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Plädoyer für die Geothermie: Leser Rudolf Hoffmann: „Verursacher der Probleme ist ganz woanders zu suchen“

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Erdölförderung in der Südpfalz: Zum Beispiel rund um Landau-Nußdorf.
Foto: Ahme

Forst. Rudolf Hoffmann aus Forst liest seit letztem Jahr immer wieder negative Stellungnahmen und Berichte zum Thema Geothermie in der Presse.  Hoffmann hat Geowissenschaften studiert, eines seiner Nebenfächer war Geologie. Das Thema interessiert Hoffmann schon seit Kindesbeinen. Aus seiner Sicht und auf Basis seiner Kenntnisse kommt er dabei auf ganz andere Gedanken und Schlussfolgerungen als die, die in der letzten Zeit verbreitet werden.

Für ihn ist die Geothermie der Schuldenbock für alle. Hoffmann hat sich in seinem Schreiben (siehe unten)  an die Presse gewandt und hat seinen offenen Brief auch an Kommunalpolitiker weiter gegeben, allerdings ohne nennenswerte Resonanz. „Ich würde mir schon ein Feedback seitens der Politik wünschen“, so Hoffmann.

Und dass die Öffentlichkeit nicht über die Folgekosten bezüglich eines Ausstiegs aus der Geothermie informiert werde, immerhin seien schon 20 Millionen Euro investiert worden, ist für Hoffmann ganz und gar unverständlich.

Und wie kam es zu seinem Interesse und leidenschaftlichem Plädoyer für die Geothermie?

„Ich habe mich im Studium mit Vulkanismus beschäftigt und auch mit der Geothermie. Die funktioniert in Frankreich, in Island und die gößten Geothermiektraftwerke stehen in Kenia- die produzieren dort mehr Strom als sie verwerten können. Minimaler Aufwand, keine Umweltschäden, kein Lärm. Gehen Sie mal ins Elsass, nach Soultz-sous-Forets: Das Kraftwerk dort versorgt fünf kleine Dörfer. Die Geothermie ist Grundlastfähig und kann rund um die Uhr eingespeist werden. Wir können froh sein, dass wir im Oberrheingraben wohnen und diese Energiegewinnung nutzen können“. Soweit Rudolf Hoffmann im Gespräch mit dem Pfalz-Express.

Rudolf Hoffmanns offener Brief im Wortlaut:

„Wieder einmal wird mit scharf gespitzter Feder gegen das Projekt Geothermie in Landau Stimmung gemacht. Wieder einmal wird unsachlich und ohne wissenschaftlich verwertbare Beweise voreilig behauptet, dass wahrscheinlich die Erdwärmeförderung als Verursacher der „Schäden“ in Betracht kommt.

Echte wissenschaftliche Begründungen und ernsthafte Gutachten liegen bisher nicht vor. Hier wird bisher von offizieller und inoffizieller Seite eine Angstpolitik gegen die sehr umweltfreundliche und grundlastfähige Geothermie betrieben, die vielleicht bestimmten Kreisen, aber nicht den Bürgern vor Ort, der Umwelt und zukünftigen Generationen dienlich ist.

Eine Entscheidung gegen die Geothermie ohne echte Ergebnisse auf der Grundlage wissenschaftlicher Erkenntnisse zu fällen, hieße das Kind voreilig mit dem Bade auszuschütten. Hieße bisher bereits in eine umweltfreundliche Technologie  investierte Millionenbeträge  (ca. 20 Millionen Steuergelder!) in den Wind zu schreiben. Ganz zu schweigen von weiteren riesigen Schadensersatzforderungen der bisherigen Betreiber und Grundbesitzer.

Erst wenn „alle möglichen Ursachen ermittelt sind und entsprechende Fachgutachten vorliegen“, kann nach geowissenschaftlichen Erkenntnissen, Recht und Gesetz entschieden werden, ob eine Stilllegung der Geothermieanlage bei Landau angeordnet werden sollte, wie das Landesamt für Geologie mitteilte.

GEO-Thermie (sowohl Tiefengeothermie als auch oberflächennah) ist zur Grundlastaustattung im Energiesektor ganz hervorragend geeignet und eine sehr gute Alternative zu Kohlekraftwerken. Besonders die Tiefengeothermie kann auch sehr regional (besonders im Rheingraben) und mit kleineren Kraftwerkseinheiten unter Berücksichtigung von Kraft-Wärmekupplung im Bereich 5-10 MEGAWATT genutz werden. Im Gegensatz zu Wind und Sonne ist sie unabhängig von athmosphärisch bedingten Schwankungen, liefert gleichmäßig sauberste Energie „rund um die Uhr“ und kümmert sich nicht um Jahreszeiten, Wetter und Klima, Tag und Nacht..
Das Energiepotential der sauberen und umweltfreundlichen Geothermie ist nach menschlichem Ermessen fast unbegrenzt nutzbar.

Viele gute Gründe das Thema weiter zu verfolgen. Es ist unsere Aufgabe, Technologien zu entwickeln, mit denen dieses unbegrenzte Angebot natürlicher und umweltfreundlicher Energie immer besser genutzt werden kann. Zu unser aller Wohl.

In Frankreich ist man da schon weiter. Bei der GEOTHERMIE-Technik wird im Kreislauf heißes Tiefenwasser nach seiner Abkühlung wieder hinuntergepumpt. Die Bohrungen sind nicht mehr als feinste Nadelstiche in die harte Kruste des oberen Erdmantels. Die im Betrieb befindliche Geothermieanlage in Soultz-sous-Forets im benachbarten Elsaß arbeitet seit Jahren zufriedenstellend und umweltfreundlich.

Die EDF /  Électricité de Strasbourg plant einen Cluster von zwei bis drei Geothermiekraftwerken zur Versorgung von Strassbourg, wie in der dortigen Presse zu lesen ist:
„Énergie: Des chantiers de géothermie profonde en projet à Strasbourg
Le groupe international Fonroche spécialisé dans les énergies renouvelables a obtenu un permis d’exploration sur 573 km2 , allant de Strasbourg jusqu’aux alentours de Haguenau. Il lance deux chantiers, l’un près du Zénith à Eckbolsheim et l’autre au Port de Strasbourg.“
Warum klappt das in Frankreich (mit einer extrem atomfreundlichen EDF) und nicht in Deutschland?

Diverse „Bürgerinitiativen“ im Landauer Raum machen mobil gegen diese Technik. Eine Sprecherin des Wirtschaftsministeriums sieht „wahrscheinliche Zusammenhänge“ zwischen geothermischen Versuchsbohrungen und Minierdbeben der Stärke 0,8 bis 1,7. Dabei ist die Pfalz generell, bedingt durch den Rheingrabenbruch, ein „natürliches Erdbebengebiet“ mit jederzeit vorstellbaren Beben im Bereich 3-4 der Richterskala.

Es freut mich zu lesen, dass die Landesämtern für „Geologie und Bergbau“ sowie „Vermessung und Geoinformationen“ den „tatsächlichen Ursachen“  wissenschaftlich „auf den Grund“ gehen wollen. Besonders interessant werden die Untersuchungsergebnisse wohl auch vor dem Hintergrund des von einigen Kreisen geforderten großräumigen Abbaus von Schiefergasen in der Pfalz sein.

Mit Methoden des als sehr umweltschädlichen Fracking-Verfahrens, in dem unter sehr hohem Druck giftige Chemikalien ins Gestein (und vielleicht ins Grundwasser) gepresst werden um es aufzubrechen, würde die empfindliche geotektonische Situation im Rheingraben und speziell in der Südpfalz durch weitere Massenentnahmen im Untergrund massiv gestört. Weitere und vorhersehbare stärkere Beben und Verwerfungen wären die Folgen.

Es stellt sich die Frage, weshalb bei diesen geplanten Eingriffen ins Erdinnere keine Erdbebenängste geschürt und daraus resultierende „Bürgerbewegungen“ auf den Plan gerufen werden. Wem nutzt wohl die „Protestbewegung“ gegen die umweltfreundliche Geothermie?

In der Pfalz wird seit vielen Jahren Erdöl und Erdgas aus den Pechelbronner Schichten im „Landauer Feld“, dem größten Erdölfeld im Oberrheingraben, gefördert. In den vergangenen Jahrzehnten wurden rund 200 Bohrungen abgeteuft, von denen noch rund 70 in Betrieb sind. Aus Tiefen von bis zu 1.800 Metern wurden bis heute 4,4 Millionen Tonnen Rohöl gefördert.

Selbst im Jahr 2013 immer noch mehr als 20.000 Tonnen! Die durchschnittliche Dichte von Erdöl liegt bei ca. 0,8 g/cm3. Das bedeutet, Erdöl beansprucht wesentlich mehr Raum im Untergrund als z.B. Wasser. Daraus ergeben sich hochgerechnet auf 4,4 Millionen Tonnen, die seit fast 60 Jahren dem Untergrund von Landau entnommen wurden, riesige Hohlräume, in deren Gesamtvolumen der Speyrer Dom mehrfach hineinpassen würde.

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„Wir fördern Zukunft“: BASF-Tochter Wintershall fördert im Landauer Gebiet Erdöl.
Foto: Ahme

Hohlräume, die nicht wieder aufgefüllt wurden und daher einsturzgefährdet sind bzw. sich an der Erdoberfläche nach einiger Zeit durch mehr oder minder Große Risse im Erdboden bemerkbar machen. Negative Beispiele sind aus den Bergbaufördergebieten im Saarland, Lothringen, Salzgitter und Ruhrgebiet bekannt. Die betroffenen Bürger können dort ein Lied davon singen. Bei einer solchen „Massenentnahme“ ist es nicht erstaunlich, dass es bedingt durch geologische und geophysikalische Vorgänge in weitem Umfeld zu Bodenveränderungen, tektonischen Erschütterungen und Verwerfungen kommt.

Aus geologischer und geophysikalischer Sicht erstaunen diese geotektonischen Störungen daher nicht. Die Ursachen dafür, dass  im Landauer Stadtgebiet der Boden bis zu sieben Zentimetern angehoben wurde und sich wohl auch noch weiter heben bzw. senken wird, dürften daher mit wesentlich höherer Wahrscheinlichkeit hier zu suchen sein.

In diesem Falle würde meiner Meinung nach auch der Verursacher der Probleme ganz woanders zu suchen sein. Die Firmen, die seit Jahren das Öl aus den Landauer Schichten gewinnbringend fördern und gewiss nicht gerne zur Wiedergutmachung verpflichtet würden – die Deutsche Wintershall als Tochter der BASF!“ (desa/red)

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Rudolf Hoffmann ist leidenschaftlicher Verfechter der Geothermie.
Foto: privat

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