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Mobile Retter: Landkreis Germersheim führt Smartphone-App für Lebensretter ein – viele Helfer gesucht

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Starkes Team: Thomas Günther, Stellvertretender Leiter der Integrierten Leitstelle der Südpfalz; Dr. Ralf Stroop, Entwickler der App, Dr. Matthias Wölfel, Sprecher der Leitenden Notärzte Kreis Germersheim und Projektleiter Mobile Retter, Asklepios-Geschäftsführer Jürgen Schopf, Landrat Dr. Fritz Brechtel,
Mitglieder von „Ein Leben retten. 100 Pro Reanimation“, Philipp Rother, Vorsitzender und Projektkoordinator Mobile Retter e. V.
Fotos: pfalz-express.de/Licht

Kreis Germersheim – Eine App, die Leben rettet – das gibt es in wenigen Wochen im Landkreis Germersheim.

Bei einem Herz-Kreislauf-Stillstand zählt jede Sekunde. Je schneller Hilfemaßnahmen erfolgen, umso größer die Überlebenschance für die Betroffenen. Notarztwagen und First Responder sind zwar schnell – im Durchschnitt brauchen sie neun Minuten von der Alarmierung bis zum Einsatzort.

Mit der neuen App „Mobile Retter“, die ein innovatives Konzept beinhaltet, könnte allerdings die Zeit bis zur Ersten Hilfe nochmals deutlich verkürzt werden. Denn jeder, der schneller vor Ort ist, verbessert die Chancen des Patienten. Im Landkreis Germersheim gab es in diesem Jahr 414 Zusammenbrüche, davon 158 mit Herz-Kreisaufstillstand.

Und so funktioniert´s: Speziell geschulte Ersthelfer, eben jene „Mobilen Retter“, die sich in unmittelbarer Nähe zum Notfall befinden – zum Beispiel in der Nachbarschaft oder ein paar Straßen weiter im selben Ort – werden von der Leitstelle per GPS geortet und durch die Mobile-Retter-App mit einem lauten Alarmton auf dem Smartphone informiert.

Der Rettungsdienst wird natürlich zeitgleich losgeschickt. Bis dieser eintrifft, kann der in unmittelbarer Nähe befindliche Helfer die oft entscheidenden lebensrettenden Maßnahmen schon einleiten. Die Überlebenschancen steigen umso mehr, je früher beispielsweise mit einer Herzdruckmassage (100 mal pro Minute) begonnen wird.

Dr. Matthias Wölfel, Sprecher der Leitenden Notärzte Kreis Germersheim und nun Projektleiter Mobile Retter für den Landkreis, wurde auf das Projekt aufmerksam. Vom Verein „Mobile Retter e. V.“ wurde es in Zusammenarbeit mit der Kreisverwaltung Gütersloh (NRW) vor mehr als drei Jahren entwickelt und wird mittlerweile dort seit zwei Jahren erfolgreich eingesetzt.

Für Wölfel war sofort klar: Im Landkreis Germersheim soll es die Hilfe-App ebenfalls geben. Der Mediziner rannte zu seiner großen Freude offene Türen ein.

Landrat Dr. Fritz Brechtel war augenblicklich begeistert von der Idee, Jürgen Schopf, Geschäftsführer der Asklepios-Kliniken Kandel und Germersheim ebenso: Die Asklepios-Klinik sponsert den größten Teil der Kosten, einen kleineren übernimmt die Sparkasse Germersheim-Kandel.

Brechtel intervenierte beim Innenministerium, um das Vorhaben auf eine rechtliche und formale Basis zu stellen. So erreichte der Landrat unter anderem, dass die Mobilen Retter Haftpflicht und Rechtsschutz genießen: „Sie haben die gleiche Absicherung wie beispielsweise ein Feuerwehrmann.“

In der Asklepios-Klinik in Kandel wurde das in wenigen Wochen startende Projekt von Jürgen Schopf, Fritz Brechtel, der auch Kreisvorsitzender des DRK und des Katastrophenschutzes ist, und Matthias Wölfel vorgestellt. Mit dabei: Philipp Rother, Vorsitzender und Projektkoordinator Mobile Retter e. V., Dr. Ralf Stroop, Geschäftsführer der Medgineering GmbH, Ideengeber, geister Vater“ und Entwickler der App und Thomas Günther, Stellvertretender Leiter der Integrierten Leitstelle der Südpfalz.

Der Verein Mobile Retter hat übrigens mit dem smartphonebasierten Ersthelfersystem die Wahl des Publikumssiegers 2015 im Wettbewerb „Ausgezeichnete Orte im Land der Ideen“ gewonnen. Ebenso ist der Verein Preisträger von „Westfalen bewegt“. Rothers Ziel: Das Mobile Rettungssystem bundesweit aufzubauen und und einzuführen.

Kleiner Aufwand, große Wirkung

Da es in Deutschland rund 45 Millionen Smartphone-Besitzer gibt, trägt wohl jeder Helfer den Notfallmelder schon bei sich. Der technische Aufwand ist minimal, der Schulungsaufwand gering. In der Asklepios-Klinik wurden die ersten „Multiplikatoren“ geschult, die dann wiederum andere schulen.

Angesprochen sind alle, die regelmäßig Erfahrung in Erster Hilfe haben. Der Einsatz erfordere schon eine gewisse Professionalität, sagte Wölfel. Für Feuerwehrleute, Angehörige medizinischer Organisationen oder THW sei das „Alltagsgeschäft“. Auch Personen, die im weiteren Sinne medizinisch tätig sind, wie Arzthelferinnen oder Pflegepersonal, können sich zur Verfügung stellen.

Nicht möglich ist die Registrierung derzeit für reine Privatpersonen ohne jede medizinische Erfahrung. Die psychische Belastung sei zu hoch, so Wölfel.

Von Seiten der Hilfsorganisationen im Landkreis (Foto) habe man überwältigenden Zuspruch erfahren: „Alle sind dabei – ein riesiges Hilfenetzwerk“, freut sich Wölfel. Schon 70 Ersthelfer habe man gewinnen können. Viele weitere werden noch gebraucht, denn je dichter das Netz, umso besser die Überlebenschancen im Notfall. Registrierte Helfer bekommen einen Zugangscode – und schon gibt es wieder einen Retter mehr.

Wölfel hat dabei nicht vor, dem Helfern jede Menge Termine „aufzupflanzen“, sondern da anzusetzen, wo schon Schulungen oder Fortbildungen stattfinden (Basismaßnahmen): “Damit können wir viel erreichen.“

In wenigen Wochen sollen nun alle letzten Aufgaben und Hürden beseitigt sein, die App zum Download bereitstehen. Der Landrat hofft bei dem in Rheinland-Pfalz einmaligen Pilotprojekt auf eine Sogwirkung: „So könnten wir den Kreis Germersheim zum sichersten in Rheinland-Pfalz machen. Alle Helfer sind willkommen.“ (cli)

Ansprechpartner für Helfer: Dr. Matthias Wölfel, Asklepios-Klinik Kandel, Telefon  07275-71 0. 

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Dr. Matthias Wölfel

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