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Neustadt: Kommunalpolitiker klagt gegen Partei „Der dritte Weg“: Gewinnversprechen oder politische Provokation?

Prozess mit großem Medienrummel: Rechts Beklagter Klaus Amstrop. links am Tisch Kai Bitzer. Foto: Pfalz-Express/Ahme [1]

Großer Medienrummel beim Prozess.
Foto: Pfalz-Express/Ahme

Neustadt. Gewinnversprechen oder politische Provokation – ein Zivilrichter des Amtsgerichts in Neustadt an der Weinstraße muss sich mit einem kuriosen Fall beschäftigen.

Verhandelt wurde am 8. Juni die Klage eines Kommunalpolitikers aus Olpe gegen die in Weidenthal/Pfalz ansässige Partei „Der III. Weg“.

Anwesend waren der Kläger, ein Grünen-Kommunalpolitiker aus Olpe und der Vorsitzende der Partei „Der Dritte Weg“.

Der zuständige Richter hatte zunächst die Sachlage erläutert. Nicht ohne zuvor von einem „zweifelhaften Vergnügen“ gesprochen zu haben, denn da der Sitz der Partei in Weidenthal ist, „fiel der Prozess in unseren Sprengel“.

Er stellte dar, dass der Kläger Kai Bitzer eine Postkarte des „Dritten Weges“ erhalten habe. Auf dieser als Gutschein gekennzeichneten Karte sieht man ein Flüchtlingsboot mit dem Text „Wer Deutschland nicht liebt, soll Deutschland verlassen! Gutschein für die Ausreise aller Überfremdungsbefürworter Richtung Afrika“ mit drei Varianten (Schiffsreise, Landwegroute über Balkan oder Flugreise) zur Ausreise nach Afrika.“

Um diese Postkarte geht der Streit. [2]

Um diese Postkarte geht der Streit.

Die Partei hatte mit dieser Karte Politiker in ganz Deutschland „beglückt“. Viele der Angeschriebenen werden sich geärgert haben, Kai Bitzer jedenfalls will darin eine „Gewinnzusage“ erblickt haben.

Er hätte die Seereise angekreuzt und die Karte zurückgeschickt mit der Aufforderung, die Unterlagen für die Reise zu schicken.

Nachdem er die Partei angeschrieben hatte und keine Antwort erhielt, möchte er nun per Gericht die Übernahme der Kosten für eine Seereise von Deutschland nach Afrika einklagen.

Eine vergleichbare Reise koste 2200 Euro, argumentiert er.

Die beklagte Partei beantragte die Abweisung der Klage. Sie geht davon aus, dass es sich nicht um eine verbindliche Zusage, sondern um eine politische Provokation handelt. Im Übrigen sei die dauerhafte Ausreise gefordert, die der Kläger aber nicht plane.

Der Richter hat darauf hingewiesen, dass ein Anspruch nach § 661 a des Bürgerlichen Gesetzbuchs bestehen kann.

Voraussetzung dabei ist, dass der Kläger als Verbraucher von einem Unternehmer etwas zugesandt bekam, das den Eindruck erweckt hat, dass er einen Preis gewonnen hat.

Diese Norm ist vor Jahren zum Schutz von Verbrauchern ins Gesetz aufgenommen worden. Der Richter machte deutlich, dass es auf die objektive Wirkung der Karte und des Textes ankommt.

Das Ansinnen des Beklagten oder die Interpretation des Klägers seien insoweit nicht entscheidend. Dass mit der Forderung nach einer Ausreise eine dauerhafte Ausreise gemeint sei, sei nicht zwingend.

Thematisiert wurde auch, ob „Der Dritte Weg“, wie in der vorgenannten Vorschrift gefordert, als Unternehmer gehandelt hat.

Da ein Internet-Shop betrieben wird, bei dessen Preisen auch die Mehrwertsteuer ausgewiesen wird, könnte dies auf eine gewerbliche oder selbständige Tätigkeit hinweisen, so das Gericht.

Der Richter machte deutlich, dass zum derzeitigen Zeitpunkt der Ausgang der Klage offen sei und fragte die Kontrahenten, wie sie das bewerteten.

Er warb für eine einvernehmliche Lösung und schlug vor, einen Geldbetrag an eine gemeinnützige Einrichtung zu zahlen. Das wurde seitens der beklagten Partei abgelehnt.

„Das sind Kinkerlitzchen, damit müssen sich deutsche Gerichte herumschlagen“, empörte sich eine Zuhörerin später. Für sie sei es offensichtlich, dass eine politische Aussage gemeint war und keinesfalls eine Gewinnzusage damit verbunden sei.

Der Beklagte jedenfalls hat sich nicht weiter dazu geäußert. Es stünde alles Wesentliche im Anwaltsschreiben, bemerkte er zum Pfalz-Express.

Die Postkartenaktion landete schon vor einem Jahr bei der Frankenthaler Staatsanwaltschaft. Es wurde damals entschieden, kein Ermittlungsverfahren einzuleiten, da „der Inhalt der Postkarte und die Zusendung an Abgeordnete „nicht den Tatbestand der Volksverhetzung (…) oder einen anderen Straftatbestand“ erfülle.

Am Donnerstag, 29. Juni, um 8.30 Uhr wird die Entscheidung des Gerichts verkündet. (desa/red)

Im Amtsgericht in Neustadt wird ein kurioser Fall verhandelt. Foto: Pfalz-Express/Ahme [3]

Im Amtsgericht in Neustadt wird ein kurioser Fall verhandelt.
Foto: Pfalz-Express/Ahme

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