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Plötzlich blieb das Herz stehen: Wie zwei Kandeler überlebt haben

 

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Klaus Bischoff (links) mit seinem Lebensretter Tobias Weber. Als Bischoff mit einem Herzstillstand zusammenbrach, dachte Weber nicht lange nach – er zerriss dessen T-Shirt und begann sofort mit Wiederbelebungsmaßnahmen.
Fotos: Licht

Kandel – Leben retten durch beherztes Eingreifen: Dass dies möglich ist, veranschaulichte eine Informationsveranstaltung in den Räumen des Möbelhauses Bischoff in Kandel.

Die persönlichen Erfahrungen von Klaus Bischoff vor knapp zwei Jahren zeigten den Besuchern, dass durch eine sofortige Reanimation mit Herzdruckmassage dessen Leben gerettet werden konnte. Bischoff war während eines Tischtennisspiels leblos zusammengebrochen. Sein Retter, Teamkollege Tobias Weber, hatte sofort mit der Wiederbelebung begonnen.

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Ralf Wagner rettete einem Nachbarn das Leben.

Auch Ralf Wagner aus Kandel hat – mit Unterstützung seiner Frau Daniela – ebenfalls durch seinen Einsatz das Leben eines Nachbarn gerettet. Zwei Leben, die ausgelöscht wären, hätten Weber und Wagner nicht sofort mit ihren Erste-Hilfe-Maßnahmen begonnen.

Dass Eingreifen immer besser ist als nichts zu tun – eventuell aus der Angst heraus, Fehler zu machen – erläuterte Michael Böttcher vom Rettungsdienst Kandel anschaulich in einem Bild-Vortrag.

Es sei entscheidend, sofort zu helfen, schnell Maßnahmen zu ergreifen und nicht zu warten, bis der Notarzt eintreffe. Bis dahin könne es bereits zu spät sein.

Wiederbelebung ganz einfach: „Prüfen – Rufen – Drücken“

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Michael Böttcher demonstriert die Herzdruckmassage.

Böttcher zeigte anhand von Übungspuppen, wie nach einem Herz-/Kreislaufstillstand, meist ausgelöst durch ein Kammerflimmern, zu reagieren ist. Die drei wichtigsten Punkte hierbei: „Prüfen – Rufen – Drücken“. Prüfen, ob noch Atmung vorhanden ist. Rufen: Den Notarzt unter der Nummer 112 anrufen, zudem unter Umständen auch Passanten um Mithilfe bitten. Wenn keine Atmung mehr feststellbar ist, den Kopf nach hinten überstrecken und schnellstmöglich mit der Herzdruckmassage beginnen (Drücken). Optimal sind 100 Mal in der Minute, mit durchgestreckten Armen die Handballen übereinander auf den Brustkorb drücken – wenn es geht, so lange, bis der Notarzt übernimmt.

Wer es nicht schafft zu Beatmen, muss sich keine Vorwürfe machen: In der Regel ist noch für etwa zehn Minuten Sauerstoff im Blutkreislauf vorhanden, der durch die Druckmassage von außen aufrecht erhalten wird, erklärte Böttcher. Die Teilnehmer konnten unter seiner Anleitung an den Übungspuppen die Herzdruckmassage ausprobieren, was reichlich in Anspruch genommen wurde.

Das Herz blieb plötzlich stehen

Im Fall von Klaus Bischoff pumpte Tobias Weber ganz 20 Minuten. Zwischendurch beatmete er den Leblosen, der stark aus einer Platzwunde am Kopf blutete. Weber schluckte Blut und machte weiter wie im Rausch: „Ich hatte kein Zeitgefühl mehr.“ Erst als der eingetroffene Notarzt ihn am Arm rüttelte, nahm Weber seine Umgebung wieder wahr. Bischoff bekam eine Adrenalinspritze ins Herz und wurde mit dem Defibrillator wiederbelebt.

Auf dem Weg in die Landauer Vinzentius-Klinik musste der Notarztwagen mehrmals die Fahrt unterbrechen, weil Bischoffs Herz immer wieder stehen blieb und mit dem Defibrillator angestoßen werden musste. In der Klinik wurde Bischoffs Körper stark heruntergekühlt und ins künstliche Koma versetzt.

Erinnern kann er sich heute an nichts mehr aus diesen Tagen. Seine Frau Bernadette allerdings berichtete, dass Bischoffs Herzfrequenz am Monitor stieg, wenn im Krankenzimmer ihr Name genannt wurde – offenbar eine unterbewusste Wahrnehmung trotz seines komatösen Zustands.

Tobias Weber erlebte den Tag „danach“ mit einem „unrealistischen Gefühl“, wie er sagt. Zudem plagte er sich mit Vorwürfen: „Man fragt sich, ob man alles richtig gemacht hat, ob man hätte mehr tun können.“ Das hätte er nicht – er handelte vollkommen richtig. Auch seine Tischtenniskollegen hätten geholfen, betont der 21-jährige Student. „Sie haben mich unterstützt, die Beine von Klaus hochgehalten, usw.“

Zurück im Leben

In der Klinik ging für Klaus Bischoff die Genesung in langsamen Schritten vorwärts: Nach zehn Tagen erwachte er aus dem Koma. Seine Orientierung und sein Gedächtnis hatten vorerst gelitten, sprechen konnte er aufgrund eines Luftröhrenschnitts nicht. Jedoch erkannte er seine Tochter Kerstin, seine Frau und schrittweise alle anderen Familienmitglieder. Da die Sprache noch fehlte, begann er, sich mit kurzen schriftlichen Notizen mitzuteilen. Zwei Wochen später, nach der Implantation eines Herzschrittmachers und eines Defibrillators, wurde er nach Hause entlassen.

Nach und nach kämpfte sich Klaus Bischoff ins Leben zurück – es dauerte ca. drei Monate, bis er sich selbstständig ankleiden konnte. Heute geht es ihm gut, seit Sommer arbeitet er wieder Vollzeit bei einer Karlsruher Software-Firma.

In der Garage zusammengebrochen

Auch der Nachbar von Ralf Wagner (der nicht namentlich genannt werden möchte, Anm.d.Red.) fühlt sich eineinhalb Jahr nach seinem Herzstillstand viel besser.

Er war in seiner Garage leblos zusammengebrochen – ein Verwandter informierte Ralf Wagner, der als ausgebildeter Ersthelfer sofort Reanimierungsmaßnahmen einleitete. Wagner übernahm die Herzdruckmassage, seine Frau Daniela, examinierte Krankenschwester, die Beatmung. Wagner hatte schon öfter medizinische Notfälle erstversorgt und ging ruhig und methodisch vor. Nach 15 Minuten traf der Notarzt ein – wieder war ein Leben gerettet.

Beide Betroffene sind ihren Rettern zutiefst und – im wahrsten Wortsinn – von ganzem Herzen dankbar.

Um die Informationsveranstaltung zu unterstützen, bot das Möbelhaus Bischoff zur Stärkung kostenlos Laugengebäck, neuen Wein, Zwiebelkuchen und Kürbissuppe an. (cli)

Informationsveranstaltung mit Michael Böttcher vom DRK Südpfalz im Möbelhaus Bischoff

Schritte zur Wiederbelebung

 

 

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