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Hochwasserkatastrophe in Rheinland-Pfalz: Landtags-CDU wird Untersuchungsausschuss beantragen

Feuerwehr, Bundeswehr, THW und Polizei leisteten Hilfe und Unterstützung in den Flutgebieten.
Foto: dts Nachrichtenagentur

Mainz/Hauenstein. Zur Aufarbeitung der Geschehnisse in der Katastrophennacht sowie den Tagen danach im Ahrtal und andernorts fordert die Landtagsfraktion der CDU eine Kommission, die auf wissenschaftlicher Grundlage prüft, wie der Katastrophenschutz für die Zukunft besser aufgestellt werden kann, teilt der Abgeordnete Christof Reichert (Hauenstein) auf Anfrage mit.

Dazu benötigte man parlamentarisch einen Untersuchungsausschuss, der sich mit den abgeschlossenen Vorgängen befasst und eine Enquete-Kommission, die Verbesserungen für die Zukunft erarbeitet. Das in einem Pressegespräch öffentlich Gemachte „teile er vollumfänglich“, so Reichert.

In diesem Pressegespräch mit dem Vorsitzenden der CDU-Landtagsfraktion, Christian Baldauf, und dessen Stellvertreter Gordon Schnieder hatten sich beide Parlamentarier stark beeindruckt gezeigt. „In der Nacht vom 14. auf den 15. Juli hat das Ahrtal eine furchtbare Katastrophe ereilt“, so die einleitende Feststellung. „Auch andere Teile unseres Landes, etwa die Eifel und die Region Trier, waren von diesem Hochwasser betroffen, mit erheblichen Schäden, allerdings nicht in dem Umfang, der an der Ahr zu beklagen ist.“

„In nur einer Nacht haben nach jetzigem Stand in Rheinland-Pfalz 142 Menschen ihr Leben verloren, 141 davon im Ahrtal. Darunter zwölf Bewohner einer Einrichtung für behinderte Menschen in Sinzig. Viele andere werden noch vermisst.

Hunderte wurden zum Teil schwer verletzt. Ganz zu schweigen von Traumata, die die Betroffenen lange, wenn nicht ein Leben lang, begleiten werden“.

In dieser Nacht sei die Heimat Tausender in den Wasserlawinen untergegangen. Häuser, Straßen, Brücken, Wasser- und Abwasserleitungen, Strom- und Gasversorgung seien zerstört, ebenso Kommunikationsinfrastruktur, Schienenwege, Schulen, Kitas, Arztpraxen, Einkaufsmöglichkeiten, Lebensplanungen … „schlichtweg alles“.

Wiederaufbau hat Vorrang

Zentrale und absolut vorrangige Aufgabe sei deshalb, neben Soforthilfe, der umgehende Beginn des Wiederaufbaus. Die Menschen müssten darauf vertrauen können, dass ihre Heimat wiederaufgebaut wird, und das „so schnell es geht“.

„Wir brauchen ein funktionierendes und effektives Krisen- und Aufbaumanagement vor Ort mit einem Sonderbeauftragten der Landesregierung“, fordert die CDU-Fraktionsführung. „Keine langwierigen Prüfungen, sondern neues Denken und schnelles unbürokratisches und unkonventionelles Handeln. Alle müssten die Sicherheit haben, nach der Katastrophe materiell nicht schlechter dazustehen als vorher.

„Eine Tragödie derartigen Ausmaßes kann und darf nicht ohne Folgen bleiben. Das sind wir den Menschen im Ahrtal schuldig“, betonen Christian Baldauf und Gordon Schnieder. Dabei müssten alle Aspekte auf den Prüfstand gestellt werden, die mit dieser Katastrophe zusammenhängen. Es stellten sich viele Fragen.

Die wichtigste laute: „Wäre es möglich gewesen, mehr Leben zu retten?“ Die Angehörigen der Toten und Vermissten, die Menschen in der Region, die ihre Heimat verloren haben, hätten das Recht zu erfahren, weshalb alles so gekommen ist.

Geklärt werden müsse, ob Warnungen zu spät eintrafen und deutlich genug waren und ob der Hochwasserschutz hätte wirksamer organisiert werden können. Wichtig sei zu erfahren, wie und wo welche Informationen zu welchem Zeitpunkt aufgelaufen seien und ob Frühwarnsysteme sowie Meldeketten grundlegend verbessert werden müssen. Ebenso sei das Krisenmanagement zu hinterfragen.

Die Landtags-CDU sieht sich gefordert: „Wir stehen in der Pflicht, das was geschehen ist, aufzuarbeiten, um daraus für die Zukunft zu lernen, um uns besser auf Krisen vorzubereiten. … Wir müssen alles in unserer Macht Stehende tun, dafür zu sorgen, dass sich eine solche Tragödie, der Tod so vieler Menschen, so vieler Verletzter, in Rheinland-Pfalz, in Deutschland nicht wiederholt.“

Untersuchungsausschuss soll Verantwortlichkeiten klären

„Wir werden deshalb einen parlamentarischen Untersuchungsausschuss beantragen, der diese tragischen Ereignisse umfassend aufarbeitet und die politischen Verantwortlichkeiten klärt, kündigte Christian Baldauf an. „Zugleich bleibt es bei unserem Vorschlag, eine Enquete-Kommission einzusetzen, die auch auf wissenschaftlicher Grundlage insbesondere notwendige Verbesserungen im Bereich des Bevölkerungs- und Katastrophenschutzes erarbeiten soll.“

Diese Entscheidung sei in den letzten Tagen gereift, so Gordon Schnieder. Er soll im Ausschuss die Funktion des Obmanns der CDU-Fraktion übernehmen. Das sei man den Opfern, den Hinterbliebenen und den Betroffenen vor Ort schuldig. Zudem sei man der Auffassung, dass im vorliegenden Fall ein ganz besonderes öffentliches Interesse vorliegt.

„Zu viele Fragen sind noch offen, zu groß ist die Diskrepanz zwischen den unterschiedlichen Bewertungen.“ Es gelte, Widersprüche aufzuklären und Verantwortung klar aufzuzeigen. Ein Untersuchungsausschuss sei daher für diese Aufarbeitung und die Verantwortungssuche das richtige Instrument des Parlaments.

Der Untersuchungsausschuss werde sich nicht nur mit den Geschehnissen des 14. und 15 Juli beschäftigen, kündigte Gordon Schnieder an. Die Aufarbeitung müsse bereits mit Samstag, dem 10. dieses Monats beginnen, „als das europäische Hochwasser-Warnsystem bereits eine bedrohliche Lage erkannt hat“. Wie das Krisenmanagement unter der Einsatzleitung der ADD (Aufsichts- und Dienstleistungsdirektion, Landesbehörde) in den anschließenden Tagen und Wochen funktioniert hat, sei ebenfalls zu hinterfragen.

„Verantwortungsreife“ muss zuerst festgestellt werden

Solche Untersuchungsausschüsse dürften sich ausschließlich mit abgeschlossenen Vorgängen befassen, erklärte Gordon Schnieder. Die Sachverhalte müssten eine „Verantwortungsreife“ haben. „Daher ist es falsch, direkt nach einer solchen Katastrophe einen Ausschuss zu fordern“, fügte er an, vermutlich als Seitenhieb auf die AfD-Fraktion.

„Vielmehr bedarf es einer vertieften Analyse der Vorgänge, die für uns dann den einzigen Schluss zugelassen hat, nämlich, dass wir als CDU-Landtagsfraktion die entsprechende Einsetzung beantragen werden. Da wir gerade im Hinblick auf das Krisenmanagement im Anschluss der Katastrophe noch einen klaren zeitlichen Abriss brauchen, um auch die Verantwortungsreife eindeutig feststellen zu können, werden wir den Einsetzungsantrag erst nach Abschluss dieser Feststellung einreichen.“
(Werner G. Stähle)

 

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