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„Montagsspaziergänge“ in Pirmasens: Weder Verbot noch Auflösung möglich

Die Polizei musste bisher nicht bei den Montagsspaziergängen einschreiten.
Symbolbild: Pfalz-Express

Pirmasens. Nach den sogenannten „Montagsspaziergängen“ der letzten beiden Wochen wurde die Stadtverwaltung Pirmasens wiederholt gefragt, warum sie diese Versammlungen bislang nicht – wie anderenorts – verboten hat?

Die Stadt äußert sich dazu wie folgt: „Manche Menschen halten ein solches Versammlungsverbot aufgrund der aktuellen Corona-Pandemie für geboten. Zunächst ist festzustellen, dass das Infektionsschutzgesetz eine pauschale Untersagung von Versammlungen oder Aufzügen momentan ausdrücklich ausschließt, weil keine epidemische Lage von nationaler Tragweite mehr besteht (siehe u. § 28a Abs. 8 S. 1 Ziffer 3 IfSG).

Unabhängig davon würde ein Versammlungsverbot auch im konkreten Einzelfall einer verfassungsrechtlichen Prüfung derzeit nicht standhalten und wäre aus Sicht der Stadtverwaltung Pirmasens rechtswidrig.

Das Grundrecht der Versammlungsfreiheit schützt die kollektive Meinungsäußerung und stellt nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts eines der wichtigsten Elemente der Demokratie dar.

Nach dem Versammlungsgesetz kann eine Versammlung nur verboten oder aufgelöst werden, wenn erkennbar ist, dass die öffentliche Sicherheit und Ordnung unmittelbar gefährdet ist. Verbot und Auflösung kommen dabei nur zum Schutz elementarer Rechts- und Gemeinschaftsgüter in Betracht, die im Einzelfall gegenüber der Versammlungsfreiheit vorrangig sind.

Verbot und Auflösung sind stets „ultima ratio“, also erst dann zulässig, wenn mildere Mittel, wie Auflagen und Beschränkungen nicht ausreichen.

Der eigentliche Inhalt einer Meinungsäußerung kann, sofern er nicht strafbar ist, kein Versammlungsverbot rechtfertigen. Dies ist höchstrichterlich geklärt und gilt auch, wenn die überwiegende Mehrheit der Bevölkerung – so wie auch der Oberbürgermeister und die Stadtspitze – die bei einer Versammlung geäußerte Meinung nicht teilt beziehungsweise sogar ablehnt.

Auch die fehlende Anmeldung allein kann kein Verbot der Versammlung rechtfertigen. Dies wäre nur ausnahmsweise verhältnismäßig, wenn infolge der Nichtanmeldung zu wenig Zeit für ordnende und sichernde Maßnahmen der zuständigen Behörden verbleibt.

Polizei und Versammlungsbehörde haben die Lage während der gesamten Dauer der Veranstaltungen durchgehend überwacht und einsatztaktisch bewertet. Dabei wurde festgestellt, dass die Spaziergänge komplett friedlich verlaufen sind. Viele Teilnehmer, wenn auch nicht alle, trugen eine Mund-Nasen-Bedeckung. Aus Sicht der Stadtverwaltung war deshalb weder ein grundsätzliches Verbot noch eine Auflösung der sogenannten Montagsspaziergänge möglich.

Falls erforderlich kann die Versammlungsbehörde jederzeit geeignete Auflagen zum Infektionsschutz erlassen, soweit dies die konkrete Situation erfordert. Polizei und Ordnungsamt können außerdem Rechtsverstöße ahnden. Sollte die Situation sich derart verschärfen, dass vorrangige Rechtsgüter durch die Versammlung unmittelbar gefährdet werden, ist grundsätzlich auch eine Auflösung der Versammlung möglich.“

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