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Günther Oettinger in Landau: „Ich träume von einer europäischen Armee“

Günther Oettinger sprach über Europa: „Wir müssen dafür kämpfen!“
Fotos: Pfalz-Express/Ahme

Landau. Die Sparkasse Südliche Weinstraße lud Günther Oettinger ins Alte Kaufhaus nach Landau ein. Thema des Vortrags von Günther Oettinger war „Die Zukunft der EU – Herausforderungen und Chancen“. Der Erlös der Veranstaltung wird dem Hospiz Landau gespendet.

Günther H. Oettinger ist seit Januar 2017 EU-Kommissar für Haushalt und Personal.

Von November 2014 bis Dezember 2016 hatte er das Amt als EU-Kommissar für die digitale Wirtschaft und Gesellschaft inne, nachdem er von Februar 2010 bis Oktober 2014 als EU-Kommissar für Energie, zuletzt auch als Vizepräsident der Europäischen Kommission, tätig war.

Sparkassendirektor Bernd Jung übernahm die Begrüßung.

„Werteordnung stabil halten“

Brexit oder Flüchtlingskrise sind nur einige der Themen, die man mit dem Begriff EU verbindet. Trotzdem sehen 76 Prozent der Deutschen eine Mitgliedschaft der Deutschen in der EU positiv. „Sie spielt eine wichtige Rolle“, so Sparkassendirektor Bernd Jung zur Begrüßung.

Bei der Frage „Wo stehen wir?“ gibt Günther Oettinger Europa die Note „überwiegend gut“, Deutschland sogar „sehr gut“. Pressefreiheit, soziale Marktwirtschaft, Freizügigkeit in einem jüdisch-christlich geprägten europäischen Kulturkreis stellte er „Vergewaltigungen, Autokratie, Islamismus“ entgegen.

„Wir müssen unsere Werteordnung stabil halten und dafür kämpfen“. Werteexport, Frieden – dies könne nur im europäischen „Team“ gesichert werden.

„Größter Marktplatz der Welt“

Als dritter Punkt kommt laut Oettinger der Binnenmarkt als prägendes Element dazu: „Der europäische Markt ist der größte Marktplatz der Welt“. Er befürchtet, dass „Europa zwischen USA („Trump hat etwas gegen uns“) und China „verloren“ gehen könnte.

Er brach naturgemäß in seiner ganzen Rede eine Lanze für Europa: „Man müsste Europa ein paar Tage abschalten können, dann wüsste man, was man an ihm hat“.

„Populisten wollen Europa zerstören“

Dass die Groko „im europäischen Bereich“ versagt und man politisch mit der „Abrissbirne“ unterwegs sei, machte Oettingers Ärger deutlich. „Der Sprachstil der Politiker hat nichts mit guter Kinderstube zu tun“.

Auf die USA sei kein Verlass mehr, „Italien spielt ein gefährliches Spiel, Europa findet ohne Deutschland statt“ und die Populisten wollen Europa zerstören. Gegen dieses Szenario helfe laut Oettinger nur eines: „Europa muss erwachsen werden!“

„Ich träume von einer europäischen Armee, denn jeder Stuttgarter Schützenverein ist wehrhafter als Deutschland“.

Günther Oettinger verteidigte leidenschaftlich den europäischen Gedanken.

Marshallplan für Afrika

Neighborhood is destiny – Nachbarschaft ist Schicksal: Das Schicksal Europas liege in Afrika. „Das ist unsere Verantwortung“, so Oettinger. Es brauche einen Marshallplan für Afrika. „Wir sollten über Flüchtlinge reden“. Pro Woche gäbe es dort einen Bevölkerungszuwachs von über einer Million Menschen.

Digitalisierung verschlafen

Auch die Digitalisierung macht Oettinger Sorgen, denn „die USA sind uns meilenweit voraus“.

Europa in „Lebensgefahr“

Dennoch sei Europa das großartigste Projekt, das je entwickelt worden sei, jetzt sei es allerdings in „Lebensgefahr“. „Wir müssen kämpfen.“ Nächstes Jahr sei die wichtigste Wahl der letzten Jahre.

Bernd Jung machte Günter Oettinger ein großes Kompliment, denn er sieht in ihm einen würdigen Nachfolger von Adenauer, Kohl und Hallstein.

Die anschließenden Fragen bezogen sich auf Brexit, Italien, Gewaltenteilung und die Entwicklung Oettingers vom Ministerpräsidenten zum EU-Kommissar. „Es ist ein Glück, wenn man in Brüssel arbeiten darf“, bekannte Oettinger. (desa)

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