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Neonazi-Aufmarsch in Landau: Buh-Rufe, Trillerpfeifen, Wasser- und Urinbomben

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Volkes Zorn: Die Gegendemonstranten waren aufgebracht. Fotos: Licht

Landau – Der Aufmarsch junger Neonazis in Landau erinnerte ein wenig an die Geschichte des Rattenfängers von Hameln. Ein Anführer mittleren Alters führte ein Aktionsbündnis der rechten Szene, eine Gruppe sogenannter „Junger Nationaldemokraten“,  vom Westbahnhof in die Innenstadt zur Ostbahnstraße. Dort sollte auf dem Platz zwischen Hauptpost und Sparkasse eine „Mahnwache mit Kundgebung“ abgehalten werden.

Nach deutschem verfassungsgeschützen Recht auf Versammlungs- und Meinungsfreiheit ganz legal – der Aufwand dafür war jedoch enorm. Enorm deshalb, weil schätzungsweise hundert oder mehr Beamte gebraucht wurden, um den etwa 35 Personen zu ihrem Versammlungsrecht zu verhelfen.

Kurz zuvor hatte auf dem Rathausplatz eine Anti-Rassismus-Veranstaltung mit Oberbürgermeister Schlimmer stattgefunden – im Rahmen der Anti-Rassismus Woche, wohl aber auch, um den Neonazis auf dem von ihnen bevorzugten Rathausplatz keine Plattform zu bieten.

Mit einem immensen Polizeiaufgebot wurden sämtliche Zufahrtsstraßen auf der etwa 800 Meter langen Strecke abgeriegelt, um einen Zusammenstoß mit den Gegendemonstranten zu verhindern, die sich in großer Zahl eingefunden hatten. Vom Polizeiblock flankiert, unter „Buh“- „Geht nach Hause“- Rufen und schrillen Trillerpfeifen-Tönen bewegte sich die Gruppe zu ihrem Zielplatz, die meisten Mitglieder kaum älter als 20 Jahre.

Was dann folgte, belegt ein weiteres Mal die verirrte Indoktrination fehlgeleiteter Jugendlicher: Eine Ansprache des Gruppenführers mit den ewig gestrigen Parolen und ein Bekenntnis der im Halbkreis aufgestellten „Nationaldemokraten“, das einem Schwur der Wehrmachtssoldaten an Adolf Hitler gleichkam. Verleugnung einer deutschen Schuld bei Ausbruch und Kriegsführung des Zweiten Weltkriegs, Deutschtümelei in erschreckender Form, ein Infragestellen der demokratischen Staatsform und ein gemeinsam lautstark gebrülltes: „Hier“, als der Anführer eine Liste militärischer Einheiten und deutscher Todesopfer verlas.

Die Stimmung der Gegendemonstranten indes heizte sich immer weiter auf, es flogen trotz Anmahnung der Polizei Gegenstände und auch Urinbeutel. Das eigentliche Ziel – die Gruppe „Junger Nationaldemokraten“ – war viel zu weit weg und so traf es wieder einmal die, die für den Schutz aller sorgten: die Polizeibeamten.

Die Neonazis waren zuvor von der Polizei gemahnt worden, keine volksverhetzenden oder rassistischen Äußerungen verlauten zu lassen. Die Taktik der „JN“: Die Parolen gegen die USA und Israel hatten sie sich bis zum Schluss aufgehoben, offenbar wohl wissend, dass die Beamten würden einschreiten müssen. Nach einer Stunde war der Aufmarsch wie geplant beendet, die Gruppe wurde – wiederum im Polizeiblock – zum Bahnhof zurückgebracht.

Im Verlauf der Veranstaltung wurde eine Person des rechten Spektrums nach einem Flaschenwurf festgenommen,  fünf Personen der linken Szene wegen Beleidigung gegen einen Polizeibeamten und Verstöße gegen das Vermummungsverbot festgesetzt. (cli)

 

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