem Sender „Tagesschau24“. Es habe noch nie so wenige Rückführungen in die Türkei gegeben wie in diesem Jahr.

Das sei aber nicht die Schuld der Griechen oder der Türkei. „Was uns fehlt ist eine Wahrnehmung in den Hauptstädten Europas, auch in Berlin“, so Knaus. Gemeinsam müssten diese einen Plan schaffen, um ab dem 1. November in der Lage zu sein, innerhalb einiger Wochen glaubwürdige, faire Asylentscheidungen zu treffen, so der Forscher. „Das ist rechtlich möglich, aber es fehlen alle Ressourcen dafür.“

Knaus hatte das Flüchtlingsabkommen zwischen der EU und der Türkei im Jahr 2016 für die Bundesregierung mitentwickelt.

(dts Nachrichtenagentur)

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