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Polizei Germersheim stellt Kriminalstatistik vor: Straftaten insgesamt stark gesunken – Gewalt aber angestiegen

Fotos: pfalz-express.de/Licht [1]

Fotos: pfalz-express.de/Licht

Germersheim: Die Polizeiinspektion Germersheim hat am Donnerstag die polizeiliche Kriminalstatistik für das Jahr 2015 vorgestellt.

Mit dabei waren erstmals auch zwei Opfer von Straftaten: Eine Seniorin, bei der ein sogenannter Enkeltrick versucht wurde, und eine Frau, bei der ein Hauseinbruch verübt wurde. So wurde deutlich, wie hinter den nackten Zahlen jeweils ein menschliches Schicksal steckt, das verarbeitet werden muss.

Im Fall des Hauseinbruchs in Lingenfeld hat die Familie noch heute, Monate später, mit den psychischen Folgen zu kämpfen.

Das Ehepaar kam mit seinen beiden sechs und neun Jahre alten Kindern von einer Einladung zurück und ordnete das Chaos, das sie beim Eintreten vorfanden, nicht sofort einem Einbruch zu. Vielmehr dachte die Mutter, die Kinder hätten Spielsachen liegen lassen. Erst als die Tochter ein Loch in der Scheibe bemerkte, wurde allen klar, was passiert war – die Kinder hatten große Angst, weinten und wollten die Eltern gar nicht mehr loslassen.

Das Erlebnis wirkt bis heute nach, schilderte die Mutter. Während die Erwachsenen ihr Ängste mittlerweile rational in den Griff bekommen konnten, hat der sechsjährige Sohn noch immer Probleme einzuschlafen. Beim Nachhausekommen ist man erst einmal vorsichtig: „Keiner will allein in den zweiten Stock.“

Uwe Becker, stellvertretender Leiter der Polizeiinspektion (PI) Germersheim, empfiehlt allen Bürgern eine sogenannte Grundschutzberatung. Diese wird von Bezirksbeamten durchgeführt oder kann über die Kriminalprävention Ludwigshafen angefordert werden.

PI-Leiter Wolfgang Zöller sagte, es gebe zwar nie einen hundertprozentigen Schutz. Man könne es aber potenziellen Einbrechern etwas schwerer machen, indem man beispielsweise auf ausreichende Sicherung von Fenstern und Türen und gute Beleuchtung achte. Nicht wenige ließen von ihrem Vorhaben ab, wenn das Unterfangen mit größeren Schwierigkeiten verbunden sei.

Einige Täter, besonders Banden, spähten die Tatorte (Häuser oder hochwertige Fahrzeuge) oftmals zuvor aus – auch da gelte es, wachsam zu sein und Verdächtiges der Polizei zu melden: „Setzen Sie sich mit uns in Verbindung, dafür sind wir da.“

V.li.: Polizeioberkommissarin Melanie Hoffmann, die Ersten Polizeihauptkommissare Uwe Becker und Wolfgang Zöller. [2]

V.li.: Polizeioberkommissarin Melanie Hoffmann, die Ersten Polizeihauptkommissare Uwe Becker und Wolfgang Zöller.

Straftaten auf niedrigstem Wert seit 2001

Trotz gestiegenen Herausforderungen für die Polizei ist die Zahl von 3887 Straftaten der niedrigste Wert seit 15 Jahren (1170 davon waren Diebstähle).

Im Vergleich zum Vorjahr entspricht das einem Rückgang von 11,6 Prozent oder 510 Fällen. Und im Vergleich zum Land Rheinland-Pfalz steht der Bezirk Germersheim gut da, denn landesweit stiegen die Fallzahlen um 3,4 Prozent.

Die Aufklärungsquote liegt bei 65, 4 Prozent (Landesdurchschnitt 64,2 Prozent).

Mord, Totschlag, Körperverletzung, Einbrüche und Raub, Rauschgiftdelikte, Sachbeschädigungen, Internetkriminalität oder Gewalt gegen Frauen sind einige der Straftaten, mit denen sich die Beamten auseinandersetzen müssen.

Die Wohnungseinbrüche indes sind um 12 Prozent zurückgegangen – auch deshalb, weil die Polizei viel Streife gefahren ist und Präsenz gezeigt hat.

Diebstähle und Gewaltdelikte hingegen sind angestiegen. Grund: Organisierte Banden (oft Osteuropäer) sind in der Region aktiv, einige haben sich besonders auf die Automarke BMW spezialisiert. Hier vermutete Uwe Becker in einigen Fällen ebenfalls ein vorheriges Ausspähen, weil alles „so flott durchgezogen wurde.“

Dank einer DNS-Auswertung habe man einen Täter erwischt, der zu einer Gruppe gehörte, die besonders heftig in Bellheim zugeschlagen hatte. Becker appellierte ebenfalls, verdächtige Beobachtungen melden und „am besten gleich ein Handy-Foto machen.“

Viel Sorge bereitet den Beamten auch die Gewalt in engen sozialen Beziehungen. Bei den  Beziehungstaten gebe es viel Streit und Handgreiflichkeiten, sagte Zöller. Fast täglich sei man unterwegs zu Familien, bei denen Streitigkeiten aus dem Ruder gelaufen seien.

Die Polizei leitet auch nach ihrem direkten Eingreifen noch begleitende Hilfe mit Präventions- und Beratungsstellen ein.

Gewalt gegen Frauen sei eigentlich fast ausschließlich in Beziehungen vorgekommen. Bis auf einen Fall sei nichts „Überfallartiges passiert“, so Zöller und Becker. „Niemand hat Frauen oder Kinder ins Gebüsch gezogen.“

Insgesamt lagen alle Straftaten im Bereich der PI unter dem Durschschnitt. Einen Anstieg gab es bei Roheitsdelikten (+6,3 Prozent) und  die Gewaltkriminalität (+14,3 Prozent).  Davon habe man in Germersheim bedauerlicherweise „schon Einiges“, so PI-Leiter Zöller.

Bei Asylbewerbern entspreche die Kriminalitätsrate der der deutschen Bevölkerung. Man habe in Germersheim keine Schwerpunkte in Form von großen Unterkünften, sondern eine dezentrale Unterbringung der Asylsuchenden.

Die ausführliche Statistik ist demnächst im Internet abrufbar. Der Link dazu wird nachgeliefert. (cli)

Polizeioberkommissar Philipp Schmidt stellte den Bericht vor. [3]

Polizeioberkommissar Philipp Schmidt stellte den Bericht vor.

Information:

Die Beamten der PI Germersheim sind rund um die Uhr an sieben Tagen die Woche im Einsatz. Der Dienstbezirk der Polizeiinspektion Germersheim erstreckt sich auf

  • die Stadt Germersheim mit dem Stadtteil Sondernheim 20.019 Einwohner
  • die Verbandsgemeinde Bellheim 13.427 Einwohner
  • die Verbandsgemeinde Lingenfeld 16.296 Einwohner
  • die Verbandsgemeinde Rülzheim 14.649 Einwohner.

Die Polizeiinspektion Germersheim ist also für rund 64.000 Einwohner auf einer Fläche von etwa 230 Quadratkilometern zuständig.

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