Ärzte in Deutschland werden zunehmend von Impfgegnern attackiert. Die Angriffe reichen von verleumderischen Einträgen auf Bewertungsportalen über Beschimpfungen per E-Mail und Telefon bis zu Morddrohungen.
Als Grund wird dabei genannt, dass die Ärzte Menschen gegen Corona impften – aus Sicht mancher radikaler Impfgegner „Körperverletzung“.
Der Präsident der Bundesärztekammer, Klaus Reinhardt, sagte der „Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung“ (FAS), Attacken wie die gegenwärtigen seien vor wenigen Jahren noch undenkbar gewesen. „Das macht etwas mit einem.“ Er sieht die Entwicklung als Teil einer „Hysterisierung der Gesellschaft“, unter der nun das medizinische Personal in den Praxen leiden müsse.
Auch der Vorsitzende des Deutschen Hausärzteverbands, Ulrich Weigeldt, beklagt, dass gerade impfkritische Menschen Arztpraxen zunehmend als „Instrument der Politik“ wahrnähmen. Als Reaktion auf die Bedrohung rief der Deutsche Ärztetag in dieser Woche dazu auf, Gewalt gegen medizinisches Personal gesamtgesellschaftlich zu ächten. Oft gingen die Probleme schon los, wenn Patienten aufgefordert würden, in der Praxis die Corona-Regeln einzuhalten, und das verweigerten. Die „zunehmend mit Aggression vorgetragene Anspruchshaltung“ Einzelner erschwere die Arbeit, hinzu komme Schlimmeres, bis hin zu tätlichen Angriffen.
In vielen Fällen ermittelt inzwischen der Staatsschutz. Genaue Zahlen gibt es nicht. Doch das Bundeskriminalamt schätzt Impfgegner oder Corona-Leugner als relevantes Risiko im Zusammenhang mit Angriffen auf Impfzentren oder Arztpraxen ein.
Für das „dort tätige Personal besteht die Gefahr, zumindest verbalen Anfeindungen bis hin zu Straftaten“ wie etwa Körperverletzung ausgesetzt zu sein, teilte das Bundeskriminalamt mit.
Ärztevertreter sprechen von Bedrohungsszenarien, „die wir in dieser Form und Häufigkeit noch nie erlebt haben“. So sagt es Peter Bobbert, Präsident der Ärztekammer Berlin. Ihn erreichten sehr viele Nachrichten von Ärzten, die um Hilfe bäten, weil sie Drohbriefe erhielten oder ihre Adressen in sozialen Netzwerken gepostet würden, zusammen mit Ankündigungen wie „Wir kriegen dich“. Bobbert sagte, er rate dann zur Anzeige. Er fürchtet aber, dass weit mehr Ärzte betroffen sind, als sich bei ihm melden.
Auch der Präsident der Sächsischen Landesärztekammer, Erik Bodendieck, erkennt eine deutliche Zunahme von Aggressivität, was ihn sehr beunruhige. Er selbst hat ebenfalls schon Nachrichten bekommen, man werde ihn anzeigen „bis hin zum Europäischen Gerichtshof“.
Ärzte schilderten der FAS das Ausmaß der Angriffe, denen sie ausgesetzt sind. So etwa ein Neu-Ulmer Hausarzt, der auch Kinder ab zwölf Jahren impft. Er berichtet von Attacken per SMS, Mail, Brief, im Netz: „Lynchen, Aufhängen, das ganze Programm“. An die 280 Strafanzeigen habe er bisher gestellt. Die Polizei musste Maßnahmen zu seiner Sicherheit treffen.
Ein HNO-Arzt aus Weilheim wurde Ziel von Anfeindungen, nachdem die Adresse und Telefonnummer seiner Praxis in einer Telegram-Gruppe von Querdenkern aufgetaucht waren. Neben Drohnachrichten gingen zahlreiche negative Bewertungen seiner Praxis bei Google ein. (dts Nachrichtenagentur)