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Rheinzabern: Für die Freiheit – bewegtes Leben von Philipp Jakob Siebenpfeiffer hält Zuhörer in Atem

22. April 2018 | Kategorie: Kreis Germersheim, Kultur

Referent Martin Baus beim Signieren eines vom Saarpfalz-Kreis veröffentlichten Buchs.
Foto: Beil

Rheinzabern – In einem spannenden Vortrag von gut 90 Minuten schlug Martin Baus, wissenschaftlicher Mitarbeiter der Siebenpfeiffer-Gesellschaft in Homburg, einen Bogen über das bewegte Leben von Philipp Jakob Siebenpfeiffer (1789-1845), einem der Freiheitshelden des Vormärz, einem der Väter des Hambacher Fests von 1832.

Geboren im damals nassau-saarbrückischen Lahr, verlor Siebenpfeiffer mit 10 Jahren beide Eltern durch Blattern und wuchs in Obhut von Verwandten auf. Mit 14 Jahren erhielt er eine Lehre als Oberamtsschreiber in Lahr. Dank eines Stipendiums studierte er in Freiburg bei liberalen Professoren Jura.

Nach zahlreichen Beamtenstellen in verschiedenen Städten erhielt er 1818 seine erste dauerhafte Stelle und wurde als Landcommissär im königlich-bayerischen Landkommissariat Homburg, das an der Grenze des bayerischen Rheinkreises zum benachbarten Preußen lag, auf den König vereidigt.

Trotz Zugehörigkeit zu Bayern, gab es in der Pfalz eine Reihe von Freiheiten und fortschrittlichen Regelungen aus napoleonischer Zeit, darunter Gewerbefreiheit und Pressefreiheit. Siebenpfeiffer bedrückten jedoch der Hunger und die Armut im Westen der Pfalz, was sich an der Zahl der geahndeten Holzfrevel zeigte.

Siebenpfeiffer war auch literarisch und musikalisch tätig. Dirigierte er im Jahre 1829 noch den Jubelchor anlässlich des ersten Besuchs von König Ludwig I. in der Pfalz, so begann er ein Jahr später in seiner Zeitung Rheinbayern und Der Bote aus dem Westen liberale Kritik vorzubringen, was ihm eine Versetzung nach Altbayern einbrachte. Aufgrund der pfälzischen Gesetze gewann er einen Prozess gegen die Regierung in München, schied aber aus dem Staatsdienst aus, um als Journalist zu arbeiten.

1830 brodelte es in Europa, die Franzosen machten wieder eine Revolution, die Polen wehrten sich verzweifelt und vergeblich gegen die Zarenherrschaft, weshalb viele Polen auf dem Weg ins französische Exil in der Pfalz als Helden gefeiert wurden. Ein neugegründeter Pressverein, darin u.a. Georg August Wirth und Friedrich Schüler, bereitete ein Freiheitsfest auf Schloss Hambach vor, dem sich der König nicht wiedersetzen konnte, weil es als Fest auf ihn deklariert war.

Am 27. Mai 1832 fand auf dem Hambacher Schloss die größte politische Demonstration des 19. Jahrhunderts statt, mit Reden auf die Freiheit, die deutsche Einheit, ein einiges Europa, die polnischen Freiheitshelden und gegen die Fürstenherrschaft.

Heißt es in Siebenpfeiffers Lied „Der deutsche Mai“ – der Titel ist eine Anspielung an den Maria gewidmeten Monat – noch „Hinauf Patrioten, zum Schloss…“, konnte man noch im Schutz der Masse verschiedenste kritische Reden hören, u.a. legte Siebenpfeiffer seine Rede im Stil der Bergpredigt an, so schlugen die Polizeibehörden in den Tagen nach dem Fest gegenüber verschiedenen „Aufwieglern“ zu.

Am 17.6.1832 wurde Philipp Jakob Siebenpfeiffer in Haardt verhaftet und in Zweibrücken inhaftiert. Während der Haft wurden ihm Geschenkkörbe aus der Vorderpfalz geschickt. Den Prozess führte man aus Sicherheitsgründen in der Festung Landau durch, wo eigens das ehemalige Hotel Schwan als Gerichtsort bestimmt wurde. Das Hotel fasste 800 Besucher, wobei täglich 5000 Interessierte dem Prozess folgen wollten.

Der Geschworenenprozess – Sprecher der 28 Geschworenen war Franz Peter Brunner von der Wanzenheimer Mühle bei Rheinzabern – galt als zweites Hambacher Fest im Saale. Allein Wirths Verteidigungsrede erstreckte sich über acht Stunden. Franz Peter Brunner verkündete den Freispruch für Siebenpfeiffer und Wirth, doch wurden die beiden anschließend vom Zuchtpolizeigericht wegen Majestätsbeleidigung zu zwei Jahren Haft in Frankenthal verurteilt.

Die Englein hätten die Tür geöffnet, hieß es, als Siebenpfeiffer im November 1833 aus dem Gefängnis Frankenthal entkam. Noch in der gleichen Nacht gelangte er mittels einer Kutsche des Bergzaberner „Hambachers“ Daniel Pistor auf die Rheinzaberner Untermühle, wo ihm Franz Peter Brunner für eine Nacht Obdach gab.

Auf seiner weitern Flucht mit Hilfe Brunners gelangte Siebenpfeiffer nach dem sicheren französischen Weißenburg, wo er seine Frau traf und zwei Wochen im Hotel Engel – „L’Ange“ logierte. Über Mühlhausen kam Siebenpfeifer nach Bern.

In der Schweiz betätigte er sich als Professor für Staatswissenschaften und äußerte sich nicht mehr öffentlich zu den politischen Verhältnissen in Deutschland.

1842 trat bei Siebenpfeiffer eine Geisteskrankheit zutage, weshalb er in die Heilanstalt Bümpliz eingeliefert wurde. Philipp Jakob Siebenpfeiffer starb am 24.5.1845. Sein Grab in Bümpliz gibt es nicht mehr. In Rheinzabern erinnert an ihn eine Straße. (Gerhard Beil)

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