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Ministerpräsidentin Malu Dreyer in Rohrbach: „Mehr Bildung und Rente statt Aufrüstung“

Kämpfen um jede Stimme: Ministerpräsidentin Malu Dreyer, Bundestagsabgeordneter und -kandidat Thomas Hitschler. Fotos: Pfalz-Express/Licht Fotogalerie am Textende. [1]

Kämpfen um jede Stimme: Ministerpräsidentin Malu Dreyer, Bundestagsabgeordneter und -kandidat Thomas Hitschler.
Fotos: Pfalz-Express/Licht
Fotogalerie am Textende.

Rohrbach – Einen engagierten Wahlkampfauftritt zeigte Ministerpräsidenten Malu Dreyer (SPD) am Montagabend im Dorfgemeinschaftshaus. Dreyer redete über die Ziele und Positionen der SPD und hob die Unterschiede im Wahlprogramm der Sozialdemokraten gegenüber dem der CDU hervor.

Zuvor sprachen der Landtagsabgeordnete und Fraktionsvorsitzende der SPD im Landtag, Alexander Schweitzer, und der Bundestagsabgeordnete Thomas Hitschler. Ex-Ministerpräsident Kurt Beck saß im Publikum.

Von den relativ niedrigen Umfragewerten für die SPD (derzeit etwa 23 Prozent) lässt sich Schweitzer nicht beirren. Viele Wähler entschieden erst auf den letzten Metern, wo sie ihr Kreuz machten, sagte Schweitzer und verwies auf die Landtagswahl im letzten Jahr, bei der die SPD ebenfalls in Umfragen lange Zeit nicht besonders gut gehandelt wurde. Einige Tage vor der Wahl habe sich alles noch gedreht.

Eine Warnung an die Wähler gab er ebenfalls mit: Wer nicht zur Wahl gehe, leistet der AfD weiter Vorschub, einer „zynischen, menschenfeindlichen und rassistischen Partei“, die die Stimmung im rheinland-pfälzischen Landtag vergifte. Dafür erntete Schweitzer viel Applaus.

Lob gab es hingegen für seinen Parteikollegen Hitschler, die er seine Aufgabe im Bundestag und im Kreis „total ernst“ nehme und „stets präsent und sehr fleißig“ sei.

Schweitzer, Hitschler, Kurt Beck [2]

Hitschler: „Barrieren überwinden“

Hitschler selbst sagte, er sehe eine zentrale Aufgabe darin, die oft herbeigeredeten Barrieren zwischen Politik und Bürgern zu überwinden. Dafür hat er in den letzten Wochen rund 17.000 Haustürbesuche absolviert. 99 Prozent der Bürger hätten durchweg positiv reagiert, erzählte Hitschler, einige hätten sich sogar bedankt.

Hitschler sprach kurz über die Schwerpunkte den nächsten vier Jahren und legte zudem Wert auf die Feststellung, dass die SPD für eine gut ausgestattete Bundeswehr stehe, sich aber nicht an der „Aufrüstung“ beteiligen wolle (2 Prozent-Ziel der Nato).

Dreyer: „Vieles ist ungerecht“

Viel Ungerechtigkeit im Land sieht Malu Dreyer und ließ in ihrer Rede keinen Zweifel, dass auch etliche „persönliche Aufreger“ dabei sind. Es gebe „große, große, große Unterschiede“ zwischen der SPD und der CDU. So soll nach der Position der SPD die „sachgrundlose Befristung weg“ (Befristete Arbeitsverhältnisse ohne sachlichen Grund, Anm.d. Red.). Es gebe zwar gute Gründe für manche befristeten Verträge, aber diese dürften nicht länger ausgedehnt werden als notwendig.

Als nächsten Punkt nannte Dreyer Lohngleichheit. Frauen würden nach wie vor 21 Prozent weniger verdienen als Männer, viele hätten nach Kindererziehungszeiten kein Rückkehrrecht in Vollzeit: „Dafür aber wollen wir als SPD sorgen.“

Viel Kritik übte die Ministerpräsidentin an der Familienpolitik der CDU. Die wäre „mehr für die Steuererklärung“, das Wort „alleinerziehend“ komme im gesamten  CDU-Wahlprogramm nur ein Mal vor.

Die SPD will das Elterngeld weiter entwickeln und einen Bonus von 150 Euro für jedes Kind als steuerliche Entlastung einführen. Außerdem soll es mehr Kitas und eine gebührenfreie Bildung in ganz Deutschland geben. Auch die Ganztagsschulen will die Partei weiter ausbauen, denn die SPD sei „eine Bildungspartei“. Jedes Kind müsse gleiche Chancen haben, das sei ein Aspekt der sozialen Gerechtigkeit.

Das Geld dafür soll laut Dreyer beispielsweise aus dem Rüstungfond genommen werden: „20 bis 30 Milliarden Euro pro Jahr für die Nato – daran beteiligen wir uns nicht. Wir machen nicht mit bei der Aufrüstungsspirale, die weltweit im Gang ist“, sagte Dreyer. Die SPD sei auch eine Friedenspartei, „wir werden nicht zur stärksten Militärmacht in Europa.“ Das Geld sei in Bildung weit besser investiert. Zu viele Schulen müssten noch digitalisiert und saniert werden.

Was Malu Dreyer an diesem Abend besonders echauffierte, war das Thema Rente. Dass Bundeskanzlerin Angela Merkel sage, man müsse an der Rente nichts ändern, weil das Konzept in Ordnung sei, sei unglaublich. „Millionen Rentner haben damit in der Zukunft nur 43 Prozent Rentenniveau. Wir garantieren mindestens 48 Prozent. So einfach ist das.“ Auch eine Rente mit 70 Jahren werde es mit der SPD niemals geben.

Merkel habe bei einer Fernsehsendungen die Rente mit 70 zwar kurz zurückgenommen, eine Woche später sei das Thema jedoch „wieder eingerollt“ worden.

Die Ministerpräsidentin redete sich heiß, wenn es um die Kanzlerin ging. Diese habe beispielsweise in derselben Sendung zum Thema Pflege auf die Frage eines jungen Krankenpflegers überhaupt nichts antworten können. Für die SPD jedenfalls als klar: „Gescheite Löhne müssen her. Der Mindestlohn ist eben nur ein Mindestlohn und noch kein anständiger Lohn.“ Außerdem brauche man auch auf Bundesebene verbindliche Personalschlüssel.

Malu Dreyer, SPD, Rohrbach, RLP [3]

 

Dreyer überschlug sich beinahe vor Eifer. Immer mehr und mehr Punkte zählte sie auf, die aus ihrer Sicht ungerecht sind. In der „Liste“ dabei war auch der festgeschriebene Anteil der Krankenversicherung für Arbeitgeber, „wo nun alle Erhöhungen zu Lasten der Versicherten gehen.“ Das sei nicht paritätisch.

Das Steuerkonzept der SPD bezeichnete Dreyer als „super“. Mit 10 Milliarden wolle man niedrige und mittlere Einkommen und ganz besondere Schlechtverdiener auch bei den Sozialabgaben (Renten-, Kranken-und Pflegeversicherung) entlasten.

Harte Worte fand Dreyer gegenüber der Autobranche. Die Manager hätten mit der realen Welt oft gar nichts tun, müssten auf jeden Fall den Vertrauensverlust wieder gut machen und die Käufer entschädigen.

Verkehrsminister Dobrindt (CSU) habe sich fünf Jahre mit einer sinnlosen Maut beschäftigt, anstatt einen Runden Tisch ins Leben zu rufen, um zu besprechen, wie der Strukturwandel hinzubekommen sei. Einzig SPD-Kanzlerkandidat Martin Schulz habe sich auch mit Gewerkschaftsspitzen getroffen und nicht nur einseitig mit Vertretern des Automanagements.

„Dieselbe Geschichte könnte man auch zum Thema Digitalisierung erzählen“, fuhr Dreyer fort. Warum sei die Digitalisierung nicht zur Chefsache gemacht worden? Kanzlerin Merkel habe ein großes Stück Zukunft verschlafen: „Das hätte sie mal vorher begreifen müssen.“

Auch Europa sieht Dreyer in keinem guten Zustand und zweifelte, ob Merkel die richtige Person sei, um die Schwierigkeiten in Europa vom Tisch zu bekommen und den Kontinent wieder zu einen.

Donnernder Applaus beschloss die Rede der Ministerpräsidenten – an diesem Abend dürfte sie wohl den ein oder anderen Wahlmüden für die Sache der SPD motiviert haben.

Thomas Hitschler bekräftige nochmals seine Positionen: „Wir müssen den Menschen Chancen geben. Wir müssen eine sozialdemokratische Friedenspolitik betreiben und mit Ländern sprechen, anstatt sie zu bekämpfen. Und wir müssen für den Zusammenhalt in der Gesellschaft sorgen.“

Für Malu Dreyer hatte er ein Geschenk besorgt. Es gab Schokoküsse aus Herxheim, deftigen Senf aus südpfälzer Produktion und ein T-Shirt mit der Aufschrift „Team Thomas Hitschler“, von dem er hoffe, es bald an der Ministerpräsidentin bei der nächsten Sitzung des Landtags zu sehen. (cli)

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