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Kandel: AfD-Granden mit Spitzenkandidatin Alice Weidel in der Stadthalle: Regierung „eklatantes Staatsversagen“ vorgeworfen

Rappelvolle Stadthalle bei der AfD-Veranstaltung. Fotos: Pfalz-Express/Licht [1]

Rappelvolle Stadthalle bei der AfD-Veranstaltung.
Fotos: Pfalz-Express/Licht

Kandel – In der Stadthalle gab sich am Freitagabend die Prominenz der AfD ein Stelldichein.

Die Spitzenkandidatin, Wirtschaftswissenschaftlerin Dr. Alice Weidel, der südpfälzer Bundestagskandidat Dr. Heiko Wildberg, der rheinland-pfälzische AFD-Chef und Fraktionsvorsitzende im Landtag, Uwe Junge, der Landtagsabgeordnete aus dem Kreis Germersheim, Matthias Joa und Martin Hess, Polizeibeamter und Direktkandidat im baden-württembergischen Ludwigsburg, lockten gut 300 Anhänger nach Kandel.

Es war ein langer Abend, die Veranstaltung dauerte mehrere Stunden, doch die meisten Sympathisanten hielten durch bis zum Schluss. Vor Beginn demonstrierten eine Handvoll Gegner mit Plakaten, zu Ausschreitungen kam es nicht.

Demonstranten gegen AfD [2]

Junge: „Tollhaus“ 

Nach dem Begrüßungsauftakt von Matthias Joa, der die Demokratie in Deutschland einem „kritischen Zustand“ sieht und vor der „Gefahr eines politischen Islams“ warnte, prangerte Uwe Junge gemäß den Kernpunkten der Partei die „unkontrollierte Masseneinwanderung“ an, plädierte für ein Ende der „nivellierten Bildung“, regte sich über „Gender-Irrsinn und Kleber-Fernsehen“ auf und sprach von einem „innenpolitischen und medialen Tollhaus“.

Junge scheute keine drastischen Worte, wie später auch Alice Weidel nicht. Er kündigte erbitterten Widerstand“ an, denn: „Der Islam gehört nicht zu Deutschland, das sage ich aus vollster Überzeugung.“ Gefahr gehe außerdem von der „Merkel CDU“ aus, die die Deutschlandflagge achtlos in die Ecke geworfen habe: „Pfui Teufel.“ (Siegesfeier der CDU nach der Bundestagswahl 2013, als Angela Merkel ihrem damaligen Generalsekretär Hermann Gröhe ein Deutschland-Fähnchen aus der Hand nahm und es von der Bühne entfernte, Anm.d. Red.).

FDP Spitzenkandidat Christian Lindner indes betreibe „politische Prostitution“: „Er legt sich mit jedem ins Bett, der ihm einen Dienstwagen verspricht.“

Uwe Junge, AfD [3]

Außerdem will Junge Deutschland das „deutsche Volk“ („die Deutschen haben immer ein wenig Angst vor dem Wort ´Volk´, obwohl es sogar am Reichstag steht“) nicht auf zwölf Jahren Nazi-Herrschaft reduziert sehen, „so schrecklich diese ohne Zweifel war.“ Nach donnerndem Applaus entschwand er nach Ludwigshafen, im Wechsel mit Alice Weidel, die sich von dort auf den Weg nach Kandel machte.

Wildberg: „Parlament hat geschwiegen“

Heiko Windberg echauffierte sich über das Wort „alternativlos“ von Bundeskanzlerin Merkel. In einer westlichen Demokratie könne „nichts alternativlos“ sein, aber das Parlament schweige dazu. Schon beim Euro-Rettungsschirm sei kein Widerspruch zustande gekommen.

Die „viel gelobte Merkel-Menschlichkeit“ ist für Wildberg gar keine, „sonst hätte sie schon früher eingegriffen. Wo war ihre Menschlichkeit, als Flüchtlinge gezwungen waren in Aufnahmelagern im Libanon, in der Türkei, in Westsyrien zu leben? Wo war ihre Menschlichkeit, als Flüchtlinge schon Jahre vorher im Mittelmeer ersoffen sind?“

Dr. Heiko Wildberg, AfD [4]

Im regionalen Bezug kritisierte Wildberg die Verschuldung des Landkreises, die eigentlich „eine Überschuldung“ sei. Die werde permanent ignoriert, obwohl man derartige Vorgänge zulasten des Steuerzahlers in der Privatwirtschaft eine Insolvenzverschleppung nennen würde, die strafbar sei, sagte Wildberg.

Die Landesregierung drücke den Kommunen Aufgaben auf, bezahle sie aber nicht dafür. „Beim Einzug der AfD in den Bundestag kämpfen wir dafür, dass alle, vom Arbeiter bis zur Bundeskanzlerin, sich an die staatlichen Richtlinien halten müssen. Die rechtswidrige Selbstermächtigung der Exekutive und das Parlament, das nichts getan hat, bedeutet ein eklatantes Staatsversagen. Wir werden es reparieren“, rief Wildberg ins Mikrofon.

Weiter sagte Wildberg, dass die rheinland-pfälzische AfD weder rassistisch noch radikal oder rechtsextrem sei, „aber wir sind extrem davon überzeugt, dass wir die radikal richtige Lösungen anbieten.“

Hess: „Kriminalität aufgrund anderer Sozialisation“

Ein in der Pfalz neues Gesicht war Martin Hess, der als vierte Redner auf dem Plan stand. Hess ist Polizeibeamter und derzeit Dozent am Böblinger Institut für Fortbildung der Polizeihochschule. Für die AfD tritt er im Wahlkreis Ludwigsburg zur Bundestagswahl an. Sein Beruf macht ihn somit in seiner Partei zum Experten für innere Sicherheit.

Hess packte „Fakten auf den Tisch“. Rund 47.000 Islamisten gebe es in Deutschland, davon seien etwa 10.000 Salafisten. Diese Zahl habe sie seit 2013 mehr als verdoppelt. 1.600 davon seien dem islamistisch-terroristischen Personenspektrum zuzuordnen, von denen wiederum als 700 Gefährder eingestuft seien. Wenn Politiker erklärten, man könne alle überwachen, zeuge das von „profunder Unkenntnis der Polizeiarbeit.“ Solche Vorschläge seien schlicht nicht umsetzbar, sagte Hess.

Hess sprach unter anderem über sogenannte No-go-Areas und zitierte aus einem ursprünglich als vertraulich eingestuften Bericht, der jedoch an die Presse gelangt sei, weil „die Zustände unglaublich“ seien.

Der Bericht beschreibt die Lage in Duisburg, speziell im berüchtigten Stadtteil Marxloh. Der wäre von zwei libanesischen Großfamilien beherrscht, Straftaten gehörte zur Freizeitbeschäftigung und Clan-Mitglieder sein in der Lage, durch einen Telefonanruf kurzfristig mehrere hundert Personen auf dem Plan zu rufen, um Bürger oder Polizei einzuschüchtern.

Sachbeschädigungen, Körperverletzungen, Schutzgeld-Erpressung seien an der Tagesordnung, heißt es laut Hess in dem Bericht. Die Polizei werde bei den regelmäßigen Kontrollen entweder ignoriert oder aggressiv angegangen. Die Migrationskrise hat die ganze Situation weiter verschärft, sagt Hess: „Die Menschen kommen aus einer ganz anderen Sozialisation.“

Für ihn ist unverständlich, wie „Hundetausende Menschen nach Deutschland strömen konnten, obwohl sie sich in einem sicheren Drittland befunden haben.“ Anstatt die Grenzen zu schützen, schütze man heute Veranstaltungen und Fußgängerzonen, so Hess.

Die deutschen Sicherheitsbehörden hätten schon seit 2015 vor entstehenden kriminellen Szenarien und Terrorgefahr gewarnt: „Und wer behauptet, dass die Bundesregierung nichts gewusst hat, der erzählt in der nicht die Wahrheit.“

Die Wahrheit sei, dass die Sicherheitsbehörden sehr wohl gewarnt hätten, dass man beim Öffnen der Grenze sowohl islamistischen Extremismus, arabischen Antisemitismus, nationale und ethnische Konflikte und ein anderes Rechtsverständnis importiere – und alle Probleme sein genauso eingetroffen. Hess: „Ich meine nicht die gut integrierten Migranten. Was sie betrifft, sind wir froh, dass sie da sind. Auch die Mehrheit der Flüchtlinge ist nicht kriminell.“

Trotzdem sei die Kriminalität in manchen Teilen stark angestiegen. Islamistischer Fundamentalismus sei in Europa weit verbreitet, sagt Hess und beruft sich auf eine Studie des Wissenschaftszentrums Berlin für Sozialforschung (WZB ) aus dem Jahr 2013, nach der zwei Drittel aller Muslime die Religion über das Gesetz stellten.

Die Kriminalstatistik an sich sei im Übrigen verzerrt dargestellt, da Zuwanderer-Kriminalität nicht bei positiven Asylbescheiden in der Statistik geführt werde.

Martin Hess, AfD [5]

Deutschland brauche dringend eine politische Kraft, die Recht und Gesetz einhalten, sagte Hess. Und fragte weiter: „Wenn sich schon Regierungen nicht an die Vorschriften halten, wie kann man es von den Bürgern erwarten und an sie vermitteln?“

Auch die Aussage von Bundesinnenminister Thomas de Maizière, man müsse mit der Gefahr Leben, will er so nicht stehen lassen: „Nein, das müssen wir nicht.“ Man könne beispielsweise Gefährder sofort abschieben oder in Gewahrsam nehmen – wenn man nur wolle. Auch ein Teil der Justiz sei ein Teil des Problems, und dass man sich kümmern müsse. Viele Kriminelle nutzten die moderaten Gesetze der Strafprozessordnung aus.

Der Anteil nicht deutscher Tatverdächtiger sei ab dem Jahr 2015 signifikant auf über 30 Prozent gestiegen, sagte Hess und präsentierte dazu genaue Zahlen, beispielsweise von Zuwanderern begangene Körperverletzungen pro Tag in Baden-Württemberg (21). Angesetzt sein objektive Parameter, beteuerte Hess.

Demnach sei die Zuwanderer-Kriminalität allgemein sieben mal höher als bei deutschen, bei Straftaten gegen das Leben zwölf mal höher oder bei Vergewaltigung und sexueller Nötigung 16 mal höher. „Fünf von 100.000 Deutschen begehen eine Vergewaltigung, bei den Zuwanderern sind es 80 von 100.000. An diesen Zahlen führt kein Weg vorbei.“ Am meisten „kriminalitätsbelastet“ sei die Gruppe der Nordafrikaner, so Hess.

Hess wirft wie alle AfD-Angehörigen den „Altparteien“ vor, versagt zu haben beim Schutz des Landes, bei der Terrorbekämpfung und der Sicherheit, „weil sie 2015 innerhalb von 14 Tagen über 400.000 Leute unkontrolliert ins Land gelassen haben.“ Es wurde zum Abschluss seiner Rede und auch zwischendurch mit Standing Ovation bedacht.

Weidel will Untersuchungsausschuss „Angela Merkel“

Spitzenkandidaten Alice Weidel hielt ihre Ansprache relativ kurz, dafür aber dramatisch. Dem CDU-Wahlslogan „Ein Land in dem wir gut und gerne leben“ setzte sie ein „müssen“ dahinter: “ Was ist denn so in Ordnung in diesem Land?“

Sobald die AfD im Bundestag vertreten ist , will sie einen „Untersuchungsausschuss Angela Merkel“ ins Leben rufen, kündigte Weidel an. Der soll es sich mit den „gesamten Rechtsbrüchen beim Rettungsschirm und dem Aufenthaltsrecht“ beschäftigen. „Und sobald Angela Merkel nicht mehr Bundeskanzlerin ist, gehört sie vor Gericht.“

Die „Paraphrasen, Beschönigungen, das Gesülze kotze“ sie an, sagte Weidel. Sie selbst bezeichnet sich als Wutbürgerin und bezichtigt die „Altparteien“, nicht mehr „ganz richtig im Oberstübchen“ zu sein. Besonders in Talkshows sei ihr aufgefallen, dass die jeweiligen Politiker nicht „ein Fitzelchen“ von dem verstünden, worüber sie diskutierten.

In der Energiewende beispielsweise explodierten die Preise, die Betriebskosten für viele mittelständische Betriebe gingen durch die Decke. Die Nullzinspolitik und damit verbunden das Dahinschmelzen der Kaufkraft sei Folge einer verfehlten Euro-Rettungspolitik, die zudem noch rechtswidrig sei.

Laut Weidel betreibt die die europäische Zentralbank verbotene Staatsfinanzierung, mit der „nachfolgende Generationen enteignet“ würden. Als Beispiel nannte sie Negativzinsen bei Guthaben. Auch von einer schrittweisen Abschaffung des Bargelds (Bargeldobergrenze) war die Rede, die die Flucht aus dem Bankensystem unmöglich mache und einer Überwachung weiter Vorschub leiste.

Alice Weidel, AfD [6]

Die „Altparteien“ – ein Wort, das ziemlich überstrapaziert wurde – hätten ein Problem mit der Prioritätensetzung, so Weidel weiter: „Sie plappern darüber, Poller aufzustellen und reden über Stickstoff-Ausstoß, der aber in geschlossenen Räumen vier mal so hoch ist.“ Dabei rolle doch der „Terroristen Express“ quer durch Europa.

Dass beim G20 Gipfel Grenzkontrollen wieder eingeführt wurden „um Politiker zu schützen“, ist für Weidel ein weiteres großes Ärgernis: „Warum kann man das nicht für den normalen deutschen Steuerzahler tun?“

Edeka habe immerhin einen Beitrag für die Sicherheit im Land geleistet, nachdem man dort nach dem „Angriff von Ahmad [7] Irgendwas“ (Hamburg) die Messer aus dem Sortiment genommen habe, ätzte Weidel mit viel Ironie, die beim Publikum gut ankam. Es sei ohnehin kaum glaubhaft, dass man nach Deutschland ohne Ausweispapiere ins Land käme und dann nicht mehr heraus, wie beispielsweise im Fall Anis Amri [8]. Auch Weidel bekam nach ihrer Rede stehenden Applaus.

Afd, Weidel, Wildberg; Breininger, Hess [9]

In der anschließenden Fragerunde stand zusätzlich Albert Breininger (Foto, 2.v.li.), Sprecher der „Interessengemeinschaft der Russlanddeutschen in der AfD“, für Fragen zur Verfügung.

Es ging es um das Strafmaß von Delikten, um Industrie 4.0 (mit einer leichten Unschärfe sowohl beim Fragesteller als auch bei den Antworten), um Demographie („wir werden Familien mit Kindern ganz besonders fördern“), Religionsunterricht (den will die AfD beibehalten) und Lobbyisten, die laut Weidel und Wildberg in Abgeordnetenbüros nichts zu suchen haben. Das sei eine Form der Korruption, die es mit der AfD nicht mehr geben werde.

In der vergangenen Woche war Alexander Gauland, der zusammen mit Alice Weidel Spitzenkandidat ist, in Bad Dürkheim zu Gast. Dort sprachen außer ihm Uwe Junge, Wolfgang Kräher und Sebastian Münzenmaier. Zum Bericht geht es hier [10].  (cli)

Anmerkung der Redaktion: Der Beitrag behandelt die Veranstaltung der AfD in Kandel und die Positionen der Redner. Er ist kein Meinungsbeitrag, sondern neutral beschreibend und dient lediglich der Information.  

 

AfD Kandel [11]

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