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Justizministerin Lambrecht zu Corona-Demos: Kann nicht sein, dass der Staat resigniert

Foto: dts Nachrichtenagentur

Berlin  – Justizministerin Christine Lambrecht (SPD) hat die Demonstrationen gegen die Corona-Auflagen teilweise als verfassungsfeindlich bezeichnet.

„Was bei einigen der sogenannten `Querdenker` zu beobachten ist, entspricht nicht unserer Verfassungsordnung“, sagte die SPD-Politikerin den Zeitungen der Funke-Mediengruppe. „Es stellt sich die Frage, ob die Bewegung ein Sammelbecken für Rechtsextremisten, Antisemiten und Verschwörungstheoretiker geworden ist. Die Geschichte vom einfachen, besorgten Bürger, der auf die Straße geht, kann ich vielfach nicht mehr nachvollziehen.“

Lambrecht betonte: „Wer sich Parolen wie `Berlin muss brennen` auf die Fahnen schreibt, verfolgt ein anderes Ziel, als gegen ein Infektionsschutzgesetz zu demonstrieren. Solche Leute zielen auf unseren Staat und unsere demokratische Grundordnung.“ Über eine Beobachtung der Bewegung müssten die Verfassungsschutzbehörden entscheiden.

Die Justizministerin mahnte ein konsequentes Vorgehen des Staates bei den Protesten an. Wenn es Auflagen gebe wie Masken zu tragen, „müssen sie konsequent durchgesetzt werden“, forderte Lambrecht. „Wenn sie nicht eingehalten werden, muss die Versammlung aufgelöst werden wie am Mittwoch in Berlin. Der Staat muss zeigen, wer in diesem Land das Gewaltmonopol hat.“

Es könne nicht sein, dass der Staat resigniere, wenn viele Demonstranten kämen, um bewusst die Regeln zu verletzen. „Dann müssen eben mehr Polizisten eingesetzt werden.“ In Leipzig sei Gewalt ausgeübt worden gegen Polizisten und Journalisten, so Lambrecht. „Das dürfen wir als Rechtsstaat nicht hinnehmen.“

Lambrecht reagierte empört auf den Vorwurf, das Infektionsschutzgesetz sei ein Ermächtigungsgesetz. „Das ist ein infamer Vergleich, der die Opfer des Naziregimes verhöhnt und für den mir jedes Verständnis fehlt“, sagte sie. „Wie kann man das Infektionsschutzgesetz auch nur ansatzweise mit dem Ermächtigungsgesetz der Nazis vergleichen?“ Damals seien faktisch die Rechte des Parlaments und die Verfassung außer Kraft gesetzt worden. „Heute stärken wir die Rechte des Bundestags und zeigen klar auf, welche Einschränkungen unter welchen Voraussetzungen möglich sind.“

Das Infektionsschutzgesetz sei auch kein „Persilschein“, wies die Justizministerin entsprechende Kritik des früheren Präsidenten des Bundesverfassungsgerichts, Hans-Jürgen Papier zurück. „In dem neuen Paragrafen 28a werden die besonders eingriffsintensiven Schutzmaßnahmen konkret benannt und die Voraussetzungen für ihre Anordnung festgelegt. Deswegen kann ich nicht nachvollziehen, dass diese Kritik kommt.“

Auf die Frage, ob sie ‚Querdenker’ in den Reihen von Polizei und Justiz toleriere, wies Lambrecht auf das Grundrecht auf Meinungsfreiheit hin. „Beamte haben aber auch die Pflicht, sich durch ihr gesamtes Verhalten zur freiheitlich-demokratischen Grundordnung unseres Grundgesetzes zu bekennen“, sagte sie. „Auf keinen Fall ist hinnehmbar, wenn die Grenze zu strafbarem Handeln überschritten wird. Deswegen muss man sich jeden Einzelfall genau anschauen.“ (dts Nachrichtenagentur)

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