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Masernfälle in der Südpfalz: „Impfen, impfen, impfen!“

Fotos und Video: Pfalz-Express/Licht – abgebildete Personen siehe unten bei „Informationen“.

Südpfalz – Die Masern beschäftigen aktuell noch immer die Gesundheitsämter, Verwaltungen und natürlich die Bürger in der Südpfalz.

In den letzten Wochen stiegt die Zahl bestätigter Masernfälle an. Aktuell sind es derzeit 14: In Landau neun und im Kreis Südliche Weinstraße fünf. Die erkrankten Personen zwischen 21 und 59 Jahre alt. Der neuste Fall ist seit Mittwoch bestätigt. Es handelt sich um eine 17-Jährige Schülerin eines Landauer Gymnasiums.

Nicht geimpfte Schüler müssen zuhause bleiben

Alle Schüler des Gymnasiums müssen nun einen Impfschutz nachweisen. Diejenigen, die nicht geimpft sind, bleiben bis nach den Osterferien zuhause. Das erläuterte die stellvertretende Leiterin des Gesundheitsamt Landau-Südliche Weinstraße, Dr. Rita Schackmann, bei einer Pressekonferenz, zu der SÜW-Landrat Dietmar Seefeldt eingeladen hatte. Zwei weitere Fälle sind im Landkreis Germersheim aufgetreten.

Die epidemiologischen Hintergründe des Masernausbruchs werden derzeit untersucht. Dabei wird das Gesundheitsamt vom Landesuntersuchungsamt unterstützt. Von einem Masernausbruch oder einer Epidemie spricht man, wenn mehr als zwei bestätigt Fälle miteinander in Zusammenhang stehen.

Die Kommunikation zwischen Kliniken, Gesundheitsämtern, Landesuntersuchungsamt und den Verwaltungen funktioniere bestens, versicherten Amtsvertreter einstimmig.

„Virensuche“: Großer Aufwand

Die Mitarbeiter der Institute indes sind stark belastet, denn wenn ein Masernfall auftaucht, müssen sofort Maßnahmen eingeleitet werden, um weitere Ansteckungen möglichst zu verhindern.

Das bedeutet unter anderem, alle Personen ausfindig zu machen, die mit der infizierten Person in Kontakt standen, sie zu untersuchen oder zumindest herauszufinden, ob sie geimpft oder durch eine frühere Masernerkrankung weitestgehend immunisiert sind. Eine herausfordernde Arbeit, denn das Masernvirus ist hochinfektiös.

Zusammen in einem Raum reicht für Ansteckung

Es reicht schon, mit einer infizierten Person in ein und demselben Raum zu sein, erklärte Donald Kautz vom Landesuntersuchungsamt, der sich zur beispielhaften Veranschaulichung eine anwesende Journalistin herauspickte. Die junge Frau konnte nicht sagen, ob sie geimpft ist – sie wusste es schlichtweg nicht. „Sobald Sie mit einer infizierten Person im Raum sind, haben Sie die Masern. Und in 98 Prozent aller Fälle bricht die Krankheit auch aus“, erklärte Kautz drastisch.

Nicht immer entwickelt sich der volle Ausschlag, das Masern-Exanthem, aber das Tückische daran ist: Schon bevor ein sichtbarer Ausschlag zu sehen ist (der nicht immer als Vollbild auftreten muss, sondern sich beispielsweise auch hinten der Ohren verstecken kann), verbreitet der Infizierte die Viren weiter. „Dann herauszufinden, wer mit wem Kontakt hatte, ist eine Heidenarbeit.“

Bloß nicht unterschätzen

Kautz warnte davor, die Masern zu unterschätzen. Dabei seien bis zu 41 Grad Fieber, Kopfschmerzen und ein schweres Krankheitsgefühl noch die geringsten Übel, „auch wenn ich das nie wieder durchmachen wollte“, sagte Kautz, der als Kind die Masern hatte.

Schwere Komplikationen, die bis zum Tod führen können, sind so selten nicht. Während zwei Drittel der Erkrankungen unkompliziert verlaufen, treten bei etwa 20 bis 30 Prozent zusätzliche Komplikationen wie Mittelohrentzündungen oder Lungenentzündungen auf. Daneben gibt es eine Vielzahl weiterer Komplikationen. Eine bis drei erkrankte Personen von 1.000 sterben – in ganz seltenen Fällen sogar noch sechs bis acht Jahre nach der Erkrankung. „Ich kann nur immer wieder sagen: „Impfen impfen impfen!“, appellierte Kauz eindringlich.

Presse-Schelte

Der Germersheimer Amtsarzt Christian Jestrabek war ein wenig verwundert, weshalb der aktuelle Masernausbruch derzeit so viel mediale Aufmerksamkeit bekommt. Auch in den vergangenen Jahren habe es immer wieder Masernfälle gegeben.

Die Berichterstattung dieses Mal sei grundsätzlich „unglücklich“ gewesen, sagte der Amtsarzt. Die Presse möchte doch bitteschön die Strukturen würdigen – die Mitarbeiter, die sich Tag und Nacht um die Sache kümmerten. Man habe zu jeder Zeit sehr gut zusammengearbeitet.

Schutz der Privatsphäre beachten

Landrat Dietmar Seefeldt betonte, dass die Verwaltung und das Gesundheitsamt den Bürgern stets transparente Informationen über die Erkrankungen und Schutzmaßnahmen bieten wolle. Detailinformationen an die Presse aber müssten wiederum mit dem Schutz der Privatsphäre, den Persönlichkeitsrechten der Betroffenen, abgewogen werden.

Keine Fälle am Klinikum Landau-Südliche Weinstraße

Dr. Guido Gehendges, Geschäftsführer Klinikum Landau-Südliche Weinstraße, teilte mit, dass es im dem Klinik-Verbund es keine aktuellen Fälle und auch keine Verdachtsfälle gebe.

Vinzentius Krankenhaus: 700 Personen überprüft

Anders im Vinzentius Krankenhaus. Dr. med. Jürgen Bensch, Chefarzt der dortigen Kinder und Jugendmedizin, bestätigte fünf Masernfälle – drei stationäre und zwei ambulante, wobei auch Personal betroffen gewesen sei. Insgesamt habe man rund 700 Personen befragt oder untersucht und sämtliche Maßnahmen getroffen. Von den 700 Personen konnten immerhin 98 Prozent eine Immunität aufweisen, so Bensch.

„Verpflichtung zum Impfen“

Landaus Bürgermeister Dr. Maximilian Innenthron sprach von einem „gut geölten Räderwerk“, was die Institute angehe, und sagte, es gebe zwar keine Impfpflicht, eine aber eine Verpflichtung zum Impfen. Die aufgetretenen Masernfälle seien Warnung und Mahnung an die Verantwortung der Menschen. Selbiges sagte auch Landrat Seefeldt.

Amtsarzt Jestrabek sieht ein gesellschaftlichen Problem: „Impfmuffel kann man mit einer öffentlichen Kampagne man vielleicht erreichen, fanatische Impfgegner trotz aller Aufklärung nicht.“ Trotzdem sei man guten Mutes, denn die Impfrate in der Region sei hoch. (cli)

Informationen

Ansprechpartner waren: Landrat Seefeldt selbst, Landaus Bürgermeister Dr. Maximilian Ingenthron (SPD), Donald Kautz, stellvertretender Referatsleiter des Instituts für Hygiene und Infektionsschutz des Landesuntersuchungsamts, Dr. Rita Schackmann, stellvertretende Leiterin des Gesundheitsamt Landau-Südliche Weinstraße, Dr. Christian Jestrabek, Leitender Amtsarzt des Gesundheitsamts Germersheim, Dr. Guido Gehendges, Geschäftsführer Klinikum Landau-Südliche Weinstraße und Dr. med. Jürgen Bensch, Chefarzt der Kinder und Jugendmedizin am Landauer Vinzentius Krankenhaus. Ebenfalls anwesend war Manfred Lutz, Leiter Geschäftsbereich II, Gesundheitsamt Landau-SÜW.

Das Gesundheitsamt richtet folgende dringende Bitten an die Bevölkerung:

 – Überprüfen Sie Ihren Impfschutz. Dies kann beim Hausarzt geschehen, indem Sie den Impfpass vorlegen. Laboruntersuchungen sind nur im Einzelfall notwendig und sollten vorher mit dem Arzt abgeklärt werden. Sollte festgestellt werden, dass ein Impfschutz laut Impfpass nicht vorhanden ist – das gilt auch dann, wenn der Impfpass nicht mehr auffindbar ist – dann sollte eine Impfung in Erwägung gezogen werden. Die Bedingungen die hieran geknüpft sind, besprechen Sie bitte mit dem impfenden Arzt.

 – Alle von der ständigen Impfkommission in Deutschland empfohlenen Impfungen werden von den Krankenkassen übernommen.

 – Bei grippenähnlichen Symptomen, begleitet von einer Bindehautentzündung, suchen Sie nach telefonischer Voranmeldung den Arzt auf und meiden Sie Kontakte.

 – Als besonders gefährdet zu erkranken, zählen neben umgeimpften Personen, zusätzlich immunsupprimierte Personen – also chronisch Kranke.

 – Schwangere sollten ihren betreuenden Gynäkologen aufsuchen.

Auch auf die Pflichten bestimmter Personengruppen weist das Gesundheitsamt eindringlich hin:

 – Für Personen, die Gemeinschaftseinrichtungen besuchen oder dort arbeiten (z.B. Kinder, Schüler, Pflegepersonal, Verwaltungspersonal, Raumpflegepersonal in Schulen oder Kindergärten oder Pflegeeinrichtungen oder ähnlichen Einrichtungen) gilt, dass sie diese Gemeinschaftseinrichtungen nicht betreten dürfen, sofern der Verdacht oder der Nachweis einer Masernerkrankung besteht (§ 34 Abs. 1).

 – Schon der Verdacht einer Masernerkrankung, die beim Arzt festgestellt wird, ist meldepflichtig.

– Personen, die in Gemeinschaftseinrichtungen arbeiten – gemeint sind hiermit insbesondere Kindergärten, Schulen, Wohnheime, Altenpflegeheime, Tageskliniken, Krankenhäuser und ähnliches – sollten unabhängig von ihrer Funktion am Arbeitsplatz einen Impfschutz nachweisen können. Ansprechpartner sind die lokalen Betriebsmediziner.

Ebenso macht das Gesundheitsamt erneut auf die Informationsplattformen, wie beispielsweise www.infektionsschutz.de [1] und die Informationen des Robert- Koch- Institutes aufmerksam und empfiehlt, diese zu nutzen.

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