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Pirmasenser Oberbürgermeister fordert einen finanziellen Neustart

Pirmasens -Exerzierplatz.
Foto: Pfalz-Express/Ahme

Pirmasens. Mehrere zehntausend Menschen haben in den vergangenen Tagen die Kampagne des Aktionsbündnisses „Für die Würde unserer Städte“ auf Facebook und Twitter gesehen.

Auch der Pirmasenser Oberbürgermeister Markus Zwick hat sich daran beteiligt und mit seinen Kollegen einen klaren Appell an Bund und Land gerichtet: Die aktuelle Finanzverteilung in Deutschland ist ungerecht, die Kommunen leiden deshalb unter gewaltigen Belastungen. Wenn sie davon befreit würden, wäre ein fairer Neustart möglich.

„Nach einer jahrelangen Vogel-Strauß-Finanzpolitik von Bund und Land haben die Kommunen nun auch noch die Folgekosten der Corona-Krise zu tragen. Uns drohen der finanzielle Kollaps und der Verlust der Handlungsfähigkeit – und dies zu Lasten der Bürger, vor allem der jüngeren. Daher muss die künftige Bundesregierung hochverschuldeten Kommunen im Strukturwandel wie Pirmasens die Chance zum Neustart geben“, schreib OB Markus Zwick in den Sozialen Netzwerken.

Die Haushaltssituation der Siebenhügelstadt ist dramatisch: Das strukturelle Defizit beträgt aktuell rund 15,5 Millionen Euro und die Gesamtverschuldung summiert sich inzwischen auf 395 Millionen Euro.

Die Kommunen haben in den vergangenen Jahren große Anstrengungen unternommen und bewiesen, dass sie mit Geld umgehen können, indem sie aus einem Minimum an Möglichkeiten das Maximum gemacht haben. Nun drohen die Folgen der Pandemie diese Erfolge zunichtezumachen. Die Kommunen verzeichnen große Steuer- und Gebührenausfälle und müssen mit enormen Kosten der Krise rechnen.

Die Stärkungsmaßnahmen von Bund und Ländern müssen gezielt fortgeführt werden, um insbesondere benachteiligte Kommunen, die über keine Rücklagen als Krisenpuffer verfügen, arbeitsfähig zu halten. Benachteiligte Kommunen merken zum dritten Mal in zwei Jahrzehnten, dass sie eine Krise nicht aus eigener Kraft bewältigen können. Ohne weitere Krisenunterstützung wie 2020 weist die Finanzplanung für die nächsten Jahre schon jetzt hohe Defizite und neue Schulden aus.

Auf diese Situation haben die Oberbürgermeister und Kämmerer in den Sozialen Netzwerken aufmerksam gemacht. Deshalb fordern sie einen finanziellen Neustart.

Neustart bedeutet in diesem Zusammenhang dreierlei:

1. Eine Finanzverteilung, die nicht mehr zu Lasten der Kommunen geht. Wenn Bund oder Land Aufgaben an die Kommunen übertragen, müssen sie auch die Kosten übernehmen. Es kann nicht sein, dass die Kommunen Kredite aufnehmen, um Aufgaben zu erfüllen, die ihnen zugewiesen wurden.

2. Eine Befreiung von Altschulden. Die ungerechte Finanzverteilung hat in vielen benachteiligten Kommunen zu erheblichen Schulden geführt, die wichtige Investitionen verhindern und so die Abwärtsspirale in Gang halten.

3. Förderprogramme, die zu den Möglichkeiten der Kommunen passen. Die benachteiligten Städte und Kreise drohen, bei Zukunftsthemen wie Digitalisierung oder Klimaschutz erneut abgehängt zu werden. Die aktuellen Förderprogramme passen mit ihren Bedingungen nicht zu den Möglichkeiten der Kommunen und müssen deshalb dringend neu ausgerichtet werden.

Die Verwaltungschefs und Kämmerer freuen sich über die Resonanz auf ihre Beiträge in den Sozialen Netzwerken. Sie kündigen deshalb an, dass sie auch nach der Bundestagswahl nicht locker lassen werden. „Wir werden unseren Forderungen nach Befreiung vom finanziellen Ballast und einem fairen Neustart auch im Herbst in Berlin Nachdruck verleihen“, sagt Oberbürgermeister Markus Zwick.

Hintergrund: Wegen der von Bund und Land per Gesetz übertragenen, aber nicht ausreichend gegenfinanzierten Pflichtaufgaben, insbesondere im Sozialbereich, sind Kommunen in eine gefährliche Schieflage geraten.

Um mit einer Stimme zu sprechen, haben besonders hoch verschuldete Städte aus acht Bundesländern ein parteiübergreifendes Aktionsbündnis gegründet, dem inzwischen 70 Kommunen aus acht Bundesländern angehören. Diese Städte, in denen zusammengerechnet mehr als neun Millionen Einwohner leben, drücken Kassenkredite in Milliardenhöhe.

Aus Rheinland-Pfalz gehören dem Aktionsbündnis dreizehn Kommunen an: Das sind neben Pirmasens die Städte Frankenthal, Kaiserslautern, Koblenz, Lahnstein, Ludwigshafen, Mainz, Mayen, Neustadt/Weinstraße, Neuwied, Trier, Worms und Zweibrücken.

Die Sprecher des Aktionsbündnisses sind Oberbürgermeister a.D. Dr. Bernhard Matheis (CDU) aus Pirmasens, Bürgermeister Dirk Glaser (parteilos) aus Hattingen an der Ruhr sowie Wuppertals Stadtdirektor Dr. Johannes Slawig (CDU) und sein Dortmunder Kollege Jörg Stüdemann (SPD). www.fuerdiewuerde.de [1]

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