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Neurobiologe Hüther in Landau: Haltungen entstehen durch Erfahrungen

Große Begegnung: Gerald Hüther im Landauer Universum Kino.
Foto: Pfalz-Express/Ahme

Landau. Gerald Hüther ist Neurobiologe, Bestsellerautor und wissenschaftlicher Berater namhafter Unternehmen. Er war Gast der Reihe „Große Begegnungen“ des Zentrums für Kultur- und Wissensdialogs der Universität in Landau und sprach im ausverkauften Universum Kino über Würde und die Stärken des Einzelnen in der Gesellschaft.

In einer bildhaften Sprache mit vielen Beispielen, ließ er seine Erkenntnisse aus der experimentellen Hirnforschung einfließen. Das Publikum war gespannt auf den Wissenschaftler, der völlig frei und unkompliziert seine Thesesn vertrat. Zuvor hatte Professorin Anja Ohmer den Hirnforscher, der in der DDR aufgewachsen ist, im Lebenslauf vorgestellt.

Viel Überraschendes und Unerwartetes hatte Hüther im Gepäck. „Richten wir uns immer nach den Erwartungen anderer, so degradieren wir uns selbst zu Objekten, die das Bewusstsein für die eigene Würde verlieren“ sagt Gerald Hüther. Wer will ich sein, wie sehe ich mich selbst in der Zukunft und was kann ich zu einem menschenwürdigen Miteinander beitragen? Fragen, die Menschen unterschiedlichen Alters gleichermaßen beschäftigen.

Gerald Hüther: „Geborgenheit bedeutet Wachsen in der Gemeinschaft“.
Foto: Pfalz-Express/Ahme

Seine Grundthese: Wir dürfen den/die Anderen nicht zum Objekt machen, was aber schon in der Schule passiert.“Wir können Kinder nicht erziehen, wir können sie nur einladen, sich selbst zu bilden!“, sagt Hüther. Wichtig sei es, dass Kinder nicht die Freude am Lernen verlieren. „Lehrer haben den wichtigsten Job in einer Gesellschaft“, so Hüther.

Er sieht bereits in der Grundschule die Anfänge dieses falschen Verhaltens der Erwachsenen. Kinder erleben sich hier als Objekte von Erwartungen und Bewertungen. Dieser Umstand prägt sie bis ins Erwachsenenalter: „Haltungen entstehen durch Erfahrungen“, sagt Hüther dazu. Um einen Ausgleich zu schaffen, werde der Konsum später zum Ersatzgut und schaffe eine Illusion für Nähe und Gemeinschaft.

„Viele Menschen haben erkannt, dass das, was sie tagtäglich tun, nicht dazu beiträgt, gesund zu bleiben, glücklich zu werden und ihre Talente und Begabungen zu entfalten“, meint Hüther. Die Würde ist für Hüther ein innerer Kompass, der jeden Menschen durch Turbulenzen, Verlockungen und scheinbare Notwendigkeiten navigiert. Wer von klein auf erfahre, dass er so geliebt und geachtet werde, wie er ist, entwickele mit den Jahren ein Bewusstsein für diese Würde und lasse sich nicht so leicht von Werbeversprechen verführen und zum Objekt fremder oder eigener Ideale machen.

Hüther: „Liebe ist DER Entwicklungshelfer per se“.
Foto: Pfalz-Express/Ahme

Seinem Bild „entwickle dich aus der Verwicklung“ kann man gut folgen und nachspüren, zumal Hüther alle Thesen durch Beispiele ergänzt. Vom Objektiv zum Subjektiv werden, sei die größte Transformation der heutigen Zeit.

In einer von Effizienzdenken und Erfolgsstreben geprägten Zeit hält Hüther die Wiederentdeckung der eigenen Würde für eines der wichtigsten Ziele im 21. Jahrhundert. Denn sie beeinflusse letztlich, wie wir miteinander umgehen, mit der Natur, mit unseren Ressourcen. „Wenn wir unsere Würde verlieren, berauben wir uns unserer Lebensgrundlagen“, warnt Hüther. „Dann können wir nicht überleben auf diesem Planeten“. (desa)

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