- Pfalz-Express - https://www.pfalz-express.de -

Kandel: Stolpersteine neu verlegt – „Nie wieder“

Stolpersteine erinnern an Mitglieder der Familie Haas.
Foto: Pfalz-Express

Kandel – Umrahmt von Klezmermusik, vorgetragen von Connie Rau, Matthias Pfirrmann und Wolfgang Heilmann, wurden die Stolpersteine, die wegen der Bautätigkeit in der Rheinstraße in Kandel vorübergehen entfernt werden mussten, wieder neu verlegt.

Sie erinnern an die 1938 dort lebenden Mitglieder der jüdischen Familie Haas. Fünf Gedenksteine wurden verlegt [1] für Ida und ihren Bruder Oskar Haas, dessen Ehefrau Bertha und deren Kinder Otto Julius und Paul Richard. In ihrem Haus in der Rheinstraße betrieben sie einen Handel mit Futtermitteln und landwirtschaftlichem Bedarf.

Am 9. November 1938 wurde ihr Geschäfts- und Wohnhaus in der Rheinstraße komplett verwüstet, die Fenster und Türen eingeschlagen, das Mobiliar und die Verkaufsware auf die Straße geworfen, Kleidung und Hausrat zerstört – nur weil sie Juden waren. Danach flüchtete die Familie nach Karlsruhe. Die Täter von damals waren namentlich bekannt, ihr Treiben sanktionslos geduldet.

In seinem Grußwort zitierte Bürgermeister Michael Niedermeier bekannte Politiker, die in ihrer Geschichtsvergessenheit solche Opfer der NS-Vergangenheit verhöhnten.

Als Demokraten – egal welcher Couleur – und als aufrechter Staatsbürger sei man verpflichtet, diese Unkenntnis deutlich anzusprechen. Die Stolpersteinaktion machten darauf aufmerksam, was damals durch ähnliche Zitate begann und in millionenfachem Mord und Tod endete.

Schülersprecher Moritz Knöller bedauerte, dass viele Menschen gar nicht mehr verstünden, warum das Gedenken so wichtig sei. Es sei für seine Generation sehr schwer nachzuvollziehen, wie schlimm die damalige Zeit für die jüdische Bevölkerung gewesen sein.

Er zitierte das Motto des Künstlers Gunter Demnig, der 1992 mit dem Kunstprojekt Stolpersteine begann: „Ein Stein – ein Name – ein Mensch“. Der Mensch, der unter der NS-Vergangenheit gelitten und ermordet wurde, sei erst dann vergessen, wenn sein Name vergessen sei. Die Stolpersteine erinnerten an die Opfer und gäben Denkanstöße, sich mit der Ungerechtigkeit der Vergangenheit auseinander zu setzen.

Schüler der Realschule Plus und der Integrierten Gesamtschule Kandel berichteten über die damaligen jüdischen Mitbürger, während sie die Stolpersteine wieder einsetzten. Das Leben und die Ungerechtigkeiten weiterer Familienangehörigen war von Ute Keppel erforscht worden. Viele Juden hatten Kandel schon früher verlassen, einige hätten nach USA ausreisen können, viele seien über Gurs in die KZ deportiert worden und dort verstorben.

Pfarrer Stalislaus Mach von der katholischen Kirchengemeinde und Pfarrer Dr. Arne Dembek von der protestantischen Gemeinde gedachten der Opfer mit Psalmen.

Dr. Werner Esser sprach zum Schluss das aus, was viele der Anwesenden dachten: „Nie wieder dürften Menschenrecht so verletzt werden wie es vor 81 Jahren hier in Kandel geschah.“

Nie wieder dürften Nachbarn allein gelassen werden. Nie wieder dürfe man Hass gegen irgendwelche Minderheiten dulden. Man solle sich immer vorstellen, man stehe auf der Seite der Verlierer, der Ausgegrenzten und nicht auf der Seite der Gewinner. Die Menschenwürde, die damals mit Füßen getreten wurde, sei heute wieder in Gefahr verletzt zu werden. Die Fehler, die vor 80 Jahren gemacht wurden, dürften nie wieder geschehen. (ws/red)

Print Friendly, PDF & Email [2]