Europäische Zoos verfolgen gemeinsame Linie: Giraffen-Schlachtung wirklich alternativlos?

13. Februar 2014 | Kategorie: Landau, Regional

Giraffe im Zoo Wilhelma.
Foto: Ahme

Kopenhagen/Landau – Der Kopenhagener Zoo-Direktor Bengt Holst hat die öffentliche Giraffen-Schlachtung verteidigt. Es habe keine Alternative zur Tötung des gesunden Giraffenjungen Marius gegeben.

„Wir hatten Angebote von einem Zoo in England, aber das hätte keinen Sinn gemacht, weil auch deren Giraffen zu ähnliches Genmaterial hatten“, sagte Holst. Auch auf Angebote von Privatleuten habe der Zoo nicht eingehen können. „Wir hätten ihn auch für 10 Millionen nicht verkauft. Es ist keine Frage des Geldes, es geht um die Population. Eine Giraffe ist kein Haustier.

Und man kann eine Giraffe auch nicht einfach nach Afrika schicken, sie würde sich da nicht zurechtfinden“, so Holst. Eine Kastration sei ebenfalls keine Alternative gewesen: „So hätte er einem genetisch wichtigeren Tier den Platz im Zoo weggenommen. Und Kinder bekommen zu dürfen, ist für Tiere wichtig.“

Mittlerweile gibt es im Internet einen regelrechten Shitstorm gegen den dänischen Zoo. Zehntausende von Menschen fordern, unter anderem in einer Petition, die Schließung des Zoos.

Unmenschlichkeit, Barbarische Praktiken, Sensationsgier: Was steckt eigentlich wirklich hinter dieser Aktion, die Menschen in zwei Lager spaltet? Wir erinnern uns: Der sechs Monate alte, kerngesunde Giraffenjunge Marius wurde mit einem Bolzenschuss-Apparat getötet. Anschließend wurde er öffentlich, im Beisein vieler Kinder geschlachtet, zerteilt und hinterher an die Löwen verfüttert.

Der Zoo beteiligt sich an einem internationalen Artenschutzprogramm für Giraffen. Nur Tiere dürfen sich paaren, die nicht miteinander verwandt sind. Damit solle die genetische Vielfalt erhalten  bleiben. Nach diesen Regeln habe man Marius töten müssen, ist auf der Homepage des Zoo zu lesen.

Alle Rettungsversuche wurden vom Zoo in den Wind geschlagen. Kastration, Auswilderung, Weitergabe an einen anderen Zoo: all dies kam für Zoodirektor Holst nicht in Frage. Stattdessen war Marius´ Tod beschlossene Sache – die öffentliche Performance nicht mehr aufzuhalten.

Unterstützung für Kopenhagen kommt durch den Landauer Zoodirektor Dr. Jens-Ove Heckel, der sich  nach der Vorstellung des neuen Zooprogramms  den Fragen der Presse stellte.

„Ich hätte es auch falsch gefunden, wenn man kommentarlos eine tote Giraffe auseinandergeschnipselt hätte. Aber in diesem Fall wurde eingehend erklärt, warum das Tier getötet werden musste und wie es getan wurde“, so Heckel.
„Im Rahmen der Zuchtprogramme entsteht zwangslos Überschuss.  Es war keine eigenmächtige Entscheidung, sondern von dem Kopenhagener Zoo wohldurchdacht.“

Heckel ist dafür, die Dinge beim Namen zu nennen: „Wenn Führungen bei uns am Streichelzoo vorbeiführen, heißt es „Um die Ziegen bemühen wir uns mit großer Liebe so lange sie leben, aber es wird der Tag kommen, wo 95 Prozent von ihnen geschlachtet sein werden. Und die werden Sie bei unseren Geparden finden. Es ist einfach hochinteressant, wie eine Gepardenmutter mit ihren Jungen daran frisst.“

Heckels Idealvorstellung vom Tierschutz wäre, jedes Tier, das verfüttert wird, selbst zu züchten und dann auch zu schlachten.

„Einige Zoos hatten sich bereit erklärt, die Giraffe aufzunehmen. Denen muss ich vorwerfen, dass sie im Widerspruch zu Populationsmanagementmethoden stehen. Sie sind auch keine Mitglieder des europäischen Zooverbands. Das, was der Kopenhagener Zoo gemacht hat, steht im totalen Einklang mit dem, was die große Masse an deutschen, europäischen und auch Weltzoos vereinbart hat: den Tieren ein möglichst naturnahes Leben zu ermöglichen, zu dem gehört Werbung, Paarung, Trächtigkeit und Geburt dazu.

Es gibt 160 Zoos, die Giraffen halten. Einige Giraffenarten haben in der Wildbahn regelrechte  Bestandszusammenbrüche, deshalb sei die  Erhaltungszucht in Zoos so wichtig. „Es ist die große Herausforderung intakte genetische Gruppen zu erhalten. Amerikanische Zoos dagegen haben Tiere „still gelegt“, sie haben keine Nachkommen.

Wenn die Tiere still gelegt sind, können sie keine naturgemäßen Verhaltensweisen ausleben. Zuchtprograme funktioneren nur, wenn man einen definierten Tierbestand hat. Man versucht, optimale Verpaarung zu erreichen und mindestens 90 Prozent des ursprünglichen Genmaterials zu erhalten.

In jeder Generation gibt es Inzucht. Wenn ich eine enge genetische Basis habe, dann kann es zu Inzuchtdepressionen kommen mit einer erhöhten Fehlgeburten-Rate oder Fehlstellungen.“

In Landau ist jedenfalls keine befremdliche Vorführung dieser Art geplant, man konzentriert sich auf das 110jährige Jubiläum, das Zoo, Zooschule, Freundeskreis und DGHT mit vielen Veranstaltungen umsetzen wollen.

Zugrunde liegt das Jahresmotto der europäischen Zoo-und Aquarienvereinigung (EAZA) „Von Pol zu Pol“- gemeinsam für den Klimaschutz“. Der Landauer Zoo ist seit 2005 Mitglied und greift seitdem auch die Kampagnen regelmäßig auf. Der knappe Finanzhaushalt des Zoos erfährt seit Jahren eine erfreuliche Geldspritze durch den Zoo-Freundeskreis, der in den letzten vierzig Jahren seines Bestehens über drei Millionen Euro in Zoo-Großprojekte investiert hat.

„Der Zoo hat Leuchtturmcharakter für unsere Stadt“, so Dezernentin Maria Helene Schlösser.   Nicht zuletzt die interessanten Angebote der Zooschule (im letzten Jahr hat sie mehr als 14000 Kinder und Erwachsene betreut), die durchgehende Kinderbetreuung in den Ferien, Outdoor-Camps oder Veranstaltungen wie die Betreuung von Senioren, Demenzkranken oder Behinderter, machen die Popularität der Einrichtung aus, die auch Führungen für unterschiedliche Gruppierungen anbietet.

So findet am 17. August eine Führung für Senioren mit Kaffee und Kuchen statt. Bei einem Wettbewerb, der ab März läuft, sollen Kinder im Rahmen der Kinder-Agenda ein Energie-Verschwendungshaus und ein Energie-Sparhaus malen oder basteln.(www.zooschule-landau.de)

Kommentar:Ein Zoo ist sicherlich  kein Disney-Park. Die Realität, das “ Fressen und gefressen werden“- macht auch hier nicht halt. Trotzdem: Ein Tier ist keine Sache, mit der man nach Gutsherrenart umspringen darf. Auch ein Tier hat Persönlichkeit und das Recht zu leben. Solche öffentlichen Pseudo-Demonstrationen sollten nicht die Regel werden und deutsche Zoos sich kein Beispiel an ihren dänischen Kollegen nehmen. (desa)

Dr. Heckel steht hinter seinem dänischen Kollegen Holst.
Foto: red

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2 Kommentare auf "Europäische Zoos verfolgen gemeinsame Linie: Giraffen-Schlachtung wirklich alternativlos?"

  1. Fizzie sagt:

    Nun hab ich trotz aller Erklärungen immer noch nicht verstanden, warum das Tier getötet werden musste.
    Ich vermute mal, es geht einfach um Zahlen, um Statistiken, um Zielerreichungsquoten, um Rankings … innerhalb dieses „internationalen Artenschutzprogramm für Giraffen“… Es gab eine recht anspruchsvolle Exceltabellkalkulation und als Ergebnis stand unten: Giraffe +1 (Überschuss).

    Ja, da muss die dann weg, im Einklang mit den Populationsmanagementmethoden.

  2. PRESSEMITTEILUNG #07/ 2014
    Giraffen-Tötung im Zoo Kopenhagen: War alles gelogen?

    EndZOO-International deckt geheime Fakten auf

    vom 13.03.2014

    2014-03-11_Zoo_DK_Kopenhagen_DOKU_Giraffe_Marius_Tod_ENDVERSION_Seite_01Kopenhagen/ Nürtingen/ Wien – Tagelang rechtfertigten der Kopenhagener Zoo, dessen Zoodirektor Bengt Holst, diverse Zooverbände, Zuchtkoordinatoren und etliche Zoodirektoren die grausame Tötung von Giraffe MARIUS in der Öffentlichkeit mit Begründungen wie „Inzuchtvermeidung“, „Schutz vor genetischer Verarmung“ oder „Erhaltung einer gesunden Population“. In einer aktuellen und brisanten Dokumentation deckt die Tierschutzorganisation EndZOO heute bisher geheime Zuchtbuchdaten auf, wonach MARIUS aus genetischer Sicht eigentlich nicht hätte sterben müssen. Denn MARIUS war, so die erdrückenden und brisanten Zahlen, genetisch gesehen sogar wertvoller als sein noch lebender Vater (MARCO) und ebenfalls noch lebender Stiefbruder (PALLE). Als besonders dreist und heuchlerisch betiteln die Tierschützer auch die Tatsache, dass der „wegen Inzuchtgefahr“ getötete MARIUS selbst aus einer Inzucht hervorging. Fakt ist nämlich, dass MARIUS´ Eltern, Mutter LIEN und Vater MARCO, in ihren Stammbäumen über 15 gemeinsame Verwandte haben. Dies ist Inzucht pur! Die brisante EndZOO-Dokumentation befasst sich zudem mit fünf weiteren Kopenhagener „Tötungsargumenten“ und deckt weitere erhebliche Widersprüche auf. Die Organisation will sich jetzt dafür einsetzen, dass alle europäischen Zoos per EU-Gesetz zu 100%iger Transparenz verpflichtet werden und alle Bücher und Zahlen der Öffentlichkeit zugänglich machen. Wer sich nicht daran hält, soll mit Subventionskürzungen bestraft werden.

    „Man muss sich die Dreistigkeit noch einmal vor Augen halten! Die Kopenhagener Zoo-Gefangenschaft tötet Giraffe MARIUS wegen einer zukünftigen Inzuchtgefahr und um angeblich eine genetisch gesunde Population in Europe zu sichern. Unterlässt es aber, in der Öffentlichkeit bewusst darauf hinzuweisen, dass MARIUS selbst durch unterlassene Inzuchtvermeidung, als durch Inzucht, geboren wurde. Nun kehrt der Zoo zum Alltag zurück und betreibt weiter munter Inzucht. Denn alle weiblichen Giraffen dort sind mit dem so genannten MARCO verwandt. Dass uns ein aktuelles Giraffen-Zuchtbuch erst zugespielt werden musste, beweist sehr deutlich, wie sehr es Zoos in Europa fürchten, der kritischen Öffentlichkeit Einsicht in ihr Tun und Handeln zu gewähren. Da ein Großteil der Zoos und ihre Verbände seit Jahren mit kritischen Fakten hinterm Berg halten, ist eine gesetzliche Verpflichtung offensichtlich dringend und nötig“, so ZOO-Experte und EndZOO-Sprecher Frank Albrecht.