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Nato will INF-Abrüstungsvertrag auf weitere Staaten ausweiten

Nato-Generalsekretär Jens Stoltenberg.
Foto: dts Nachrichtenagentur

Brüssel  – Nach der Ankündigung der USA und Russlands zum Rückzug aus dem INF-Abrüstungsabkommen hat Nato-Generalsekretär Jens Stoltenberg dazu aufgerufen, den Vertrag durch die Einbeziehung weiterer Staaten zu retten.

Russland habe mehrmals beklagt, dass Länder wie China, Indien, Pakistan oder Iran Mittelstreckenraketen entwickelt und stationiert hätten, die ihm selbst verboten seien, sagte Stoltenberg den Zeitungen der Funke-Mediengruppe. „Aber das ist keine Entschuldigung für Vertragsverletzungen“, fügte der Nato-Chef hinzu. „Im Gegenteil. Es muss Anlass sein, diesen Abrüstungsvertrag zu stärken und mehr Partner einzubeziehen“.

Stoltenberg kündigte an, die Nato werde eigene Initiativen prüfen, um den Vertrag zu erhalten und die Rüstungskontrolle zu stärken. „Und wir werden mit Russland weiter sprechen“, betonte der Nato-Chef. Russland habe noch sechs Monate Zeit, den Vertrag wieder einzuhalten. „Wir rufen Russland erneut auf, diese Gelegenheit zu nutzen“.

Ablehnend äußerte sich Stoltenberg allerdings zu einem Kompromissverschlag deutscher Außenpolitiker. Unions-Außenobmann Roderich Kiesewetter (CDU) und SPD-Fraktionsvize Rolf Mützenich hatten vorgeschlagen, Russland solle seine neuen Marschflugkörper weit in den Osten seines Territoriums verlegen, sodass sie Europa nicht mehr erreichen könnten. Die USA sollten im Gegenzug ihre Raketenabwehranlagen in Rumänien für russische Kontrollen öffnen.

Stoltenberg sagte, es müsse beim Verbot der Mittelstreckenwaffen bleiben. Die hoch mobilen Raketen könnten sonst sehr schnell vom Osten in den Westen Russlands gebracht werden. Der Nato-Chef betonte zudem, die USA verletzten den Vertrag nicht. Bei den angesprochenen amerikanischen Raketen handele sich um unbewaffnete, defensive Abwehrraketen.

Stoltenberg ließ abermals offen, wie eine militärische Antwort der Nato auf die Stationierung der russischen Marschflugkörper aussehen wird. „Wir werden uns dazu verschiedene Optionen anschauen, um sicherzustellen, dass wir eine glaubwürdige Abschreckung und Verteidigung haben“.

Der Nato-Chef machte aber deutlich, dass das Bündnis trotz der neuen Krise an einer früheren Vereinbarung zur Zusammenarbeit mit Russland festhalten will. In der Nato-Russland-Grundakte hatte das Bündnis 1997 zugesagt, weder Atomwaffen noch dauerhaft größere Kampftruppen in Osteuropa zu stationieren. Stoltenberg verneinte die Frage klar, ob die Vereinbarung überprüft werden müsse oder hinfällig sei.

Der Generalsekretär stellte außerdem klar, dass die Nato durch die umstrittenen russischen Mittelstreckenraketen keine erhöhte Angriffs-Gefahr sieht: Russlands Vertragsbruch heiße nicht, „dass ein militärischer Angriff gegen einen Nato-Staat bevorsteht.“ Aber diese Waffen schafften eine größere Unsicherheit in Europa und senkten die Schwelle für jeden Einsatz von Nuklearwaffen in einem Konflikt. (dts Nachrichtenagentur)

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