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Germersheim: Imam Imtiaz Shaheen: „Islam ist Religion des Friedens – Terroristen sind Psychopathen“

Imam Imtiaz Shaheen bei seinem Vortrag "Stoppt den Terror" . Fotos: pfalz-express.de/Licht [1]

Imam Imtiaz Shaheen bei seinem Vortrag „Stoppt den Terror“ .
Fotos: pfalz-express.de/Licht

Germersheim – Hat der Koran eine friedliche Botschaft? Weltweit gibt es viele Zweifler, werden doch im Namen Allahs von Terrororganisatoren grausame Gräueltaten verübt.

Teils barbarische Gesetze der Scharia, deren Rechtfertigung aus dem Koran bezogen werden, gelten beispielsweise noch in Saudi-Arabien und Mauretanien.

Der Islam steht in den meisten nicht-muslimischen Ländern analog für Rückständigkeit, Bildungsfeindlichkeit, Unterdrückung von Frauen und Ablehnung säkularer Staatsformen.

Stimmt so nicht, sagt dagegen Imtiaz Shaheen, zuständiger Imam und Theologe für die Eshan Moschee in Mannheim. Shaheen ist Angehöriger der Glaubensgemeinschaft der Ahmadiyya Muslime ( Ahmadiyya Muslim Jamaat Gemeinde).

Shaheen erläuterte in einem öffentlichen Vortrag an der Universität Germersheim die Interpretationen der Ahmadiyya Muslime, weshalb der Koran keineswegs eine Quelle zur Gewaltaufforderung sei. Etwa 70 Zuhörer drängten sich in einem Saal am FTSK, um den Worten des Imams zu lauschen.

Die Ahmadiyya-Muslim-Jamaat-Gemeinde repräsentiert eine milde Islam-Variante. Von Seiten der meisten anderen Muslime wird die Ahmadiyya-Lehre als Häresie betrachtet und abgelehnt.

„Wir praktizieren den ursprünglichen Islam“, sagt dagegen Imtiaz Shaheen.

Die Sondergemeinschaft wird in vielen muslimischen Ländern verfolgt, die meisten ihrer weltweit verstreuten Mitglieder stammen aus Pakistan. Auch dort ist die Glaubensgemeinschaft offiziell verboten.

Reformator Mirza Ghulam Ahmad

Viele Menschen würden sich zwar Muslime nennen, aber die Religion für ihre Zwecke missbrauchen, sagt Shaheen.

Die Ahmadiyya-Muslime glauben daran, dass der Gründer der Bewegung, Mirza Ghulam Ahmad (1835-1908), der verheißene Messias war, der kam, um die „verkrusteten“ Strukturen“ (Shaheen) aufzulösen und die Religion zu erneuern.

Der wahre, echte Islam, den die Ahmadiyya-Muslime praktizierten, sei friedlich, trete für Meinungs- und Religionsfreiheit und für eine Trennung von Staat und Religion ein, so der Imam.

Das Wort Islam bedeute Frieden, sagt Shaheen, und kein wahrer Gläubiger dürfe den Koran für terroristische Zwecke missbrauchen: „Ein wirklicher Muslim ist einer, vor dessen Händen und Zunge alle Menschen in absoluter Sicherheit sind. Wie kann es also ein, dass Leute, die sich zur selben Religion bekennen, ihre Terroranschläge damit rechtfertigen.“

Eine barmherzige Religion sei der Islam, versichert Shaheen. Der Koran mache zudem deutlich, dass es kein Privileg sei, einer bestimmten Rasse anzugehören. Der Gerechteste sei jeweils der Angesehenste. Ein Muslim solle eine Quelle des Friedens sein und sich für das Wohl der Menschheit einsetzen.

Heute würde Terror meist mit dem Islam verbunden werden, jeder zweite Deutsche habe laut einer Studie (2014) Angst vor dem Islam. Deshalb wolle man mit Vorträgen und Dialogen Missverständnisse und Vorurteile abbauen.

Die Fragestellung „Lehrt der Islam Terror?“ beantwortet der Imam mit einem klaren Nein. Muslime seien erschaffen worden, um das Gute zu verbreiten. Allah fordere, uneigennützig Gutes zu tun und verbiete das Schlechte.

Als Beispiele nannte Shaheen in einem umfangreichen erzählerischen Ausflug in die Entstehungsgeschichte des Islams barmherzige und vergebende Handlungen des Propheten Mohammed.

Wer einen Menschen töte, töte die ganze Menschheit – auch das stehe im Koran. Der Griff zum Schwert sei ausschließlich zur Selbstverteidigung erlaubt.

Der heute mit Mord und Bomben verbundene Begriff „Dschihad“ bedeute nichts anderes als der Kampf gegen das eigene Ego. „Dschihad heißt, sich anstrengen, sich Mühe geben, nach etwas streben, ein Kampf gegen Hochmut und Unsittlichkeit“, erklärt Shaheen. Das sei der „große“ Dschihad. Ein „mittlerer“ Dschihad sei der Auftrag, die Botschaft des Korans an Mitmenschen weiterzugeben.

Tatsächlich finden sich allgemein im Islam mehrere Formen des Dschihads, die jedoch von den meisten muslimischen Glaubensrichtungen unterschiedlich ausgelegt werden.

Die Frage, ob beispielsweise der Schwertvers andere Verse, die zu einem friedlichen Umgang mit Nicht-Muslimen aufrufen, aufhebt (oder umgekehrt) ist immer in vielen Ländern immer noch Interpretationssache. So etwas wie eine allgemeine „Bulle“ einer übergeordneten Instanz (wie beispielsweise der Papst bei den Katholiken) gibt es nicht.

Im Koran jedenfalls gebe es „viele goldene Regeln“ für ein friedliches Zusammenleben, aber keine, die Terror gutheiße, sagt Imam Shaheen.

Dass heute in vielen Koranschulen und von Mullahs Fundamentalist gepredigt werde, sei ein trauriger Zustand, der allerdings „vorausgesagt wurde. Mancher Rechtsgelehrte sei die „schlimmste Kreatur unter dem Himmel“ – das stehe geschrieben. Ebenso, dass Allah einen Reformer schicken werde, der den Islam von falschen Dingen befreie und die wahre Lehre wiederbelebe. Das sei die frohe Botschaft, so Shaheen.

„Stoppt den Terror“

Shahen hält regelmäßig Vorträge, meist unter dem Motto: „Stoppt den Terror“. Die Terroristen seien Psychopathen, die Angst und Schrecken verbreiten und die Gesellschaft spalten wollten: „Immer nach Anschlägen gibt es Wut-Reaktionen – das genau wollen die Terroristen erreichen.“

Die Ahmadiya- Gemeinde sieht sich als Reformer, die die wahre Lehre des Islam in der Welt verbreiten und Botschafter für Barmherzigkeit sein möchte.

Das jetzige spirituelle Oberhaupt, der 5. Kalif, setze sich für den Weltfrieden ein und mache konkrete Vorschläge – im EU-Parlament, in Washington, und bei Regierungen. Und: „Kein einziges unserer Mitglieder trägt extremistisches Gedankengut in sich.“

Den Terror militärisch zu stoppen, funktioniert nach Meinung des Imams nicht: „Das hat man in Afghanistan und Syrien gesehen.“

Jeder Einzelne könne aber etwas tun. „Menschen sind Feinde von dem, was sie nicht kennen.“ Deshalb solle man andere Menschen und Denkweisen kennenlernen, „dann verliert man die Ängste.“ Man könne „auch mal mit einer Dame sprechen und fragen, weshalb sie ein Kopftuch trägt.“

Das ginge nur im Dialog und mit Zusammenhalt. Deshalb seien Gäste in den Moscheen der Ahmadiya-Gemeinde immer willkommen. „Unser Motto lautet: Liebe für alle und Hass für keinen“, bekräftigt Imam Shaheen. (cli)

Imam Imtiaz Shaheen Ahmadiyya-Gemeinde Germersheim FTSK [2]

Ahmadiyya-Muslim-Jamaat-Gemeinde Mirza Ghulam Ahmad [3]

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