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Offenbach: Mit energetischem Quartierskonzept zur Wärmewende

Die PVT- oder Hybrid-Module auf dem Dach das Rathauses sind ein essentieller Bestandteil des kalten Nahwärmenetzes in Offenbach.
Foto: VG-Verwaltung Offenbach

Offenbach. Dass in der Queichgemeinde Offenbach der Umweltschutz groß geschrieben wird, ist lange kein Geheimnis mehr. Vor allem in Sachen Selbstversorgung aus erneuerbaren Energien ist Offenbach eine der führenden Kommunen im Land.

Auf dem Gemarkungsgebiet der Gemeinde befinden sich neun Windkraftanlagen, zahlreiche PV-Anlagen auf privaten und öffentlichen Gebäuden sowie ein kleines Wasserkraftwerk an der Queich.

Außerdem wird das Faulgas der örtlichen Kläranlage zur Stromproduktion mittels eines BHKW genutzt. Dies alles führt dazu, dass in Offenbach selbst etwa 200 % des im Ort selbst verbrauchten Stroms aus erneuerbaren Quellen erzeugt wird. Doch nicht nur in Sachen Strom ist man Vorbild, auch den Wärmesektor hat Bürgermeister Axel Wassyl in den Fokus des kommunalen Handelns gerückt.

Die Gemeinde Offenbach beschäftigt sich bereits seit vielen Jahren mit der Frage, wie die Energieeffizienz im öffentlichen und privaten Bereich gesteigert und damit der Klimaschutz vorangebracht werden kann. Das örtliche Queichtalbad (kommunales Freibad) wird schon seit 2009 bilanziell CO2-neutral betrieben. Die Aufheizung des Beckenwassers erfolgt primär mit Solarabsorberanlagen, sekundär mit Wärmepumpen, deren Stromverbrauch wiederum mit PV-Anlagen gedeckt wird. Eine nächtliche Beckenabdeckung reduziert den Wärmeverlust um etwa 40 %.

Um weitere Möglichkeiten der CO2-Minderung zu prüfen, hat die Gemeinde Offenbach im Februar 2018 einen Antrag zur Aufnahme in das Programm 432 „Energetische Stadtsanierung“ der KfW-Bankengruppe gestellt, der im August 2018 bewilligt wurde. Jetzt ist das energetische Quartierskonzept für den Bereich rund um das Rathaus fertig gestellt.

Mit Hilfe des Programms „Energetische Stadtsanierung“ wollte die Gemeinde die Chancen zur Effizienzsteigerung vorhandener Anlagen, zur Einsparung von Energie und zum Einsatz regenerativer Quellen zur Energieversorgung prüfen.

Im Queichtalzentrum, im nördlichen Ortsbereich von Offenbach befinden sich nahezu sämtliche kommunalen Gebäude, deren Heizungstechniken teilweise veraltet sind. Andererseits sind aber auch Strukturen vorhanden, die bei dem Bestreben der Entkarbonisierung der Gebäudebeheizung kommunaler und privater Art genutzt werden können. Viele Gebäude genügen aber auch hinsichtlich der Wärmedämmung zum Großteil nicht mehr den heutigen Anforderungen.

Darüber hinaus bestehen im angrenzenden Wohngebiet sowie im Bereich der Altortsbebauung an der Jakobstraße und Essinger Straße erhebliche Potentiale zur Energieeinsparung durch eine intelligente Wärmeversorgung und eine energetische Sanierung der Gebäude.

Im Rahmen des Programms wurde unter anderem untersucht, ob und unter welchen Voraussetzungen ein „kaltes“ Nahwärmenetz aufgebaut werden kann. Darüber hinaus wurden Maßnahmen herausgearbeitet, die einen bedeutenden Beitrag zur Reduzierung CO2-Ausstoßes leisten können (Wärmedämmung, Erneuerung der Heizanlagen etc.).

Mittels eines Fragebogens wurden die Eigentümer und Bewohner des Gebietes hinsichtlich des Wärmebedarfs, der Art der bezogenen Heizenergie sowie die bisherigen Maßnahmen zur Energieeinsparung sowie der Bereitschaft künftiger Investitionen in diesem Bereich befragt.

Zusätzlich wurde im Themenbereich Mobilität die Ist-Situation sowie die Bereitschaft zur Optimierung im Sinne der Reduzierung des jeweils persönlichen CO2-Ausstoßes ermittelt.

Im Rahmen des energetischen Quartierskonzepts wurden unter anderem folgende Themenbereiche erarbeitet:

• Energie- und CO2-Bilanz im Quartier

• Möglichkeiten für energetische Sanierungen von Gebäuden

• Errichtung eines „kalten“ Nahwärmenetzes unter energetischen und wirtschaftlichen Gesichtspunkten

• Kombination und optimale Abstimmung bestehender Energieerzeugungsanlagen

• Einbindung der Eigentümer und Bürger in die Konzeption und Motivation für die Umsetzung.

• Möglichkeiten der Optimierung von Maßnahmen zur Verminderung des CO2-emittieren Individualverkehrs

Die Ausarbeitung des Konzepts erfolgte durch die Queichtal Energie Offenbach GmbH & Co. KG (mehrheitlich kommunales Energieversorgungsunternehmen) mit Unterstützung durch die EnergieSüdwest Projektentwicklung GmbH sowie den Büros Dr. Löffler (Jockgrim) und der Energieberatung Andrea Klein (Edenkoben).

Eine konkrete Konzeptidee ist zum Beispiel die Errichtung eines “kalten Nahwärmenetzes” in dem Quartier. Hierbei sollen die verschiedensten Formen der Nutzung bereits vorhandener Energiequellen (Nutzung von Abwärme sowie der vorhandenen Solarabsorber Anlage des Schwimmbades sowie Solarthermie-Anlagen) aber auch die zusätzliche Anlagen zur Nutzung regenerativer Energiequellen, wie Erdwärme, Sonnenenergie, möglicherweise auch eines erdgebundenen Speichers in die Nutzung einbezogen werden.

Die jeweiligen mit Wärmepumpen ausgestatteten Anschlussnehmer des Wärmenetzes könnten dabei gleichzeitig Verbraucher, wie auch Energielieferanten sein. Die ersten Leitungen liegen bereits in der Erde. Ausgangspunkt ist zunächst das im Neubau befindliche Rathaus, welches bereits mit Hybrid-Solarmodulen ausgestattet ist, die Energie in das Netz einspeisen.

Von dort aus wurde die Leitung im Mai diesen Jahres über die Straße bis zum Queichtalbad sowie bis zum benachbarten Kindergarten verlegt. Ein Anschluss des in der Umbauplanung befindlichen Foyers der Sporthalle neben dem Schwimmbad ist konkret vorgesehen.

Aber nicht nur kommunale Gebäude sollen rein aus erneuerbaren Quellen beheizt werden können, sondern auch Privathäuser. Bis zum Ende des Jahres wird mit den Hauseigentümern im Baugebiet aus den 70er Jahren Kontakt aufgenommen, die bei der Befragung Interesse am Anschluss angemeldet haben.

Die Vision von Ortschef Axel Wassyl ist, die „dass sich das Wärmenetz über ganz Offenbach ausbreitet und jedes Haus die Möglichkeit hat, umweltfreundlich beheizt werden zu können. Gleichzeitig ist man damit unabhängig von der Versorgungs- und Preisentwicklung im Öl- und Gassektor. Die Wertschöpfung bleibt im Ort und fließt nicht nach Russland oder in den Nahen Osten!“

Die Optimierung des ÖPNV-Angebotes sowie der Aufbau eines E-Mobil-Sharing-Systems im Quartier und der Ausbau der Ladeinfrastruktur für E-Mobile sind weitere Ziele des integrierten Konzeptes. Ein E-Fahrzeug steht bereits seit längerem stationär an der Ladesäule am Queichtalbad zur Anmietung bereit.

Die vorgesehene Öffentlichkeitsbeteiligung anhand von Einwohnerversammlungen fiel leider den Corona-Beschränkungen zum Opfer, so dass derzeit andere Kanäle genutzt werden, um den Inhalt des energetischen Quartierskonzeptes nach außen zu tragen.

Schließlich soll dies nicht in irgendeiner Schublade verschwinden, sondern auch in die Tat umgesetzt werden. Wichtiger Partner der Gemeinde Offenbach dabei ist und bleibt der Kommunale Energieversorgung, die Queichtal Energie Offenbach. Sie ist Betreiberin des Wärmenetzes, Anbieterin des Car-Sharing sowie aller im Konzept vorgesehenen Projekte und Dienstleistungen.

Weitere Informationen: www.offenbach-queich.de [1] und www.queichtal-energie-offenbach.de [2]

 

 

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