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Leserbrief: Die katholische Kirche lässt ihre Kinder im Stich

Foto: red

Die durch das neue KiTa–Gesetz notwendige Erweiterung des Kindergartens St. Sebastian in Roschbach wird von ihrem Träger, der Regionalverwaltung Germersheim des Bistums Speyer, abgelehnt.

Die Regionalverwaltung Germersheim ist zuständig für die Dekanate Germersheim und Landau und verwaltet unter anderem insgesamt 56 Kindergärten.
Die Kindertagesstätte St. Sebastian in Roschbach, die von den Roschbacher- und Flemlinger Kindern genutzt wird, ist ein zweigruppiger Kindergarten, der schon die letzten vier Jahre an der Belastungsobergrenze und auch in diesem Jahr die höchstzulässige Anzahl an Ausbauplätzen bereitstellt.

Bei der Begehung im Frühjahr mit Vertretern der Verbandsgemeinde, der Kreisverwaltung und des Landesjugendamtes stellte sich heraus, dass die Planzahlen für August 2021 den Ausbau auf drei Gruppen zwingend notwendig macht, um den Rechtsanspruch der zweijährigen Kinder auf einen Kita-Platz zu erfüllen.
Mein Amtskollege Albert Birkmeyer hat sich mit aller Kraft ins Zeug gelegt und alle derzeit möglichen Vorleistungen erbracht. Ein Architekt wurde gefunden, Entwürfe und Ideen zusammengetragen und mit der Kindergartenleitung diskutiert.

Der Gemeinderat Flemlingen hat im Haushalt bereits entsprechende Summen eingestellt. Lediglich die Auftragsvergabe an das Büro Rheinwalt durch den Roschbacher Rat gestaltete sich schwierig, weshalb bei dem Termin am 30. Juni in der Verbandsgemeindeverwaltung Edenkoben keine Pläne vorgelegt werden konnten.

Das alles war aber nichts gegen die Bombe, die die Regionalverwaltung Germersheim des Bistums Speyer platzen ließ und dabei allen Beteiligten die Kinnlade buchstäblich herunterfiel. Herr Steffen Nordmann, verantwortlicher Vertreter der Regionalverwaltung Germersheim sagte, dass diese einer Erweiterung der Kita nicht zustimmen werde, weil sie sparen muss.
Was mein Amtskollege Albert Birkmeyer dazu spontan äußerte, dessen ganzes Herz am Kindergarten hängt, will ich hier nicht wörtlich wiedergeben. Soviel steht aber fest: Für Ihn war das ein Schlag ins Gesicht, genauso wie für die Eltern zukünftiger Kindergartenkinder.

Die Kirche wendet sich ab von sozialer Verantwortung und begibt sich in den Bereich von Zockern und Spekulanten nach dem Motto, mal sehen an wen wir die Kosten abdrücken können. Ganz davon abgesehen, dass ein Großteil der Kosten für die Kirche durch Fördergelder von Bund und Land bereits abgesegnet sind, was das Ganze noch unverständlicher macht.

Das hat mit Kirche und Gemeinschaft nichts mehr zu tun, wenn durch solch eine Politik die Kleinsten am Bürokratismus ersticken und von Verwaltungsmühlen zerrieben werden.
Was wird die Folge sein? Ich weiß es nicht.

Der Rechtsanspruch muss erfüllt werden, egal wo in der Verbandsgemeinde oder im Kreis. Das heißt, Kinder werden unter Umständen kilometerweit durch die Gegend gekarrt und Eltern wird die Organisation von Beruf und Familie erschwert. Auf die Frage, warum keine Finanzierung gewollt ist, kam als Entschuldigung die Austrittswelle und das dadurch entstandene finanzielle Loch in der Kasse als Argument.

Mir ist das Bild von dem Menschen in den Sinn gekommen, der am Ast sägt, auf dem er sitzt. Er wird früher oder später unweigerlich auf den Hintern fallen. Auf dem Weg ist die Kirche meiner Ansicht nach gerade. Alles in allem ein enttäuschender Auftritt einer Institution, die im Ursprung gut zu den Menschen war, wie an vielen Stellen der Bibel nachzulesen ist und zu der ich mich immer noch zähle. Meine geistige Bindung steht allerdings kurz vor der Scheidung.

Peter Henrich, Ortsbürgermeister der Gemeinde Flemlingen

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