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Großes Bedauern: Stimmen zum Brexit Großbritanniens – G7 beruft Telefonkonferenz ein

Foto: dts nachrichtenagentur [1]

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Nach der Brexit-Entscheidung aus der EU auszutreten, gibt es bedauernde Stimmen und Reaktionen dazu.

Telefonkonferenz der G7

Berlin – Der Sieg für das Brexit-Lager in Großbritannien und sich abzeichnende Turbulenzen an den Finanzmärkten rufen die Gruppe der führenden Industriestaaten (G7) auf den Plan.

Es sei eine Telefonkonferenz geplant, berichtet das „Handelsblatt“. Sie werde voraussichtlich gegen Mittag stattfinden. Die Finanzminister und Notenbankchefs wollen das Ergebnis des Referendums beraten und ihre Reaktionen abstimmen.

Großbritannien und Japan, das derzeit die G7-Präsidentschaft innehat, seien bereits in Vorbereitungen für eine G7-Reaktion.

Bereits in den vergangenen Tagen hatten sich Vertreter der Finanzminister und Notenbankchefs auf einen möglichen Brexit vorbereitet. Als entscheidend für die Beruhigung der Märkte gelten vor allem die Reaktionen der US-Notenbank, der Europäischen Zentralbank sowie der britischen Notenbank.

Gabriel fordert nach Brexit deutlichen Kurswechsel in Europa

Nach der Brexit-Entscheidung in Großbritannien hat SPD-Chef Sigmar Gabriel einen deutlichen Kurswechsel in der EU gefordert: „Der Brexit war ein Schuss vor den Bug. Jetzt muss Europa endlich wenden und wieder Kurs auf die Menschen nehmen“, sagte Gabriel.

„Wir brauchen schnelle Reformen für mehr Transparenz und weniger Lobbyismus. Vor allem aber mehr Demokratie und weniger Bürokratie. Und endlich eine aktive Bürgerbeteiligung.“

Die Briten hätten nicht gegen Europa gestimmt, sondern gegen die bisherige Art es zu gestalten, sagte Gabriel. Der Brexit sei „kein Untergang Europas, sondern eine Chance für den Neuanfang.“ Gabriel sprach von einem „schrillen Weckruf vor allem an die europäische Politik“. Wer den überhöre und sich in die üblichen Rituale flüchte, „fährt Europa an die Wand“.

Der SPD-Vorsitzende sagte: „Wir müssen endlich anfangen, Europa besser zu machen: Demokratisch, sozialer, solidarischer und unbürokratischer. Wir brauchen nicht „mehr Europa“, sondern ein „anderes Europa“.

Europa habe die Menschen aus den Augen verloren, die seit Jahrzehnten sinkende Wahlbeteiligung in Europa war ein immer wieder und bewusst übersehenes Warnsignal.“ Die Botschaft des Brexit sei, dass sich die europäische Politik um die wahren Probleme kümmern müsse: Massenarbeitslosigkeit, Jugendarbeitslosigkeit, Flüchtlingskrise, soziale Sicherheit. Gabriel rief aber dazu auf, jetzt nicht zu „jammern“. „Unser Motto muss jetzt sein: Nach vorne!“

Lambsdorff: Cameron persönlich für Brexit verantwortlich

Berlin – Der Vizepräsident des Europaparlaments, Alexander Graf Lambsdorff, hat den britischen Premierminister Davin Cameron persönlich für den Ausgang des EU-Referendums in Großbritannien verantwortlich gemacht.

„Man kann nicht zehn Jahre lang auf Europa herumhacken und dann darauf hoffen, in sechs Wochen alles zu drehen. Die Wähler haben ein Gespür dafür“, sagte der FDP-Politiker am Freitag im ZDF-„Morgenmagazin“.

Bundesaußenminister Frank-Walter Steinmeier (SPD) teilte über den Kurznachrichtendienst Twitter mit: „Die Nachrichten aus Großbritannien sind wahrlich ernüchternd. Es sieht nach einem traurigen Tag für Europa und Großbritannien aus.“

EU-Parlamentspräsident Martin Schulz erwartet, dass Cameron dem Entscheid der britischen Bevölkerung folgt: Er „erwarte, dass Cameron nächste Woche Art. 50 aktiviert“. Damit würde Großbritannien offiziell seinen Austrittswunsch bekunden und eine zweijährige Periode einleiten, in der die Beziehungen zwischen der EU und dem Königreich getrennt werden.

Brok erwartet schnellen britischen Antrag auf EU-Austritt

Berlin – Der Vorsitzende des Auswärtigen Ausschusses im Europaparlament Elmar Brok hat davor gewarnt, Großbritannien nach dem Brexit-Votum erneut entgegenzukommen. „Wir respektieren die Entscheidung des britischen Volkes.

Wir sagen aber auch: Leave ist Leave. Draußen ist Draußen. Nachverhandelt wird nicht mehr“, sagte Brok dem „Handelsblatt“. „Das Europaparlament erwartet von der britischen Regierung, dass sie nun sehr zügig einen formalen Austrittsantrag stellt, damit die Verhandlungen über den EU-Austritt beginnen können“, sagte Brok.

Wenn Großbritannien den freien Zugang zum europäischen Binnenmarkt behalten wolle, müsse das Land auch die damit verbundenen Pflichten erfüllen.

SPD verlangt sofortige Regierungserklärung Merkels

Berlin  – Führende Vertreter von Koalition und Opposition haben mit tiefer Sorge auf das Abstimmungsergebnis in Großbritannien reagiert.

Die SPD verlangt eine sofortige Sondersitzung des Bundestages: „Es muss heute Vormittag eine Sondersitzung des Bundestages und eine Regierungserklärung von Frau Merkel geben“, sagte der stellvertretende SPD-Fraktionsvorsitzende Axel Schäfer der „Welt“.

Er fügte hinzu: „In einer solch historischen Situation kann das Parlament nicht warten. Wir können das Haus nicht heute brennen lassen und erst am Montag mit dem Löschen beginnen.“ Schäfer sagte weiter: „27 Staaten müssen jetzt zusammenhalten. Aus dem Brexit darf keine Katastrophe für Europa werden.“

Linken-Fraktionschef Dietmar Bartsch sieht in dem Votum der Briten den „Ausdruck der schweren Krise der EU“. Es sei „erschreckend, dass die schrillen Parolen der Brexit-Befürworter mehrheitsfähig wurden“, sagte Bartsch.

Es handele sich um einen „Bruch, der aber auch einen Auftrag an die Politik mit sich bringt, weg von einem Europa der Eliten, Banken und Konzerne, hin zu einem Europa der Menschen“. Bartsch fügte hinzu: „Um das große europäische Projekt des Friedens, das große kulturelle Projekt, das Projekt für soziale Gerechtigkeit wird die Linke entschlossen kämpfen.“

Die Grünen-Außenpolitikerin Franziska Brantner sagte, „jahrzehntelanges EU-bashing und Lügen über die EU“ habe man nicht in wenigen Monaten aufwiegen können. „Wer mit dem Feuer zündelt, brennt am Ende das Haus ab. Das sollte für alle Demokraten eine Warnung sein“, sagte Brantner der „Welt“.

Sie forderte: „Jetzt darf es keinen langen Scheidungsprozess geben, der der EU die Kraft raubt, die sie gerade braucht.“ Die britische Regierung sollte nun „schnell das Artikel 50 Verfahren einleiten. Als Optionen gibt es den Status der Schweiz oder Norwegens, inklusive Haushaltsbeiträge und Übernahme von Gesetzgebung.“

Es dürfe „keinen Extra Status“ geben, Pflichten und Rechte müssten immer im Gleichgewicht sein – „also kein Cherry picking der Wirtschaftsbereiche, zu denen Großbritannien gerne Zugang hätte“. Für die EU sei das Votum „ein Aufruf, in Ruhe und nicht in Panik, zu prüfen wo Verbesserungen notwendig sind“, sagte Brantner.

Kauder: Entscheidung der Briten „große Enttäuschung“

Berlin – Der Vorsitzende der Unionsfraktion im Bundestag, Volker Kauder, hat die Brexit-Entscheidung Großbritanniens als „große Enttäuschung“ bezeichnet.

„Wir nehmen die Entscheidung der Briten mit großer Enttäuschung auf. Die Konsequenzen werden nun in den Austrittsverhandlungen zu ziehen sein“, teilte Kauder in einer Erklärung mit. Die Entscheidung sei ein Rückschlag für das geeinte Europa.

Man müsse jetzt alles daran setzen, „das Vertrauen in die Europäische Union zu festigen – in den anderen Mitgliedsstaaten, aber auch bei uns in Deutschland. Dieser Tag muss Ansporn sein, Europa zu stärken, auch wenn ein Mitglied die EU verlässt“.

Die Union sei nicht perfekt, aber Garant für Frieden und Wohlstand. „Zwingend notwendig ist, dass sich alle verbleibenden EU-Mitgliedsländer stärker zum gemeinsamen Europa bekennen und vor allem solidarischer handeln“, so Kauder weiter.

Özdemir ruft nach Brexit-Entscheidung zur Besonnenheit auf

Grünen-Chef Cem Özdemir hat nach der Brexit-Entscheidung zur Besonnenheit und Selbstkritik in Europa aufgerufen. „Wir müssen jetzt einmal kräftig durchatmen und besonnen handeln. Pessimismus ist keine Antwort“, sagte Özdemir.

„Meine Hoffnung liegt auf den jungen Leuten in Europa. Die junge Generation in Großbritannien wollte keinen Brexit. Mit einem einfachen, pro-europäischen Weiter-So werden wir es nicht schaffen“, sagte der Grünen-Politiker.

„Auch für Deutschland bedeutet das, seine Rolle in Europa kritisch zu hinterfragen und mehr Wert darauf zu legen, dass die jungen Menschen in allen Mitgliedstaaten mit Europa eine gute Zukunft und Hoffnungen verbinden.“

Linkspartei: Zeit für einen Neustart der EU 

Berlin – Die Linkspartei hat den Entscheid Großbritanniens, die Europäische Union zu verlassen, als Chance bezeichnet. „Die EU-Technokraten und ihre neoliberale Austeritätspolitik haben Europa-Skepsis und Nationalismus den Boden bereitet“, teilte der Parteivorstand mit.

Der Brexit brecht den „europäischen Status Quo unumstößlich“ auf. „Es ist auch ein Bruch, der die historische Chance eröffnet, den Menschen in Europa ihre Stimme zurückzugeben.“ Die Partei fordere eine Debatte und eine Abstimmung über die Zukunft der Union, an der alle Menschen in Europa beteiligt werden sollten.

Weber: Briten sind nicht mehr Teil der Familie

Brüssel  – Der Vorsitzende der EVP-Fraktion im Europäischen Parlament, Manfred Weber (CSU), hat den mutmaßlichen britischen Austritt aus der EU bedauert, jedoch deutlich gemacht, dass sich nunmehr Großbritannien in einer schwierigen Lage befinde.

„Die Briten stehen jetzt allein und sind nicht mehr Teil der Familie. Sie haben ein Problem, nicht wir“, so der CSU-Politiker. Wichtige weitere Nationen in Europa würden einen europäischen Weg kraftvoll weitergehen. „Deutsche, Franzosen und Spanier sind überzeugt von der Richtigkeit“, so Weber.

Außenhandels-Chef bestürzt über Brexit-Entscheidung

Der Chef des deutschen Außenhandelsverbandes, Anton Börner, hat entsetzt auf die Entscheidung der Briten reagiert, die EU zu verlassen. „Das Ergebnis ist eine Katastrophe für Großbritannien, für Europa und insbesondere auch für die deutsche Wirtschaft“, sagte Anton Börner, Chef des Bundesverbandes Groß- und Außenhandel (BGA), der „Rheinischen Post“ .

„Es ist bestürzend, dass die älteste Demokratie der Welt uns den Rücken kehrt“, so Börner. Es gebe Prognosen, wonach die Briten infolge des Brexit bis zu 30 Prozent ihres Wohlstands bis 2030 verlieren könnten. „Aber auch für Europa ist das eine verheerende Nachricht.

Wir müssen jetzt alles daran setzen, die massiven Zentrifugalkräfte, die uns in Europa zu zerreißen drohen, einzufangen“, sagte Börner.

DIHK-Chef: Brexit „Schlag ins Kontor“ für deutsche Wirtschaft

Berlin – DIHK-Chef Eric Schweitzer erwartet nach der Brexit-Entscheidung der Briten erhebliche negative Auswirkungen für die deutsche Wirtschaft. „Der Brexit ist für die deutsche Wirtschaft ein Schlag ins Kontor“, sagte Schweitzer der „Rheinischen Post“.

„Bei einem ihrer wichtigsten Handelspartner müssen sich die deutschen Unternehmen auf erhebliche Veränderungen einstellen“, sagte der Präsident des „Deutschen Industrie- und Handelskammertages“ (DIHK). Insbesondere exportorientierte Firmen müssten mit Absatzverlusten in Großbritannien rechnen.

In der nun folgenden Phase der Unsicherheit würden sich die Unternehmen mit Investitionen zurückhalten. „Die EU muss jetzt den Zusammenhalt der restlichen Mitgliedstaaten sichern“, sagte Schweitzer. Es dürfe sich nicht die „gefährliche Botschaft“ verbreiten, „dass man die Vorteile der EU nutzen kann, ohne sich an den Kosten zu beteiligen“.

Das Brexit-Votum zeige, dass Europa für viele keine Selbstverständlichkeit mehr sei. „Damit die EU gleichermaßen Menschen und Wirtschaft hinter sich vereint brauchen wir eine Offensive für Europa. Hierzu zählen ein verstärkter grenzüberschreitender Jugendaustausch ebenso wie ein europäischer Dialog der Unternehmen“, sagte Schweitzer.

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