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Neujahrsempfang der Südpfälzer Grünen: Ehrengast Cem Özdemir: „Die Zukunft liegt in der Mäßigung“

Cem Özdemir bedankt sich bei Dr. Lindner (r.) für einen guten Tropfen Pfälzer Wein.
Foto: Pfalz-Express/Ahme

Edenkoben. Die Grünen im Kreis Germersheim, Grüne Landau und Bündnis 90/Die Grünen – Südliche Weinstraße trafen sich im Gutshof Ziegelhütte zum diesjährigen Neujahrsempfang.

Aber nicht nur die, sondern auch Vertreter von CDU und SPD waren in das Restaurant gekommen, um den prominenten Gastredner Cem Özdemir, Vorsitzender des Ausschusses für Verkehr und digitale Infrastruktur des Deutschen Bundestages, sprechen zu hören.

Andrea Klein, Fraktionsvorsitzende der GBE (Grüne Bürgerliste Edenkoben) sagte zunächst, dass man zukünftig beabsichtige, nicht mehr als GBE anzutreten, sondern als Ortsverein Bündnis 90/Grüne und auch mit dem neuen Namen zur kommenden Kommunalwahl stärker werden möchte.

„So voll war es noch nie bei einem Neujahrsempfang der Südpfälzer Grünen“, sagte Dr. Tobias Lindner bei seiner Begrüßung.
Er ließ das Jahr 2018, die schwierige Regierungsbildung Revue passieren. Mehr aus staatspolitischer Verantwortung, denn aus Überzeugung wäre man in die Regierung gegangen, so Lindner. „Was ja dann („Ich nenne nicht den Namen“) von der FDP verhindert worden ist.“

Bei der Europawahl im Mai müsse man mit erstarkten Nationalisten rechnen, die Vieles blockierten. Es gäbe aber auch Leute, die Europa als DIE Lösung ansähen.

„Vieles steht auf dem Spiel“

Für die Kommunalwahlen im Mai sei man in der Südpfalz gut aufgestellt, so Lindner. Für die Kommunalpolitik brach er eine Lanze: „Es ist ein befriedigendes Gefühl als Kommunalpolitiker zu sehen, was alles umgesetzt und Realität wird. Kaum eine Region ist so eng mit Europa verbunden wie die Südpfalz. Umso bedeutender sind die anstehenden Kommunal- und Europawahlen für uns. Vieles steht auf dem Spiel und wir GRÜNE sind bereit, Verantwortung zu übernehmen“, so Lindner.

Das Parteiensystem sei in Bewegung – mit Chancen und Risiken, so Lindner. Auf die Grünen werde auch mittlerweile anders geschaut, das bewiesen die guten Umfrageergebnisse. Ist es ein Zwischenhoch oder eine Schwäche der Anderen? Dies könne so nicht beantwortet werden.

Auf jeden Fall zeigten die Grünen klare Haltung und seien kein Fähnchen im Wind: „Wir bleiben auf dem Teppich, auch wenn er fliegt“, so Lindner. 2019 ist ein gutes Jahr für die Grünen: In der Südpfalz gibt es sie seit 40 Jahren. „Das werden wir auch entsprechend feiern“.

Cem Özdemir, der mit dem Zug gekommen und von Lindner am Mannheimer Bahnhof abgeholt worden war, dankte diesem für dessen Rolle im Bundestag. „Er ist ein guter Parlamentarier, der kritisch prüft und jeden Stein umdreht“, lobte Özdemir seinen Parteifreund.

Özdemir, der übrigens schon einmal mit einem Pfälzer Mädel aus Germersheim verbandelt war, gab sich heimatverbunden und erzählte auch aus dem politischen Nähkästchen.

Erdogan die Meinung gesagt

Als der türkische Staatspräsident Erdogan von der Bundesregierung eingeladen worden war, war auch Özdemir beim Empfang zugegen und schüttelte Erdogan die Hand. „Es war mir ein Fest, ihm zu sagen, was ich von ihm halte. Das würde ich gerne allen anderen autoritären Herrschern auch mitgeben“, so Özdemir. Er habe ihm auch gesagt: „Geben Sie Gedankenfreiheit“, in Anlehnung an Schillers berühmtes Zitat aus „Don Carlos“.

Liberale Demokratien seien unterrepräsentiert, bemängelt Özdemir und spricht speziell die Türkei und Russland als entsprechende Gegenbeispiele an. Vor allem Russland sei wie kein anderes Land digital bestens organisiert und beherrsche die sozialen Medien auch mit Fake-Accounts: „Die sind perfekt organisiert“.

„Ich lag öfters mit meinen Vorhersagen falsch“, gibt Özdemir zu. Getäuscht habe er sich mit Trump und mit dem Brexit – Beides habe er nicht für möglich gehalten.

Zurück zur Bundespolitik: Man müsse die Große Koalition daran erinnern, was sie versprochen habe, so Özdemir. In der Flüchtlingspolitik sei Einiges schief gelaufen, gibt Özdemir zu. Die Polizei dürfe nicht schlechter als der Verbrecher organisiert sein. Sprach-und Integrationskurse, schneller in Arbeit kommen, Integrationskurse und Fluchtursachen bekämpfen sei genauso wichtig wie die eigenen Werte zu vermitteln: „Wir sagen „Nein“ zu Antisemitismus und Ablehnung der Gleichberechtigung“.

Wichtig sei die Auseinandersetzung mit Rechtspopulisten, die versuchten, Rassismus hoffähig zu machen. „Es gibt eine Rote Linie, wenn Verbrechen relativiert werden“.

Ansonsten müsse man mit Jedem reden können und die Probleme der Leute ernst nehmen. Die Zukunft Deutschlands liege in der Mäßigung, nicht im Fanatismus. (desa)

Dr. Tobias Lindner, Cem Özdemir, Inhaber „Ziegelhütte“ Thomas Langhauser und GBE-Vorstandssprecher Hans-Peter Klein (v.l.n.r.)
Foto: Pfalz-Express/Ahme

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