Mittwoch, 24. April 2024

Höhere Mindeststrafen für Kindesmissbrauch

2. Juli 2020 | Kategorie: Nachrichten, Politik

Symbolbild: dts Nachrichtenagentur

Bundesjustizministerin Christine Lambrecht (SPD) will die Strafen für Kindesmissbrauch und für den Besitz von Kinderpornos deutlich verschärfen.

Beide Delikte sollten künftig mit einer Mindeststrafe von einem Jahr Haft belegt und damit als Verbrechen eingestuft werden.

Die Mindeststrafe für Kindesmissbrauch liegt bisher bei sechs Monaten, für den Besitz von Kinderpornografie bei drei Monaten. „Die Strafzumessung muss den furchtbaren Auswirkungen solcher Taten auf die Kinder Rechnung tragen. Deshalb ist eine Anhebung der Mindeststrafe sinnvoll und nötig“, sagte die SPD-Politikerin. Zudem werde damit „auch die Einstellung von Verfahren nicht mehr möglich sein, wenn diese Taten als Verbrechen eingestuft sind“.

Zur Strafverschärfung allein für den Besitz von Kinderpornografie sagte Lambrecht: „Wer solche Videos besitzt, macht sich mitschuldig an schlimmsten Misshandlungen von Kindern. Dort wird ja nicht geschauspielert, die Vergewaltigungen und widerlichsten sexuellen Übergriffe an Minderjährigen sind real.“ Die Kinder und ihr Leid seien echt. „Das muss sich im Strafmaß widerspiegeln: Solche Untaten sind Verbrechen. Mindeststrafe: 1 Jahr Gefängnis. Und wenn es nur ein einziges solches Video auf dem Handy ist.“

Lambrecht kündigte zudem an, im Gesetz auch eine neue Wortwahl für einschlägige Taten durchzusetzen. Der Begriff „Kindesmissbrauch“ solle abgeschafft werden. „Das klingt, als gebe es auch einen legalen `Gebrauch` von Kindern. Eine furchtbare Wortwahl.“ Deshalb wolle man künftig „klare“ Begriffe verwenden: „Es geht um `sexualisierte Gewalt`. Um Gewalt gegen Kinder.“ Das müsse man auch beim Namen nennen im neuen Gesetz, sagte die SPD-Politikerin.

Es dürfe nicht länger sein, dass ein Großteil der Urteile zur Bewährung ausgesetzt werde. Auch mit Geldstrafen müsse Schluss sein. Deshalb habe sie vorgeschlagen, „dass in Zukunft sowohl sexualisierte Gewalt gegen Kinder als Verbrechen hochgestuft wird, aber eben auch der Besitz von Kinderpornographie“. Das werde in Zukunft auch bedeuten, dass nicht mehr eingestellt werden könne, „sondern ermittelt werden muss“.

Sie wolle außerdem, dass es keinen „minderschweren Fall mehr geben darf“, so die SPD-Politikerin weiter. Dieser müsse gestrichen werden, damit auch keine Möglichkeit mehr bestehe, zum Beispiel Geldstrafen zu verhängen. Ihr sei es zudem wichtig, dass die Täter eher in Untersuchungshaft genommen werden können. Über eine Verschärfung des Strafmaßes hinaus sei es außerdem wichtig, dass Verfahren „kindgerecht“ durchgeführt würden. Als Beispiel nannte die Ministerin die Befragung betroffener Kinder.

Um trotz der Strafverschärfung bestimmte Verhaltensweisen etwa unter Jugendlichen nicht vom Strafrecht zu überfrachten, werde ihr Gesetzentwurf dafür sorgen, dass etwa „ein Zungenkuss zwischen fast Gleichaltrigen nicht kriminalisiert wird“. Dennoch sei klar, so Lambrecht: „Auch Jugendliche, etwa 16-Jährige, werden künftig zur Rechenschaft gezogen, wenn sie Kinderpornografie auf ihrem Computer haben. Ich will da ein deutliches Signal gerade auch für Jugendliche setzen: Darstellungen sexueller Gewalt gegen Kinder sind ein widerwärtiges Verbrechen.“ Diese Einsicht könne gar nicht früh genug geschehen – auch im Jugendstrafrecht, so die Ministerin.

Scholz beklagt zu milde Strafen bei Kindesmissbrauch

Vizekanzler Olaf Scholz (SPD) hat indes die deutsche Justiz für häufig zu milde Strafen im Fall von Kindesmissbrauch kritisiert. „Viele Strafen, die verhängt worden sind, waren aus meinem Gefühl her zu gering“, sagte Scholz der „Bild“. Es seien viele ganz ohne Gefängnis davongekommen, „bei denen wir uns gewünscht haben, dass sie ins Gefängnis kommen“, so der Vizekanzler. Er selbst „rätsele da auch drüber“, warum Richter so häufig den Strafrahmen nicht ausgeschöpft hätten. „Das Ergebnis ist bisher unbefriedigend.“

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