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Neustadter Bibelmuseum erhielt wertvolles Faksimile: Lorscher Evangeliar wurde der Öffentlichkeit vorgestellt

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Das Lorscher Evangeliar ist eine berühmte Evangelienhandschrift.
Foto: red

Neustadt. Das Bibelmuseum Neustadt an der Weinstraße (Stiftstraße 23) bekam ein wertvolles Faksimile des Lorscher Evangeliars von einem pensionierten Pfarrer gestiftet. Es wurde jetzt in der Schatzkammer des Bibelmuseums der Öffentlichkeit zugänglich macht. Kaufpreis der Ausgabe des Faksimile-Verlags Luzern war 2001 rund 36.000 DM.

Die Evangelienhandschrift gilt als eines der wertvollsten Schätze in der Geschichte des Buches als ein literarisches Prunkstück der Region Kurpfalz. Es wurde von Kaiser Karl dem Großen um das Jahr 810 in Auftrag gegeben und bis zum Raub der Bibliotheca Palatina im Dreißigjährigen Krieg (1622) im Kloster Lorsch und in Heidelberg aufbewahrt.

An den im Jahr 814 verstorbenen Karl den Großen wird 2014 in besonderer Weise erinnert. Im Rahmen des Gedenkjahres wird das Bibelmuseum Neustadt bis Ende 2014 in der Schatzkammer das Lorscher Evangeliar in besonderer Weise präsentieren und Informationen für Besucher des Bibelmuseums bereithalten.

Das Lorscher Evangeliar wird zu den Öffnungszeiten Dienstag und Donnerstag (9 bis 17 Uhr) und (Mittwoch 9 bis 12) Uhr sowie nach Vereinbarung zu sehen sein.

Michael Landgraf, der Leiter des Bibelmuseums Neustadt, beschreibt das Lorscher Evangeliar, den Codex Aureus Laurehamensis wie folgt:

Die Evangelienhandschrift gilt als eines der wertvollsten Schätze in der Geschichte des Buches als ein literarisches Prunkstück der Region Kurpfalz.

Das Lorscher Evangeliar entstand um 810 im Auftrag Kaiser Karls des Großen. Es ist ein bedeutendes Zeugnis der Reformen, die Karl der Große in seinem Reich durchführte. So war mit ein Grund für sein Entstehen, dass es bisher im Frankenreich noch keine einheitliche und sprachlich korrekte Gesamtausgabe der Evangelien gab. Karl der Große ließ die Liturgie neu ordnen, was ein Werk wie dieses notwendig machte.

Die Texte des Evangeliars wurden in der neuen Einheitsschrift des Reiches, der „karolingischen Minuskel“, geschrieben und sind ein Referenzwerk für den neuen Schreibstil. Schließlich hatte die Buchmalerei des Evangeliars maßgeblichen Einfluss auf die Gestaltung großer Bibelhandschriften des Hochmittelalters wie etwa die des Klosters Reichenau.

Die Texte der Handschrift basieren auf einer gut überlieferten Grundlage der vier Evangelien. Zusätzlich sind zwölf Kanon-Tafeln, zwei Briefe des Hieronymus, vier Vorreden zu den Evangelien sowie eine Landgüterverordnung beigefügt. Geschrieben wurde das Lorscher Evangeliar durchgängig mit Goldtinte auf Kalbspergament, das teilweise in Purpur getränkt wurde.

Die ursprünglich 474 Seiten im Format von 37,4 x 27 cm enthalten pro Seite 31 Zeilen. Die prunkvolle Ausgestaltung betrifft auch die Textseiten, die mit Ranken verziert sind. Großformatige Illustrationen und kleinere Miniaturen sind mit Gold- und Silberfarbe ausgestattet. Der Buchdeckel aus Elfenbein stellt Maria und Szenen aus dem Leben Christi dar. Die Illustration erforderte eine neue Bildersprache, die bisher im Frankenreich unbekannt war.

Die Kanon-Tafeln und Evangelistenbilder zeigen byzantinischen Einfluss, die Schmuckinitialen sind inspiriert durch Vorlagen von den britischen Inseln. Die für die Herstellung verwendeten Materialien und wenigen Gebrauchsspuren zeigen, dass das Lorscher Evangeliar vor allem Repräsentationszwecken gedient haben muss.

Erstmals erwähnt wurde das Evangeliar im Katalog der Klosterbibliothek Lorsch um 860. 1479 wurde es in zwei Teilen neu gebunden. Als 1556 das Kloster Lorsch durch den Pfälzer Kurfürsten Ottheinrich auflöst wurde, holte er das Lorscher Evangeliar nach Heidelberg in seine berühmte Bibliotheca Palatina. Als 1622 im 30jährigen Krieg Truppen der katholischen Liga Heidelberg besetzten, wurde mit der Bibliothek auch ein Teil des Evangeliars (Lukas
und Johannes) entwendet und nach Rom verschickt, wo es sich heute noch im Vatikan befindet.

Auch die hintere Elfenbeintafel befindet sich dort. Der Vorderteil wurde vermutlich mit anderen Werken vom päpstlichen Gesandten Leone Allacci entwendet. Über die Stationen Rom und Wien kam der Band im 18. Jahrhundert in den Besitz des Bischofs von Siebenbürgen (Rumänien) und wird heute in der rumänischen Nationalbibliothek verwahrt. Die vordere Elfenbeintafel wurde vor 1785 vom Buchteil abgetrennt und kam 1853 nach London (Victoria und Albert Museum). (red)

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