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Pfalz-Express-Interview mit Landrätin Theresia Riedmaier: „Die Entscheidung war richtig“

Landrätin Theresia Riedmaier verabschiedet sich am Samstag mit einem Bürgerempfang. Foto: Pfalz-Express/Ahme [1]

Landrätin Theresia Riedmaier verabschiedet sich am Samstag mit einem Bürgerempfang.
Foto: Pfalz-Express/Ahme

SÜW. Theresia Riedmaier ist seit 1997 Landrätin im Kreis Südliche Weinstraße. Im April 2013 wurde Riedmaier für eine dritte Amtszeit bis 2021 gewählt. Ganz überraschend teilte die 65-Jährige im Januar diesen Jahres mit, dass sie im Herbst 2017 aus gesundheitlichen Gründen ihr Amt aufgeben wolle.

Der Pfalz-Express (PEX) befragte Frau Riedmaier zur bald abgelaufenen Amtszeit.

PEX: Frau Riedmaier, wann reifte in Ihnen der Entschluss, Ihre Amtszeit zu beenden?

Nach der Vorerfahrung eines Schlaganfalls im Jahr 2006, der glücklicherweise gut überstanden und dessen Folgen bewältigt waren, war mir die Gefährdung immer bewußt; ich kannte die Vorzeichen und konnte aufgrund der Erfahrung in der 2. Jahreshälfte 2016 auftretende Vorboten richtig deuten. Einige wichtige Arbeiten und Beschlüsse, zum Beispiel den Haushalt 2017, wollte ich unbedingt zum wenigstens vorläufigen Abschluß bringen.

In der ruhigen Zeit um Weihnachten/Neujahr habe ich dann abgewogen, die Risiken gesehen und mich dazu entschieden, das Amt aufzugeben. Diese Entscheidung ist mir sehr schwer gefallen – sie ist richtig.

PEX: Wie würden Sie Ihre 20-jährige Amtszeit zusammenfassen? Für 20 Jahre bitte drei Sätze:

Die „Südliche Weinstraße“ hat sich weit hinaus ins Land einen erstklassigen hervorragenden Ruf als lebenswerte Region, als kinder- und familienfreundlicher Landkreis, als Bildungs- und Wissensregion mit interessanten Arbeitsplätzen, starker Wirtschaft, einem tragfähigen sozialen Netz, einer hervorragenden Infrastruktur, weitgehend geschützter Umwelt und Natur, herrlicher Landschaft, lebendiger Kultur, großartiger Gastlichkeit, hochklassigen Winzerbetrieben und hervorragenden Weinen, gelebter Gemeinschaften in unseren Dörfern und Städten und hoher Lebensqualität erworben und gesichert.

Der Landkreis steht sehr gut da.
Vieles war harte Arbeit, die ich gerne und mit Leidenschaft getan habe – jetzt sehe ich zuerst das Schöne.

PEX: Wie hat sich der Kreis SÜW in diesen 20 Jahren in Ihrer eigenen Wahrnehmung verändert?

Wir sind stärker, attraktiver und selbstbewusster geworden. Die SÜW ist in jeder Weise für die Zukunft gut aufgestellt – lebenswert, sozial, wirtschaftlich und in einem starken „WIR“-Gefühl, was sich besonders am starken ehrenamtlichen Engagement, in einer tragfähigen Toleranz und der Freude am Gelingen zeigt.

PEX: Werden Sie noch irgendwelche Ämter behalten? Oder wird Ihr Nachfolger Dietmar Seefeldt diese Ämter automatisch besetzen?

Zum 30. September 2017 werde ich mein Amt als Landrätin aufgeben. In Abhängigkeit von diesem Amt stehen zahlreiche weitere Aufgaben, zum Beispiel Vorsitz des Verwaltungsrats der Sparkasse Südliche Weinstrasse, Vorsitz des Vereins SÜW e.V. (Wein- und Tourismuswerbung), Mitgliedschaft im Vorstand der PfalzWein e.V., der Gremien der Verkehrsverbünde VRN und KVV, des Euro-District Regio Pamina, der Südpfalz-Therme, des Klinikums Landau-SÜW …. und einige mehr. Diese Aufgaben wird Herr Seefeldt als neuer Landrat übernehmen.

Ehrenamtlich war ich Vorsitzende des DRK SÜW (damit auch Aufsichtsratsvorsitzende der DRK Rettungsdienst GmbH) und des Madenburg-Vereins. Hier werden Wahlen stattfinden; ich freue mich, dass Herr Seefeldt bereit ist, auch diese Aufgaben als Vorsitzender zu übernehmen.

PEX: Was werden Sie als Privatperson in Angriff nehmen? Ihr Lebensgefährte Volker Krebs ist ja dann auch berentet?

In meinem Büro zuhause gibt es einiges aufzuräumen und zu sortieren. Das steht als erstes an. Dann kleinere Reisen im Oktober und November und wenn ich mich dann an den Ruhestand gewöhnt habe, schaue ich, ob und was ich mache.

Volker Krebs wird nach über 40 Jahren Lehrtätigkeit am Institut für Bildende Kunst der Universität Landau auch zum 30. September 2017 verabschiedet.
Als Künstler wird er – und das war immer klar! – weiter arbeiten und gestalten.
Trotzdem werden wir mehr gemeinsame Zeit haben als bisher.

PEX: Haben Sie bereut, etwas nicht getan zu haben? Wenn ja, was war das?

Meine Arbeitstage und die Wochenenden waren immer streng nach dienstlicher Effizienz getaktet. Rückblickend empfinde ich, es wäre gut gewesen, mir auch Zeit zu nehmen für mehr persönliche Gespräche nach den offiziellen Veranstaltungen oder zwischendurch.

Ich war vielleicht zu stark darauf ausgerichtet, eine möglichst große Arbeitsfülle und sehr viele Termine so effizient wie möglich zu bewältigen. Der entspannte Plausch kam definitiv zu kurz. Schade.

PEX: Würden Sie mit einem gewissen Abstand zum Beginn Ihrer Tätigkeit heute etwas anders machen?

Ja. Ich würde mich (noch) stärker um Zusammenarbeit der den Landkreis tragenden politischen Kräfte – wie zum Beispiel in der Südwestpfalz oder im Kreis Bad Dürkheim – bemühen. Das kann die Arbeit noch effektiver machen.

PEX: Was zählen Sie zu Ihren größten Érfolgen?

Alle wichtigen großen politischen Leitlinien – Kinder- und Familienfreundlichkeit, Bildungslandschaft, Infrastruktur, Wirtschaftsförderung, Wein- und Tourismuswerbung, Sozialpolitik, Feuerwehr und Rettungswesen, Umwelt- und Landschaftsschutz, Kunst und Kultur – wirken so zusammen und ineinander, dass eine starke, attraktive, selbstbewusste und lebenswerte SÜDLICHE WEINSTRASSE zukunftsfähig ausgerichtet ist.

PEX: Welches Thema war ein „Sorgenkind“ für Sie?

Die größte Sorge über die längste Phase meiner Amtszeit waren die knappen Finanzen und die steigende Verschuldung.
Wir haben trotzdem viel investiert – zum Beispiel in unsere Kindertagesstätten und Schulen, auch in den ÖPNV, in Krankenhäuser, Feuerwehr, Umweltschutz , die innere Erneuerung (IT) und Erweiterung des Kreishauses, in Wirtschaftsförderung und Jugendarbeit.
Langsam zeichnet sich eine Verbesserung der Situation ab. Langsam!

PEX: Frauen in der Politik? Wie könnte das noch weiter transportiert werden? Und warum entschließen sich so wenig Frauen zu einem politischen Amt?

Bei den Abgeordneten in den Landtagen, im Bundestag und im Europaparlament haben die Frauen ganz schön aufgeholt. Das ist auch der in den 80er Jahren eingeführten Quotenregelung zu danken.
Leider fehlen die Frauen in den kommunalen Parlamenten und bei den kommunalen Hauptämtern (Bürgermeisterin, Oberbürgermeisterin, Landrätin …). Bis vor kurzem war ich die einzige Landrätin in Rheinland-Pfalz bei 24 Landkreisen.

Ich glaube, die bekanntermaßen enorme Arbeitsbelastung ist für Frauen, die Familie und Beruf vereinbaren wollen, ein ernstes Hindernis.
Dennoch ist es meine Überzeugung: Frauen können gut „regieren“.

PEX: Wen oder was werden Sie am meisten vermissen?

Die neugierigen Augen der Kinder und ihre unbefangene Fröhlichkeit, die viele Veranstaltungen bereichert hat. Die warmherzigen Gesten der Zuneigung bei der ‚Lebenshilfe‘ oder in der ‚Südpfalzwerkstatt‘.

PEX: Sprechen Sie einen Ihnen wichtigen Punkt an, der noch nicht behandelt worden ist.

Leider gibt es im Landkreis SÜW keine Integrierte Gesamtschule. Wir haben das zwar behandelt, aber im Kreistag gab es dafür zu meinem großen Bedauern keine Mehrheit.

Das finde ich immer noch sehr schade, weil ich weiß, dass viele Eltern versuchen, ihre Kinder in der Landauer IGS anzumelden, was wegen beschränkter Aufnahmekapazitäten und einer Priorität für Landauer Kinder leider oft nicht gelingt.

PEX: Was würden Sie Ihrem Nachfolger raten?

Von meiner ersten Sekretärin, Sigrid Schnell, habe ich am ersten Arbeitstag im September 1997 eine Karte mit folgendem Zitat bekommen:
„Gott, gib mir die Gelassenheit, die Dinge hinzunehmen, die ich nicht ändern kann, den Mut, die Dinge zu ändern, die ich ändern kann und die Weisheit, das eine vom anderen zu unterscheiden“

Ein Zitat, das Christoph Friedrich Oetinger zugeschrieben wird. Diese Karte lag alle Jahre immer in greifbarer Nähe auf meinem Schreibtisch. Ich finde, das ist ein guter Rat.

Mit einem Bürgerempfang rund um das Kreishaus möchte sich Landrätin Theresia Riedmaier am Samstag, 30. September um 11 Uhr verabschieden.

Die Veranstaltung wird musikalisch von der Kreismusikschule umrahmt. (desa)

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